Dass aus
den 13 Darbietungen eine runde Show wird, dafür sorgten Sascha
Melnjak und Uwe Gehrmann diesmal persönlich. Nachdem in den
vergangenen Jahren jeweils Louis Knie sen. Regie geführt hatte,
übernahmen die beiden Produzenten diese Herausforderung nun
selbst. Dank der langjährigen Stützen Volodymyr Kozachuk
(Orchester), Enrico Zoppe (Licht), Detlef Zasche (Ton) und Ionut
Calin (Oberrequisiteur) sei es eine machbare Aufgabe gewesen,
sagte Sascha Melnjak. Zum Ergebnis kann man nur gratulieren.
Bereits am Premierenabend lief die Show so rund und flüssig, als
hätte man sie schon längere Zeit gespielt.
Fabian Egli, Gaby Dew, César Dias
Moderator
Fabian Egli, Publikumsliebling seit Jahren, darf die Show
diesmal gleich mit Gesang eröffnen. Singend leitet er auch den
ersten Auftritt von Gaby Dew ein. Bei ihrer Stehendreiterei
lässt sie die zwei Pferde unter sich walzen. Dann folgt die
Ungarische Post. Die erfahrene Reiterin hat an diesem Abend ein
wenig Mühe mit den recht ungestümen Tieren, doch sie kann
letztlich von allen sechs Vorauspferden die Bänder greifen. Runde
um Runde dreht das imaginäre Gespann in der Manege; das Publikum
zeigt sich sofort begeistert. Wie bereits im Vorjahr sorgt Clown
César Dias für die Heiterkeit im Programm. Neben seiner
großartigen „My Way“-Interpretation hat er auch neue Szenen im
Gepäck. Am besten gefiel uns jene, in der er eigentlich nur in
Ruhe ein Buch lesen will. Dabei wird er von einer surrenden
Fliege gestört, gegen die auch mit den gemeinsten Methoden kein
Kraut gewachsen ist. In einer anderen Reprise spielt Dias auf
einem imaginären Schlagzeug.
César Pindo, Duo Medini, Anton
Monastyrsky
Voller
Spielfreude präsentieren sich die Geschwister Medini bei ihrer
rasanten Rollschuhnummer. Neu ist, dass Emanuel Medini sich die
Augen verbindet, ehe seine Schwester im Genickhang um ihn
herumwirbelt. Klischnigger César Pindo war im vergangen Jahr die
Entdeckung beim Offenburger Weihnachtscircus. Folgerichtig darf
er nun in Heilbronn auftreten. Wenn er sich die Füße hinter den
Kopf klemmt und zusammengeklappt mit den Händen auf dem Gesäß
trommelt, dann sorgt das für herzliches Lachen. Raunen und
Staunen im Publikum, als er in eine enge Glaskiste steigt. Mit
einem letzten Handgriff schließt er den Deckel. Zum Staunen lädt
auch Anton Monastyrsky ein. Eigentlich ist Hula Hoop eine reine
Frauendomäne, so dass dieses Gene mit dem Russen deutlich gegen
den Strich besetzt ist. Gleichwohl wirkt seine Arbeit
keinesfalls feminin, sondern sportlich-dynamisch – zum Beispiel,
wenn er einzelne Reifen vom Hals zum Arm oder von Bein zu Bein
fliegen lässt und diese sich dort weiterdrehen. Monastyrsky
arbeitet mit bis zu vier Reifen.
