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Flic Flac - Dortmund 2015/16
www.flicflac.de ; 100 Showfotos

Dortmund, 27. Dezember 2015: "Benno Kastein und Thomas Schütte präsentieren", hieß noch im vergangenen Winter im Programmheft zur Dortmunder Flic Flac-Produktion. In der aktuellen Spielzeit nun grüßen "Benno Kastein und das gesamte Flic Flac Team". Damit wird das kommuniziert, was noch kurz zuvor hinter den Kulissen vollzogen wurde. Thomas Schütte ist nicht mehr für die Flic Flac-Weihnachtsshow im Ruhrpott verantwortlich. Die Produktionsleitung hat nun Uwe Struck inne, Veranstalter ist die Flic Flac Event GmbH. Der Zuschauer bekommt diese Änderung nur mit, wenn er aufmerksam das Programmheft studiert.

Ansonsten bleibt quasi alles wie gewohnt. Natürlich wird wieder in einem der typischen schwarz-gelb gestreiften Chapiteaus gespielt. Die Restauration ist bestens ausgestattet. Und - auch das ein typisches Merkmal - die Vorstellung ist voll besetzt bis auf den letzten Platz. Die Dortmunder wissen, was sie an ihrem "Weihnachtscircus im Revier" haben.


Alexandra Gerbey und Frank Fabry

Eine weitere wichtige, vielleicht sogar die wichtigste Konstante ist Thomas Merz. Der Circus-Allrounder ist für die Pressearbeit genauso verantwortlich wie für den reibungslosen Ablauf der Vorstellung. Zudem hat er gemeinsam mit Larissa Kastein Regie geführt. Die beiden haben eine nahe liegende Idee umgesetzt. Nahe liegend, wenn Alexandra Gerbey und Frank Fabry Teil des Ensembles sind. Folgerichtig greifen die beiden das Grundmotiv der Flic Flac-Tourproduktion ARTgerecht auf, welche bis 2010 lief. So heißt es noch einmal "Schwarz gegen Weiß", "Düster gegen Freundlich". Die beiden Sänger sind die Protagonisten dieser Show, die den Untertitel "Ein Drahtseilakt mit Legenden und Leidenschaft" trägt.


Mesa Brothers, Zinzi und Evertja, Eric McGill

Zum Opening singt Alexandra Gerbey auf einer Schaukel sitzend. Die erste Darbietung "gehört" ihr. In hellen Outfits erleben wir die Truppe Puje. In den letzten beiden Jahren konnten wir sie in den Weihnachtscircussen in Gelsenkirchen und Karlsruhe erleben. Jetzt zeigen sie ihre Handvoltigen in Dortmund. Auftritt Frank Fabry. In dunkler Kleidung mit Hut und Stock sorgt er für den Stimmungswechsel. Als erste Truppe aus seinem Team schickt er die Mesa Brothers ins Rennen. Das Trio liefert auf dem Hochseil einen wahrhaft teuflischen Akt ab. Ohne jegliche Sicherung arbeiten die Kolumbianer auf dem dünnen Draht. Höhepunkt ist die Pyramide auf zwei Etagen. Er in schwarzer Hose - sie in weißer Kleidung - Zinzi und Evertja vereinen in ihrem Auftritt gleich beide Schattierungen. Doch die äußerlichen Gegensätze täuschen. Evertja trägt seine Partnerin auf Händen. Es ist eine kraftvolle, aber doch sehr leicht aussehende Partner-Equilibristik. Spektakulär ist es, wie Zinzi immer wieder in die Luft geworfen und sicher aufgefangen wird. Gewagte Drehungen am Schwungtrapez sind das Metier von Eric McGill. Der zusätzlich ins Programm genommene Kanadier sprüht vor Energie und lässt den Atem stocken, wenn er sich nach seinen Sprüngen immer wieder im letzten Moment an der Trapezstange fängt.


