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Weihnachtscircus Hannover 2016/17
www.weihnachtscircus-hannover.com ; 180 Showfotos

Hannover, 22. Dezember 2016: In Hannover haben Thomas Schütte und seine Grandezza Entertainment GmbH in diesem Winter erstmals einen Weihnachtscircus veranstaltet. Für den „1. Grand Prix der Artisten“ wurde ein rein akrobatisches sowie clowneskes und dabei durchweg starkes Programm zusammengestellt. Roter Faden und Werbemotiv ist Spitzenclown Fumagalli. Sein Bruder Daris und er avancieren erwartungsgemäß zu Publikumslieblingen. Von außen gibt sich der Weihnachtscircus traditionell. Schöne Frontwagen und weihnachtliche Dekoration laden das Publikum ein.

Im großzügigen Restaurationszelt können die Gäste unter einem Lichterhimmel auf die Vorstellung warten. Der Rahmen stimmt also. Die Zeltanlagen einschließlich des im Inneren mastenfreien Chapiteaus werden von Sarrasani gestellt. Leider wird trotz des klassischen Circusambientes gänzlich auf Tiere verzichtet.


Fumagalli, Anatoly Zalewsky, Veronika Teslenko

Neben den schon erwähnten Clowns führt die Sängerin Nina Borovskaya durch das Programm. Im opulenten Engelskostüm eröffnet sie den Abend mit einer Hommage an Leonard Cohens „Halleluja“. Während ihres Gesangs betritt ein siebenköpfiges Ensemble des Circustheaters Bingo zunächst andächtig die Manege, um dann mit einem temporeichen Opening aus Luft- und Bodenakrobatik zu übernehmen. Später wird die Formation noch mit einer Einraddarbietung zu sehen sein. Gleich darauf haben Fumagalli und Daris ihren ersten Auftritt und animieren das Publikum zum Mitsingen. Mit Anatoly Zalewsky hat Grandezza einen Star der Circuswelt nach Hannover geholt. Bereits 1999 mit dem Goldenen Clown in Monte Carlo prämiert, weiß seine Mischung aus Equilibristik und Ausdruckstanz auch heute noch mit Ästhetik und Können zu beeindrucken. Ein noch junger Stern am Circushimmel, oder vielmehr unter der Circuskuppel, ist dagegen Veronika Teslenko, deren Arbeit an den Strapaten schon bei mehreren Nachwuchsfestivals ausgezeichnet wurde. Ihre technisch sehr anspruchsvolle Nummer präsentiert sie weiß geschminkt, mit starrer Mine und einem Teddybären, was dem Auftritt eine traumwandlerisch-melancholische Note gibt.


Gabor Vosteen, Tom Duffy & Co., Leosvel & Diosmani

Der humoristische Part des Programms wird durch Gabor Vosteen ergänzt, der als urkomischer Blockflötenvirtuose nicht nur jeden Ton, sondern auch die Grenzlinie von Genie und Wahnsinn genau trifft. Mit bis zu fünf Flöten gleichzeitig spielt der Absolvent der Musikhochschule Hannover. Anaystasia Soplinyak und Mykhailo Romanenko aus dem Bingo-Ensemble bieten eine starke Hand auf Hand-Darbietung. Der ästhetische Auftritt wird durch den Livegesang von Nina Borovskaya gesteigert, die auch den anschließenden Aufbau des Todesrades überbrückt. Mit viel Temperament und bis zu vier Personen auf dem Rad sorgt die Truppe Tom Duy & Co für Stimmung im Zelt. Als Schlusstrick ist sogar ein Salto auf der Außenseite des rotierenden Rades zu sehen. Ebenso bemerkenswert ist das Zwei-Mann-Hoch auf der Außenseite des Rades. Das wäre schon eine würdige Pausennummer, doch es folgt noch die großartige Mastakrobatik der Kubaner Leosvel & Diosmani. Beim einzigartigen Schlusstrick, einem einarmigen Handstand auf dem waagerecht vom Mast gestreckten Oberkörper des Partners, geht ein merkliches Raunen durch die Zuschauerränge. Die beiden markieren sicherlich zur Zeit die Spitze des Menschenmachbaren in dieser Disziplin.


Darya Vintilova, Rich Metiku, Teslenko Jugglers

Der zweite Programmteil wird wiederum mit Gesang eröffnet. Diesmal geht es mit „So this is Christmas“ weihnachtlich zu. Akrobatisch macht Darya Vintilova am Solotrapez den Auftakt. Sie beginnt mit Figuren am ruhenden Trapez, das sie dann ins Schwingen versetzt, um eine hochwertige Trickfolge zu präsentieren. Flötenmeister Gabor Vosteen setzt in seinem zweiten Auftritt auf die Mitarbeit des Publikums. Mit drei Freiwilligen gibt er eine eigenwillige Version des Flohwalzers zum Besten. Es folgt die als „Spinnenfrau“ vorgestellte Äthiopierin Rich Metiku, die ihre Kontorsionsnummer zur Musik von „Skyfall“ präsentiert. Allesamt aus einer Familie stammen die Teslenko Jugglers. Sie zeigen eine exzellente Gruppenjonglage, die durch optische Effekte mit Neonlicht aufgepeppt wird.


"Bienchen" Fumagalli, X-treme Brothers, Mesa Brothers

Wo Fumagalli und Daris sind, darf natürlich das Bienchen nicht fehlen. So zeigen sie ihr Kultentree in gewohnt urkomischer Art und Weise gemeinsam mit Nino Süß und sorgen dafür, dass in Hannover die Augen genauso wenig trocken bleiben wie die Logenbesucher. Weitere akrobatische Höchstleistungen bieten die X-treme Brothers mit einer im Adagio-Stil ausgeführten, kraftvollen Hand-auf-Hand-Akrobatik. Nach einer weiteren Flötenreprise setzen die kolumbianischen Hochseilakrobaten der Mesa Brothers den Schlusspunkt des Programms. Angespannte Stille herrscht im Chapiteau, wenn der Kopfstand auf der Siebenerpyramide als Schlusstrick gezeigt wird.

Zusammenfassend bietet der Weihnachtscircus Hannover drei Stunden am Stück absolute Spitzenakrobatik und -komik. Gerade gegen Ende des Programms fällt es jedoch zunehmend schwerer, die hohen Einzelleistungen zu würdigen. Zum einen hätte ein Ansager dem festivalartig präsentierten Programm gut getan. Zum anderen hätte man sich für einen Weihnachtscircus in klassischem Ambiente auch Tiernummern gewünscht. So bleibt der Eindruck einer Aneinanderreihung hochklassiger Nummern, die allesamt sehr sehenswert sind. Das Gesamtkonzept indes überzeugt noch nicht ganz.

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Text: Daniel Burow; Fotos: Stefan Gierisch