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Zirkus Nemo - Tour 2012
www.zirkusnemo.dk ; 50 Showfotos

Kopenhagen, 31. August 2012: Für gewöhnlich ist es im Circus so, dass die Reprisen dazu da sind, für Auflockerung zwischen den einzelnen Nummern zu sorgen. Beim dänischen Zirkus Nemo ist es genau umgekehrt: Hier dienen die eigentlichen Darbietungen zur Auflockerung der Comedy-Acts von Direktor Sören Östergaard und seines Sketchpartners Peter Frödin. Keine Show für Freunde des "richtigen" Circus? Mitnichten, zumindest wenn man sein Hobby nicht allzu verbissen sieht.

Dass auch ein Freund des traditionellen Circus seinen Spaß an der Show von Nemo hat, hat im Wesentlichen zwei Gründe. Zu einen gibt es mehrere, ausgesuchte Circusnummern zu sehen, Wildtiere inklusive. Zum anderen scheint auch Östergaard ein großer Freund des Circus zu sein, denn in seinen Sketchen nimmt er das Genre sehr liebevoll aufs Korn und offenbart dabei eine große Kenntnis der Circuswelt.


Ambiente

Schon das Ambiente mit dem schwarzen Zweimaster im Mittelpunkt ist ein gelungenes, ironisches  Abbild der bekannten Circusszenerie. Der Kassenwagen im Miniaturformat trägt selbstverständlich in großen, beleuchteten Lettern das Wort "Kasse" auf dem Dach. Es gibt einen Torbogen als Zuschauereingang, ein Restaurationszelt, und einige Artisten sitzen entspannt vor den originellen Wohnwagen, die liebevoll mit Blumenschmuck sowie Sitzgarnituren dekoriert sind. Im Chapiteau herrscht durch ein kompaktes Gradin und eine gute Ausnutzung des vorhandenen Platzes eine intime Atmosphäre. Neben dem aus zwei antiken Säulen gebildeten Artisteneingang sitzt das vierköpfige "Orchester" in roten Rüschenhemden. Die als Manege gestaltete runde Bühne ist leicht erhöht. Nach einem Prolog von Östergaard und Frödin mit Marionetten, die sie selbst abbilden, gibt es ein Opening mit allen Artisten. 


Sören Östergaard, Peter Frödin

Es ist faszinierend, wie wandlungsfähig die beiden Comedians bei ihren Auftritten sind. Charaktere werden zwischen den einzelnen Auftritten ebenso schnell gewechselt wie Kostüme und Perücken. Zumeist reichen schon Äußeres, Gestik und Mimik, um größere Heiterkeit zu erzeugen. Der Wortwitz bleibt natürlich auf der Strecke, wenn man des Dänischen nicht mächtig ist. Herrlich ist beispielsweise die Persiflage auf einen Messerwerfer und seine Partnerin. Frödin gibt den alternden Cowboy, der mit seinen zitternden Händen die Messer bedrohlich wackelnd hält, während Östergaard sich als abgetakelte Squaw todesmutig ans Brett stellt. Die zugehörigen Erläuterungen und Posen sind zum Brüllen. Grandios gefallen hat uns ebenfalls der tschechische Puppenspieler, der zunächst (in Englisch) sehr einfühlsam und pädagogisch wertvoll parliert. Als sich dann, dank eines Patzers vom Orchesterpodium, die Fäden seiner Marionetten verheddern, wird er zum fluchenden Rohrspatz, aus dessen Munde des Öfteren das F-Wort zu hören ist.


Sören Östergaard, Peter Frödin

Ein von den den beiden gern aufgegriffenes Thema ist das der Magie. Ob kleine Tricks oder Großillusionen, nichts ist vor den beiden Comedians sicher. Die Kostüme sind auch hier immer wieder sehr exzentrisch, der Mut zur Hässlichkeit nicht zu übersehen. Dank der Professionalität der Akteure gerät es aber nie wirklich peinlich. Da wird um das Verschwinden von Stoffblumen ein ebensolches Brimborium veranstaltet wie um große Kistenillusionen. Originell ist ebenfalls die kurze Einlage, bei dem ein lebensgroßes weißes Kaninchen einen Magier aus dem Hut zaubert. Weitere Mitspieler sind unter anderem ein Zebra und ein Pony aus dem Bestand des Cirkus Arena.


Konstantin Mouraviev, Ingo Stiebner, Dany Daniels

Was den artistischen Part angeht, so sind durchweg bekannte Namen anzutreffen. Die Rhönrad-Nummer von Konstantin Mouraviev wirkt auf der kleinen Bühne ganz besonders, reicht der Raum doch gerade so aus, um alle seine Tricks arbeiten zu können. Einfacher hat es da schon Dany Daniels, der seine Bretter und Rollen auf der von ihm gewohnten Plattform stapeln kann. Seine Balancen sind aber nichtsdestotrotz sehr riskant und äußerst sehenswert. Für große Verblüffung sorgt das Duo Minasov mit seinen Kostümillusionen, die im kleinen Rahmen nochmal ganz anders wirken als etwa im deutlich größeren Chapiteau des Circus Roncalli. Victor Minasov zeigt zudem seinen wilden Tanz mit einem riesigen Ballon. Ingo Stiebner hat es auch mit neuen Tieren geschafft, seinen Stil beizubehalten. Während die beiden Seelöwen auf Kommando (fast) gar nichts machen, zeigen sie ihre Tricks umso eifriger hinter dem Rücken ihres Tierlehrers. Herrlich!

Von Anfang Mai bis Mitte September ging die diesjährige Tour des Zirkus Nemo. Einen ganzen Monat davon spielte man mit offenbar großem Erfolg in Kopenhagen. Sicher spricht Nemo ein anderes Publikum an, als es etwa Benneweis, Arena oder Dannebrog tun. Aber gerade mit dem "Hintergrundwissen" aus traditionellen Unternehmen wie diesen macht Nemo besonderen Spaß. Eine Vorstellung dort ist eine passende Ergänzung zum Besuch der etablierten Circusse Dänemarks.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch