Eindrucksvolle Lichteffekte
begleiten das Spektakel, der historische Circusbau zeigt sich in
vollem Glanz. Wer erstmalig im Cirque d'Hiver der Familie
Bouglione zu Gast ist, wird „geflasht“ sein.

Cirque d'Hiver
Der regelmäßige Besucher
bekommt genau das, was er hier erwartet: Hochglanzcircus im
einmaligen Ambiente. Doch auch die letztgenannte Gruppe wird mit
Neuem verwöhnt. In der Produktion 2022/23 namens „Fantaisie“
gibt es viele Genres der Artistik, die hier lange nicht mehr
oder noch gar nicht zu erleben waren. Die Novität aus dem
vergangenen Jahr, die bislang rein weiblichen Salto Dancers um
zwei männliche Tänzer zu ergänzen, wurde beibehalten. Ebenso der
Verzicht auf Wildtiere.
  
Jump'n'Roll, Regina
Bouglione, Lucia Martdaz
Auf federnden Stelzen entern
die Jungs von Jump'n'Roll die Manege. Dank ihrer Requisiten sind
gigantische Sprünge möglich. In den verschiedensten
Kombinationen hüpft das rein männliche Quartett übereinander und
über ein Seil. Damit sorgen die coolen Typen in Schwarz-Weiß
gleich für ordentlich Bewegung. Sechs Ponys aus dem Marstall des
Circus Carl Busch führt äußerst charmant Regina Bouglione vor.
Die Vierbeiner haben sich schnell an ihre neue Vorführerin
gewöhnt und zeigen flott ihr Repertoire. Dann machen wir die
erste Bekanntschaft mit drei Herren, die uns an diesem Abend
noch des Öfteren begegnen. Dem Namen nach verspeisen „Les
Mangeurs de Lapin“ Hasen. Die äußerst skurrilen Figuren sorgen
für den Humor in der Show. Zunächst als mexikanische Musiker mit
Sombreros, Sakkos, Rüschenhemden und Cowboystiefel. Dazu tragen
sie wahlweise eine kurze oder lange Hose oder einen
Schottenrock. Eine schöne Choreographie der Salto Dancers leitet
die Kür am Luftring von Lucia Martdaz ein. Für die junge
Kubanerin geht es dann Richtung Kuppel. Hoch über der Manege
verwöhnt sie uns mit traumhaften Figuren, die von hohem
artistischen Können zeugen.
 
Les Mangeurs de Lapin,
Pavel Valla Bertini
Und dann kommen doch noch
zwei „wilde“ Tiere. Wobei genau genommen die Reiter der beiden
Elefanten aus Stoff für Wildheit sorgen. Sie beginnen brav und
halten ihre „grauen Riesen“ auf der Rola Rola im Gleichgewicht.
Doch dann prügeln sich die Tiere mit den Rüsseln und spritzen
mit Wasser. Der Dompteur hat seine liebe Not mit den
Schützlingen. Natürlich handelt es sich hier um den nächsten
Auftritt der „Mangeurs de Lapin“. Perfekt in den Cirque d'Hiver
mit seinen hohen Rängen passt das Einrad, mit dem Pavel Valla
Bertini seine Darbietung beschließt. Es hat eine schier
unglaubliche Höhe. Kaum möglich darauf zu fahren. Doch Bertini
hält sich souverän im Gleichgewicht. Die Zuschauer in den oberen
Ränge dürften dem Artisten „auf Augenhöhe“ begegnen. Zuvor
erleben wir den Briten auf zwei niedrigeren Einrädern. Damit
fährt er eine Treppe hinauf und herab oder wagt Sprünge mit dem
Trampolin. Vor der Pause inszenieren sich die Comedians als
Bola-Jongleure. An den Schnüren hängen allerdings weiche weiße
Kugeln. Unmengen davon schmeißen sie sodann ins Publikum. Die
Gäste werfen sie zurück. So entsteht eine ausgelassene
„Schlacht“. Teil eins der Show endet wie der zweite beginnt –
mit den Salto Dancers auf dem reich ausgestatteten
Artisteneingang.
 
Julot Cousins, Jimmy
Saylon und Magic Girls
Ein älterer Herr in Anzug und
Hut will mit seinen Hula Hoop-Künsten begeistern. Doch dann
werden seine Ringe in die Höhe gezogen. Was macht der Mann? Er
erklimmt einen extrem hohen schwankenden Masten und holt sich
die Reifen zurück. Bei dem Herrn handelt es sich um Julot
Cousins. Hierzulande konnten wir ihn etwa schon im Europa-Park
und beim Dresdner Weihnachtscircus erleben. Was er in luftiger
Höhe wagt, ist schon einzigartig. Am oberen Ende der Stange
lässt er dann die Hula Hoops kreisen. Dies sogar um einen Fuß,
während er einen Handstand zeigt. Als einer der drei „Mangeurs
de Lapin“ Dudelsack spielt, fahren die anderen beiden mit
Motorrad und Anhänger ein paar Runden. Doch das ist nur die
Ouvertüre zu den Jonglagen mit Tennisschlägern des
Dudelsackspielers. Dominic Baird-Smith beherrscht die Rackets
wirklich exzellent. Seine Touren mit bis zu fünf Tennisschlägern
sind grandios. Dabei wird er von Juliano Bouglione in der Manege
am Schlagzug begleitet. Großillusionen in Steampunk-Optik, dafür
steht Jimmy Saylon. Zusammen mit seinen Magic Girls sorgt er für
magische Momente. Da verschwinden die Damen auf wundersame Weise
und tauchen genauso überraschend wieder auf. Auch der Zauberer
selbst wandert auf geheimnisvollen Pfaden durch den Bau.
  
Antony Cesar, Duo Vitalys,
Jump'n'Roll
Mit seinen blonden Locken und
dem perfekt definierten Oberkörper ist Antony Cesar einfach ein
blendend aussehender junger Mann. Der 20-jährige Sonnyboy hat
sich den Strapaten verschrieben. Daran präsentiert er eine
kraftvolle, traumhafte Darbietung. Die Technikcrew setzt diese
ins perfekte Licht, eine Sängerin sowie Kunstnebel machen die
Inszenierung komplett. Ein wahrer Genuss für Augen und Ohren.
Mit einem Kopf-auf-Kopf endet die Partner-Equilibristik des Duo
Vitalys. In dieser Konstellation laufen die Peruaner eine Treppe
hinunter und drehen eine Runde in der Manege. Zuvor verwöhnen
uns Pablo und Joel mit weiteren starken Tricks, bei denen sie
ihre Muskeln geschickt spielen lassen. Zum Abschluss des
artistischen Programms gibt es noch einmal jede Menge Action.
Jump'n'Roll sind zurück. Diesmal an der koreanischen Wippe.
Gegenseitig katapultieren sich die Mitglieder des Quartetts
Richtung Kuppel, um am höchsten Punkt gewagte Sprünge zu
riskieren. Dass sie dabei mit viel Spaß bei der Sache sind,
merkt man ihnen an. Es geht Schlag auf Schlag bis hin zum
dreifachen Salto. Das anschließende Finale wird mit dem gesamten
Ensemble groß gefeiert. Das Orchester spielt noch einmal
grandios auf, das Licht ist verschwenderisch und Michel Palmer
spricht die Abschiedsworte. Der originelle Epilog gehört den „Mangeurs
de Lapin“. |