Rene Bazinet, Ruban Truppe, Truppe Puje

Für die nötige Entspannung sorgt gleich im Anschluss Rene Bazinet. Man verbindet den Komiker mit dem Cirque du Soleil, wo er viele Jahre aufgetreten ist. Allerdings ist sein Engagement bei Flic Flac fast ein Heimspiel, denn Bazinet stammt aus Bochum. Für seinen Auftritt braucht es keine Worte, nur Geräusche, welche er selbst mit dem Mund produziert. Zunächst spaziert er durch einen Garten, dann liefert er sich ein Duell mit einem Zuschauer. Das ist durchaus originell, allerdings gerät sein Auftritt etwas lang. Somit liegt es an Tony Frebourg, wieder Schwung in die Show zu bringen. Das gelingt dem Franzosen mit seinen Diabolos ganz famos. Bis zu vier davon hält er gleichzeitig in der Luft. Neun Personen zählt die Ruban Truppe. Ihre Disziplin ist das Schleuderbrett. Ohne und mit Stelzen katapultieren sie sich gegenseitig in die Luft. Als Höhepunkt landet eine Fliegerin nach mehreren Salti auf einem Sessel, welcher auf einer Perchestange befestigt ist. Als Clou steht der Untermann auf Stelzen. Ihre historischen Kostüme haben die russischen Artisten ganz in weiß getüncht. Damit gehören sie zum Team von Alexandra Gerbey. Genauso wie die drei Schlangenmädchen aus der Puje-Truppe. Gerbey begleitet die Kür der Mongolinnen mit ihrem Gesang.


Duo Catalexi, Puje Truppe, Alexandra Gerbey

Gemeinsam durch Alexandra Gerbey und Frank Fabry begleitet wird das Duo Catalexi. Ihre großartige Nummer an den Strapaten erfordert jede Menge gegenseitiges Vertrauen. Da ist es nicht verwunderlich, dass die beiden auch privat ein Paar sind. Was sie an den Bändern zeigen, überzeugt in jeder Hinsicht. Leistung und Verkauf stimmen hier einfach. Folgerichtig bildet ihr Auftritt die Pausennummer. Danach erleben wir noch einmal die Truppe Ruban. Als Ersatz für die ursprünglich vorgesehenen Flying Girls aus Nordkorea zeigen sie ihre Sprünge von der Russischen Schaukel in ein aus der Kuppel herunterhängendes Tuch. Sie arbeiten genauso in dunklen Outfits wie die Mitglieder der Truppe Puje bei ihrem letzten Auftritt. Frauen und Männer zeigen darin gemeinsam variantenreiche Seilsprünge. Dass Andrea Gerbey nicht nur gesanglich großartig ist, sondern ebenfalls artistisch, beweist sie bei ihrer Akrobatik an Tüchern. Während sie an diesen ihre Tricks arbeitet, schmettert sie eine Arie.


Johan Wellton, Pellegrini Brothers, Navas Brothers

Johan Wellton kennen wir von der Höhner Rockin' Roncalli Show. Dort sorgt der schwedische Wirbelwind regelmäßig für allerbeste Stimmung. Das tut er natürlich auch in Dortmund, wenngleich mir die Stücke der Höhner als Begleitung besser gefallen als seine Originalmusik. Hier wie dort überzeugen auf jeden Fall seine Bouncing-Jonglagen mit gelben Bällen. Diese jongliert Wellton dank Tisch, Stuhl und Koffer auf sehr originelle Weise. Dabei scheint ihm die Energie nie auszugehen. Eine aus früheren Flic Flac-Produktionen bekannte Nummer ist das Body-Trapez. So gibt es ein Wiedersehen mit Bernadette Stock und Annamaria Toth. In kurzen karierten Röcken bieten sie eine sehr originelle Variante der Luftakrobatik. Mit intensivem Körperkontakt setzen sie ihre Reize ganz bewusst ein. Aber sie belassen es nicht dabei, sondern begeistern eben auch artistisch. Ein Hingucker für die Damenwelt sind die Pellegrini Brothers. Ihre weltberühmte Partner-Equilibristik hat einfach große Klasse. Diese strahlen Natale, Erdeo, Andrea und Ivan bei jeder ihrer Bewegungen aus. Von Dortmund aus geht es für sie direkt weiter zum Festival nach Monte Carlo. Den furiosen Schlussakkord setzen die Navas Brothers. Auf dem Todesrad drehen die Brüder aus Ecuador aberwitzige Touren. Sie gehören zu den wenigen Artisten dieses Genres, die den Salto auf der Außenseite des rotierenden Rades im Repertoire haben.

Zum Finale gibt es dann die Versöhnung der beiden Hauptcharaktere. Und da Weihnachten ist, stimmen Alexandra Gerbey und Frank Fabry gemeinsam "Happy Christmas" von John Lennon und Yoko Ono an. Natürlich sind dabei alle Artisten auf der Rundbühne zu sammeln. Wie schon bei ARTgerecht, fegt auch hier ein Sturm von Papierschlangen durch die Luft. Insgesamt ist dieser 5. Weihnachtscircus in Dortmund eine für Flic Flac-Verhältnisse eher "leise" Produktion. Dafür aber ein umso "schöneres" Erlebnis.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch