Mit
dieser Einleitung unterstreichen sie gleich, dass sie das Unternehmen
im bekannten Stil weiterführen wollen. Also ganz der Tradition des
großen Namens verpflichtet. Und das ist mit dem aktuellen Programm
trefflich gelungen. Es ist wiederum ein Nummernprogramm mit
ausgewählten Stars der internationalen Circusmanegen. Viele der
Darbietungen haben ein flottes Tempo oder aber eine heitere Grundnote.
Bestenfalls sogar beides, wie etwa der Auftritt von Rosi Hochegger mit
ihren Hunden. Integriert in den historischen Artisteneingang ist das
Orchesterpodium. Die sechsköpfige Band um Bogdan Szlachic sorgt mit
Livemusik für eine lebendige Begleitung. Das Lichtdesign ist
geschmackvoll, effizient eingesetzt, wenngleich nicht über alle Maßen
aufwendig. Abendregisseur Marek Benneweis stellt wie gewohnt einen
reibungslosen Ablauf sicher. Kim Kenneth gibt als Sprechstallmeister
den eleganten Gastgeber. Er übernimmt damit das Mikrofon von der
großartigen Judy Glosted, die uns in den vergangenen Jahren formvollendet durch
die Show geleitet hat.
Jones und Steve Caveagna
Den
zweiten „Roten Faden“ durch das Programm spinnen Steve und Jones
Caveagna. Die beiden Italiener sind Clowns der neuen Generation. Zu
erkennen nicht zuletzt an ihren Smartphones, die sie immer in Betrieb
haben. Sie bilden quasi die Version 2.0 des klassischen Clownsduos.
Jones mit Glatze ist der seriöse Part, wohingegen Steve mit der
markanten Zackenfrisur den August gibt. Sie spielen etwa die
Liebesgeschichte mit Amor. Während Jones eine hübsche junge Dame
abbekommt, muss sich Steve mit Costin begnügen. Allerdings werden hier
keine Pfeile verschossen. Stattdessen kommt eine Dating-App zum
Einsatz. Auch bei ihren musikalischen Einlagen geht es zumeist nicht
ohne Mobiltelefon. Ihren Hauptauftritt bildet ein Musikal-Entree, bei
dem sie wiederum bekannte Gags in die Gegenwart übersetzen. In Dänemark
waren sehr unterschiedliche Meinungen über das Brüderpaar zu hören. Mir
haben sie mit ihrer sympathischen Art und der eigenständigen
Interpretation bekannter Stücke gefallen. Die hiesigen Circusfans
können sich beim nächsten Karlsruher Weihnachtscircus ein eigenes
Urteil bilden.
David Confal, Adel Olivera, Costin
Jedem
Circusliebhaber gefallen dürfte der von Ingrid Silva vorgeführte
Fünferzug Trinker-Pferde. Die gefleckten Tiere stammen vom schwedischen
Cirkus Olympia. Die junge Vorführerin zeigt mit ihnen eine gut laufende
Freiheitsdressur. Aus Heidelberg stammt der Diabolo-Virtuose David
Confal. Er sorgt für ordentlich Schwung, wenn er seine Requisiten auf
die aberwitzigsten Bahnen schickt. Der sympathische Blondschopf steht
nicht nur als versierter Artist in der Manege, sondern absolviert
„nebenbei“ ein Psychologiestudium. Bis zu vier Diabolos hält er
letztendlich gleichzeitig in der Luft. Eine wahre Farbenpracht stellen
die Papageien von Adel und Franco Olivera dar. Sie beherrschen die
Klassiker wie das Hochziehen einer Flagge oder das Autofahren genauso
wie weite Flüge unter der Circuskuppel. Die einzelnen Tricks werden
sehr charmant von den beiden menschlichen Partnern angeleitet. Das
Zuschauen macht auch hier uneingeschränkt Spaß. Der wird sogar noch
gesteigert, wenn Costin die Szenerie betritt. Als scheinbar
vertrottelter Requisiteur startet er seine Eskapaden an Trampolin und
Sprungturm. Ich schreibe es an dieser Stelle nicht zum ersten Mal.
Costin ist für mich aktuell in diesem Genre unerreicht. Hohes
artistisches Können, eine hinreißende Mimik und ein perfektes Gespür
für Timing – das macht ihm derzeit einfach niemand nach.
Rosi Hochegger, Alejandro Vanegas, Franco Olivera
Anspruchsvolle
Tricks spielerisch zu verkaufen ist ebenfalls ein Markenzeichen von
Rosi Hochegger und ihren Hunden. Die Vierbeiner kommen einzeln aus
einer Häuserkulisse, um ihre Kunststücke zu zeigen. Darunter sind
solche Raritäten wie das Hindurchlaufen unter den Beinen der
Tierlehrerin im Rückwärtsgang. Richtig turbulent wird es, wenn die
ganze Meute durch die Manege fegt und zwei Hürden überspringt. So
lebhaft wie der erste Teil beendet wurde, beginnt der zweite. Das Duo
Vanegas gehört zu den Top-Acts am Todesrad. Nicht zuletzt wegen ihrem
Schlusstrick, dem Salto auf der Außenseite des rotierenden Rades. Aber
schon davor sorgen die beiden Hasardeure für ordentlich Nervenkitzel.
Etwa bei ihren Seilsprüngen in voller Fahrt. Sein südländisches
Temperament kaum zügeln kann Franco Olivera, der Macho unter den
Trommlern und Bola-Artisten. In seiner feurige Performance zeigt er
neben dem virtuosen Umgang mit seinen Requisiten viel Sinn für Humor.
Eine Zuschauerin in der Loge hat dabei besonders viel Spaß.
Robert Foxall, Rosi Hochegger, Kim Kenneth
Robert
Foxall setzt den ruhigen Kontrapunkt dazu. Einem Engel gleich schwebt
der Brite mit dem beneidenswerten Oberkörper unter der Circuskuppel.
Kraftvoll sind die zahlreichen Umschwünge. Seine Nummer an den
Strapaten wurde für den verletzten Schlappseilartisten Cong Tian ins
Programm genommen. Nach dem Entree der Caveagnas geht es noch
ruhiger weiter. Pferd Scout verdient seine Gage im Schlaf. Der
gescheckte Hengst mit der einzigartigen Mimik macht das so gekonnt,
dass er dafür frenetischen Applaus erntet. Rosi Hochegger hat diese
Bettszene einstudiert und steht natürlich zusammen mit Scout in der
Manege. Den beiden zuzusehen ist immer wieder ein großes Vergnügen. Kim
Kenneth ist nicht nur Ringmaster, sondern zudem Hauptakteur der
Schlussnummer. Bei seinen Großillusionen wird er von Gattin Jessica
sowie zwei weiteren Magic Girls unterstützt. Es ist eine effektvolle,
manegenfüllende Show. Die Fahrt mit dem Motorrad durch ein Gestell, in dem die
Partnerin angekettet ist, ist nach wie vor der spektakulärste
Moment. |