Seit der
Weltpremiere am 7. April 2011 auf der Münchner Theresienwiese
hat sich dieses große Programm nur in Nuancen geändert. Hinzu
kam kurz nach der Premiere zum Beispiel ein Prolog, bei dem auf
einer Leinwand über der Showtreppe Fotos aus 106 Jahren Circus
Krone eingeblendet werden. Eine Stimme aus dem Off schildert
hierzu in drei Minuten die stolze Geschichte des Hauses. Jana
Mandana wird dabei offiziell als Tochter Christel Sembach-Krones
vorgestellt. Zumindest in der besuchten Nachmittagsvorstellung,
mit nur halb abgedunkelten Seiteneingängen, sind die Fotos aus
größerer Entfernung leider schlecht erkennbar. Als erstes tritt
im Anschluss Weißclown Yann Rossi vor den blauen Vorhang, spielt
„La vie en rose“ auf dem Saxofon, während eine Dame am Luftring
schwebt – dann folgt das große Charivari mit allen Artisten und
dem großen Ballett.
Hector
Rossi, Ballettgirl, Anastasini Brothers
Die
zehnköpfige Chinesentruppe aus Dalian sorgt gleich zu Beginn mit
ihren variantenreichen Sprüngen, Salti und Pirouetten von der
doppelten russischen Schaukel, auf Bodenmatten und später im
Sprungtuch gelandet, für ein großes Bild und viele „Aahs“ und „Oohs“
im Publikum. Das exzellent tanzende Ballett – zehn Damen und
drei Herren in farbenprächtigen Kostümen à la Bollywood – leitet
die Elefantennummer ein. Jana Mandana und James Puydebois führen
die sechs Tiere, drei von ihnen mit Reiterinnen, durch eine
umfangreiche, aber tiergerechte Dressurfolge. Stets
publikumswirksam ist auch das Genre der ikarischen Spiele, das
hier von den jugendlichen Anastasini Brothers verkörpert wird.
Der Rückwärts-Salto auf einem Fuß des Untermanns gelandet,
Doppelsalto und eine Serie von zwölf Flic Flacs gehören zu
dieser im klassischen Stil zu Swingmusik gearbeiteten Nummer,
die auf große Begeisterung im Publikum stößt. Les Rossyann“,
Weißclown Yann und August Hector, präsentieren an den
Nachmittagen das gagreiche Entree vom „Fangen der Pistolenkugel
mit dem Mund“, bei dem zahlreiche Teller zerdeppert werden – in
den Abendvorstellungen dagegen wird der feinere Humor ihres
Musikalentrees serviert, das in einer absurden
Nabucco-Interpretation auf gesäßbedienten Blasebalgen gipfelt.
Zudem sind "Les Rossyann" in mehreren musikalischen Reprisen zu
sehen.
Jana Mandana
Seinen
zweiten großen Auftritt hat das Krone-Ballett zu den
Pferdenummern von Jana Mandana. Zunächst entführen die
Tänzerinnen und Tänzer in ein argentinisches „Tango-Café“ und
umkreisen die Juniorchefin tanzend, während diese elegant und
mit hohem reiterlichen Können die Hohe Schule zeigt. Der zweite
Teil des Pferdeblocks, das Ballett tanzt nun mit
Torrero-Umhängen, findet dagegen in Spanien statt und widmet
sich der Freiheitsdressur. Jana Mandana vereint zunächst kurz
fünf Friesen und sechs Cremellos zu einem schwarz-weißen Bild,
auch das ist neu. Dann werden die Friesen von sechs weiteren
Cremellos abgelöst, präsentiert Jana Mandana die anspruchvolle
Freiheitsdressur aus dem Hause Togni. Erstmals seit Jahrzehnten
wurde in diesem Saisonprogramm nicht die Pferdefreiheit, sondern
die große Luftnummer vor der Pause platziert. Die „Flying Zuniga“
liefern eine starke Leistung am Flugtrapez ab – Salto und
Passage sind in der Hand der beiden Fliegerinnen, die Herren
glänzen unter anderem mit Doppelsalto gestreckt, Salto mit
Pirouette und natürlich dem Dreifachen, allesamt sicher und
elegant geflogen – riesiger Jubel vor der Pause.
Martin
Lacey jun.
