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Stuttgart, 16. April 2009:
Lachen, lachen, lachen – im neuen Programm „Zapping Zone“ des
Stuttgarter Friedrichsbau-Varietés steht beste Comedy im
Vordergrund, bildet den klaren Schwerpunkt. Das Bühnenbild
erinnert diesmal – mit diversen Bildschirmen links und rechts –
an das Fernsehstudio für eine typische Latenight-Show.
Standup-Comedian und Kabarettist Stephan Bauer, bekannt aus
vielen TV-Auftritten, „zappt“ dabei durch unterschiedliche
Sparten der Varieté-Künste, „von einer Emotion zur nächsten“,
wie er selbst formuliert. „Die Stephan Bauer Show“ lautet
folgerichtig der Untertitel des Programms. |
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Anders als der
Show-Titel „Zapping Zone“ vermuten lässt, nimmt Bauer jedoch nicht die
Auswüchse des Fernsehgeschäfts aufs Korn, sondern plaudert aus dem
Alltag: über das Verhältnis von Männer und Frauen, angebliche
Weinkenner, wahre Männlichkeit und eingebildete Kranke. Endlich sagt mal
einer, wie schrecklich das Brettspiel „Siedler von Catan“ ist: „Und wenn
du sieben Stunden lang Erz gegen Lehm getauscht hast, holen die nachts
um halb vier die Erweiterungen raus“. Endlich kann einer erklären, warum
man beim Lotto nie gewinnt: „Ich glaube, Lottofee Karin Tietze-Ludwig
hatte einen Störsender in der Betonfrisur“. Und schließlich kennt Bauer
auch das Leben auf dem Lande – dort erkennt man an einer La Ola-Welle
der Vorhangbewegungen an den Fenstern, wo ein Passant auf der Straße
ist. Freilich sind manche von Bauers Gags bekannt (etwa: zweiter Advent
im sparsamen Schwaben = Kerze vor dem Spiegel), aber dennoch sind die
Sprüche des Kumpeltyps in Jeans und T-Shirt höchst unterhaltsam.
  
Rob Torres und
Stephan Bauer
Noch lustiger als
Stephan Bauer, einfach zum Schreien komisch, ist allerdings der
amerikanische Komiker Rob Torres. Ganz anders als Bauer, dessen Witz im
Gesprochenen liegt, kommt er praktisch ohne Worte aus, oder jedenfalls
mit ein wenig Gemurmel, das überall verstanden wird. Wie er versucht,
mit dem Kopf einen zugeworfenen Hut zu fangen (mit Klebeband-Fadenkreuz
auf dem Haupthaar – Autsch!). Wie er die Tischdecke unter dem Geschirr
wegziehen will. Wie er sich an einer Becherjonglage versucht – alle
diese kleinen Szenen verwandelt er mit umwerfender Mimik in urkomische
Kabinettstückchen. Rob Torres allein ist einen Besuch dieser Show wert!
Oder, wie es die Circus Zeitung formulierte:
„In einem Circus hat er wohl noch nicht gearbeitet, aber er wäre ein Hit
in jeder Manege“. |

Strahlemann & Söhne |
Artistik gibt es
freilich auch. Den stärksten Applaus erhielten in der Vorpremiere die
Jongleure „Strahlemann und Söhne“ und der Equilibrist Andrey Koltsov.
Den Jonglier-Gentlemen gelingt es in ihrer Darbietung, während einer
Passing-Jonglage ihre Kleidung zu tauschen. Und das in der besuchten
Vorstellung fehlerfrei, keine Keule landete auf dem Boden! Das
Publikum ging bereits während der Nummer begeistert mit. Bei
Handstand-Künstler Andrey Koltsov dagegen entlud sich die Spannung
während seiner fantastischen Darbietung erst am Ende in donnerndem
Applaus. Lange Passagen auf einer Hand, der Schlusstrick auf einer
sich öffnenden und schließenden „Gabel“ – Koltsov gehört in jungen
Jahren sicher schon zu den Besten seines Genres. |

Andrey Koltsov |
  
Irina Akimova, Finale,
Pinja Schönberg
Koltsov trat mit
der Nummer ebenso in der Cirque du Soleil-Show „Delirium“ (jener
Produktion für große Hallen) auf wie Irina Akimova mit ihrer
charmanten Hula Hoop-Darbietung mit durchaus originellen Tricks. Das
Duo Tr’espace – noch ein bekannter Name – zeigt im ersten Programmteil
zunächst eine Kombination von Vertikaltuch (Petronella von Zerboni)
und Diabolo (Roman Müller). Eine neue, originelle Idee, die aber
vielleicht nicht ganz zu Ende gedacht ist – über weite Strecken der
Darbietung wirkt es eher, es würden zwei Nummern gleichzeitig gezeigt
denn ein Duett. Sehr schön aber die raren „interaktiven“ Tricks: Wenn
Petronella am Tuch das kreisende Diabolo auf dem Finger fängt. Wenn
sie das Diabolo das schräg gespannte Tuch hinunterrollen lässt und der
Partner es fängt.
Interessant auch der Schlusstrick: Petronella wickelt sich am Tuch ab,
während gleichzeitig das Diabolo auf ihrem Finger kreist.
Schlussnummer in „Zapping Zone“ ist dann die gemeinsame Diabolo-Darbietung der beiden
Artisten, die Erstnummer, die 2009 auch in Monte Carlo zu Gast war.
Inmitten des Publikums, auf einem kleinen Podium, lassen Tr’espace
ihre Diabolos fliegen fangen sie wieder, künstlerisch hochwertig, technisch
anspruchsvoll – die unmittelbare Nähe zum Geschehen ist angesichts der
räumlichen Nähe in den ersten Reihen freilich ein wenig beängstigend.
Den Reigen der artistischen Darbietungen komplettiert die Finnin Pinja
Schönberg in einer varietétypischen Vertikalseil-Variation. -
Bleibt zu
hoffen, dass die Show ein Erfolg wird – kurz vor der Premiere
berichtete die Stuttgarter Presse, dass die Finanz- und
Wirtschaftskrise auch den Friedrichsbau erfasst habe. Viele
Firmenbuchungen bleiben aus. Das neue künstlerische Konzept der „Shows
mit Gesicht“ lässt nach Angaben des Theaters die Zahl privater
Ticketkäufe steigen, ohne aber den Rückgang der Firmenkunden gänzlich
auffangen zu können. In verschiedenen Bereichen (Servicepersonal,
reduzierte Pacht…) wird nun gespart, ohne die Shows zu schwächen. 2008
wurde dennoch mit einem Verlust abgeschlossen – 2009, das Jubiläumsjahr,
muss nun besser werden. |
Wirtschaftskrise hin oder her: Varieté ist, wenn man trotzdem lacht. „Zapping
Zone“ bietet viel zu lachen, ohne die artistischen Glanzlichter zu
vergessen. Die Show trägt dem Gedanken von Regisseur Ralph Rechnung,
jeder Produktion ihr ganz eigenes Gesicht zu geben – hier: die „Latenight“-
oder Standup-Show -, ist aber im Vergleich der jüngsten Kreationen am
ehesten wieder ein klassisches Nummern-Programm mit Conférencier (was
nicht Kritik sein soll, sondern Beschreibung). Einfach mal reinzappen! |
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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Erber
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