Duo Vanegas, Truppe Pronin,
Erwin Frankello
Ebenso
außergewöhnlich wie die Hula Hoop-Nummer ist auch Erwin
Frankellos Elefantendressur. Hier geht es weniger ums
„Pyramidenbauen“. Nein, der deutsche Tierlehrer präsentiert mit
seinen beiden afrikanischen Elefantendamen eine ungeheure
Vielzahl feiner, kleiner Tricks, bei denen die spielerische
Kommunikation zwischen Mensch und Tier im Mittelpunkt steht. Die
Elefanten spielen Mundharmonika, wagen ein Tänzchen, lassen
Reifen um den Rüssel kreisen oder bestätigen ganz einfach per
Kopfnicken, dass sie gerne ein Leckerli hätten. Besonders
eindrucksvoll fürs Publikum sind die „Rechenkünste“ von
Elefantin Citta bei Additions- und Subtraktionsaufgaben. Das
richtige Ergebnis klopft Citta mit dem Rüssel. Die Zuschauer
lieben diese Nummer. Für den großen Nervenkitzel vor der Pause
sorgt dann das Duo Vanegas auf dem Todesrad. Vom wagemutigen
einarmigen Aufschwung über hohe Sprünge und Seilspringen bis zum
elegant gedrehten Salto reicht das Repertoire. Kaum weniger
gefahrvoll sind die Sprünge, Salti und Pirouetten der
sechsköpfigen Truppe Pronin von einer russischen Schaukel zur
anderen. Damit wird der zweite Programmteil eröffnet.
Gaby Dew, Erwin Frankello,
Maria Andreeva
Eigentlich
hätte Sacha Houcke jun., lebende Tierlehrer-Legende, in
Heilbronn einen großen Zwölferzug Freiheitspferde präsentieren
sollen – so steht es im Programm. Leider kann er sich nach einer
Operation aktuell ohne Krücken nur mehr hüpfend denn gehend
fortbewegen. Und so ist ersatzweise seine Lebensgefährtin Gaby
Dew zu sehen. Hoch zu Ross dirigiert sie fünf Freiheitspferde in
braun und weiß. Nicht nehmen lässt sich Sacha Houcke jedoch die
Präsentation der drei dunklen „Korbpferde“. Auf Kommando
springen sie jeweils in die großen Reifen in der Manege und
bleiben abrupt stehen. Mit Solosteigern von Pferd und Pony
findet die Darbietung ihren Abschluss. Maria Andreeva verwandelt
ihr Vertikalseil im Laufe ihrer Darbietung in ein Schwungseil.
Auch wenn sie als wildes „Energiebündel“ auftritt, werden hier
die wenigen und wenig spektakulären Tricks auch noch mit
Longensicherung dargeboten. Viel mehr Freude bereitet da die
super-sympathische Seelöwen-Komödie von Erwin Frankello. Ebenso
wie bei der Elefantennummer steht hier die Kommunikation mit
Mensch (im Publikum) und Tier im Mittelpunkt.
Duo Kvas,
Beijing Acrobatic Troupe
Mit zwei
großen Sensationen rückt das Finale näher. Einfach bärenstark
ist die Partnerakrobatik des Duos Kvas. Los geht es gleich mit
einem Einarmer auf dem Kopf des Untermannes. Dieser setzt sich
währenddessen hin, dreht eine Pirouette im Sitzen/Liegen und
steht wieder auf. Dann der Schlusstrick: ein „echtes“
Kopf-auf-Kopf ohne jeden Vorteil. Wieder setzt sich der
Untermann, steht wieder auf. Und trägt den Partner immer noch
Kopf-auf-Kopf. Bronze beim jüngsten Festival in Monte Carlo
war der Lohn der Mühen. Bereits Anfang 2013 gewann die Beijing Acrobatic Troupe mit ihrem Reifenspringen dort Gold, Ende 2013
war sie dann Schlussnummer beim Weltweihnachtscircus in
Stuttgart. Einen weiteren Beweis für die Zugehörigkeit zur
allerersten Liga braucht es wohl nicht. Der besondere Clou der
Darbietung ist, dass die elektronisch gesteuerten Reifen ständig
ihre Position verändern, so dass die Akrobaten vor immer neuen
Sprungvariationen stehen, teilweise über- und untereinander her
springen müssen. Traditioneller Abschluss sind Sprünge durch
immer höher werdende Reifentürme. Als Höhepunkt wird gar ein
Reifenturm in einer Höhe von über drei Metern überwunden, rund
60 Zentimeter über dem Weltrekord im Hochsprung. Als dieser
Wahnsinnstrick im zweiten Anlauf gelingt, branden Riesen-Beifall
und Jubel auf. |