Großen
Eindruck machen die technischen Raffinessen, mit denen Martin
Laceys Löwenschau verkauft wird. Der neue, gewaltige Netzkäfig
ist am oberen Ring mit unzähligen kleinen Lichtern besetzt, die
senkrecht in die Höhe scheinen; an den Hauptmasten des
Chapiteaus schießen immer wieder Feuersäulen zwischen
Theaternebel in die Höhe, während Martin Lacey noch im Dunkeln
seine Tiere zur Pyramide ordnet. Im Hintergrund laufen hierzu
Fotos aus seiner Karriere über die Leinwand. Acht Löwinnen
arbeiten aktuell in der Manege, plus Mähnenlöwe Kassanga und
zwei Löwendamen, die zunächst auf und neben dem großen Thron im
Hintergrund über das Geschehen wachen. Achtfacher Hochsitzer in
zwei Ausführungen und hohe Sprünge am Käfig entlang zur Löwenbar
werden abgelöst von Tricks in kleinerer Formation – Lacey lässt
sich von einer Löwin umstreichen, zeigt den Fächer mit drei
Tieren, lässt Nambia zwei Artgenossinen überspringen, bringt
drei Tiere zum Abliegen und lässt sich selbst überspringen. Die
gewaltige Größe der Tiere offenbart sich, wenn sich eine Löwin
am Käfig voll aufrichtet und Lacey überragt. Das beeindruckende
Vertrauen, das Lacey zu seinen Tieren hat, zeigt sich besonders
auch im Zusammenspiel mit dem Mähnenlöwen Kassanga, der mit den
Pranken nach Laceys Stöcken schlägt, ihm diese gar aus den
Händen schlagen darf, ehe sich Schmuseeinheiten anschließen.
Laceys Kommandos werden während der Nummer via Headset
übertragen, so dass die Dressurarbeit noch transparenter wird.
Die berühmten Scheinangriffe sind derzeit allerdings nicht im
Programm. Den Abschluss bildet die Fahrt des weißen Löwen King
Tonga auf der Spiegelkugel.
Jana Mandana,
Martin Lacey jr.
Tierisch geht
es weiter, zunächst mit den von Tiina (Clowns Bonbon und Tiina)
gefertigten Tierfiguren Löwe und Giraffe, dann mit dem kurzen
Auftritt der Exoten (Kamele, Zebras, Lamas) unter Jana Mandana
und dem wohl dienstältesten Circusnashorn Tsavo mit seinem
Vorführer Martin Lacey.
Äußerst
elegant und äußerst gekonnt sind die Gruppenjonglagen, die Elena
Drogaleva alias Marlene Dietrich und ihre drei Gentlemen
präsentieren – sowohl zu Boden wie auch zu erhöhten Plattformen
werden hier anspruchsvolle Wurfmuster gezaubert. Auf diese
artistische Top-Nummer folgt eine tierische Top-Attraktion, die
vier Seelöwen der Familie Duss. Das höchst umfangreiche
Trickrepertoire der Tiere, die offenkundig mit großer Freude an
der Sache dabei sind, ist kaum zu übertreffen – insbesondere
gilt dies für die Tricks, bei der die Tiere miteinander
interagieren, zum Beispiel Bälle von Schnauze zu Schnauze
weiterreichen oder aus zwei Körpern ein Herz formen. Die
Stimmung im Publikum erreicht hier ihren ersten Höhepunkt.
Truppe
Elena Drogaleva
Es
folgt der zweite Auftritt der Chinesentruppe, nun zu sechst, mit
Luftartistik an Bungeeseilen – hierzu schwebt zunächst ein
riesiges, sechseckiges und aufwendig illuminiertes „Metall-Ufo“
durch Theaternebel und Laser-Effekte unter das Zeltdach,
begleitet von dramatischer Musik. Oben werfen die Aristen ihre
Umhänge ab und stürzen sich in fluoreszierenden Kostümen in die
Tiefe, um fast schwerelos an den Gummibändern durch die
Zeltkuppel zu fliegen. Ein Auftritt, der vor allem vom enormen
Schauwert lebt. Noch während das Ufo wieder gen Boden gleitet,
um die Artisten abzusetzen, wird Crazy Wilsons Todesrad in
Position gebracht und beginnt zur Kuppel zu schweben – allein
die technischen Raffinessen dieses Umbaus sind eine Schau für
sich. Wirkten die aufwendigen Requisitenwechsel des zweiten
Programmteils am Abend der Celebration-Weltpremiere noch fast
nicht zu bewältigen, hat sich nun eine perfekte und
beeindruckende Routine eingestellt. Dennoch bleiben vor und nach
den Drogaleva-Jonglagen zwei nicht überbrückte und deutlich
bemerkbare Umbaupausen.
Petra und Roland
Duss, Cryzy Wilson, Finale
Crazy Wilson, bereits bekannt aus der
Vorgängerproduktion „Jubilee“, ist nun zur Schlussnummer
aufgerückt und sorgt dabei noch einmal für ganz große
Begeisterung – spätestens bei den drei Salti nacheinander, die
er in der besuchten Vorstellung zeigt. Und so lässt sich das
Publikum an diesem Sonntagnachmittag nur allzu willig zu
Standing Ovations mitten im Programm auffordern – erst steht die
rechte Seite der Tribüne, dann die Front, schließlich das ganze
Publikum und jubelt. Abgesehen von einer kurzen Breakdance-Szene
vor dem Todesrad mit vier Tänzern hat das Krone-Ballett im
zweiten Programmteil nur noch einen großen Auftritt – im furios
in Szene gesetzten Finale, das in schwarz-weiß durch die
Popgeschichte führt, von Michael Jackson bis Abba. Die
eierschalfarbenen Umhänge, welche die Artisten hierzu noch zur
Weltpremiere im Finale tragen mussten, wurden glücklicherweise
bereits eingemottet. |