Der langjährigen
Varieté-Chefin Gabriele Frenzel lag es nach eigenen Worten sehr am
Herzen, die letzte Show am angestammten Ort mit Topas zu machen. Der
Zauberkünstler und das Varietéteam seien durch eine lange Zusammenarbeit
und enge Freundschaft verbunden. Bereits 1996, zwei Jahre nach der
Eröffnung des heutigen Friedrichsbaus, führte Topas dort erstmals durch
eine Varieté-Produktion („Magische
Metamorphosen“), 2000 und 2005 war er der Conférencier weiterer Shows.
Und insgesamt sieben Mal zeigte er zwischen 2001 und 2013 jeweils im
Sommer seine eigenen Programme im Friedrichsbau. Kein Künstler stand
somit häufiger auf dieser Bühne, und wohl kaum ein anderer war und ist
hier beim Stammpublikum so beliebt. Nun führt er durch ein ganz
klassisches Nummernprogramm, in dem sich die Auftritte des zaubernden
Conférenciers, Gesang und artistische Darbietungen abwechseln, ohne dass
die Show ein übergeordnetes Thema hätte.

Abschied von der
Friedrichsbau-Rotunde im Herzen der City
Die Wehmut über den
Abschied von dem wunderbaren, kreisrunden Theatersaal in der Innenstadt
ist inzwischen wohl dem Optimismus und Tatendrang gewichen:
„Der Neubeginn auf
dem Pragsattel birgt so viele Chancen und Verbesserungsmöglichkeiten, so
dass wir voller Elan in die Zukunft blicken“, sagt Neu-Geschäftsführer
Timo Steinhauer. Dazu werden wohl eine erweiterte Gastronomie, die
Zusammenarbeit mit dem benachbarten Theaterhaus, das deutlich höhere
Bühnenportal oder auch eine flexible Bestuhlung, welche interessante
Gastspielproduktionen möglich macht, gehören. Die neu gegründete
gemeinnützige Theater-GmbH will sich wie schon bisher und mehr denn je
auch um die Nachwuchsförderung verdient machen.
  
Laura von Bongard, Luka Clayburn
Da passt es ins
Bild, dass von den sechs jungen Artisten in „Stars & Talents“ gleich
fünf ehemalige Schüler der Staatlichen Artistenschule in Berlin sind –
und es zeigt sich einmal mehr, dass viele Absolventen dieser in
Deutschland einmaligen Einrichtung erfolgreich am artistischen Markt
agieren. Ein hervorragendes Beispiel hierfür ist Laura von Bongard, die
sich mit ihrer Verbindung von artistischem Können und sinnlichem
Auftreten einen Namen gemacht hat. Bei ihren Antipodenspielen jongliert
sie auf ihrer dekorativen Polstermöbel-Trinka vollkommen fehlerfrei
sechs goldene Bälle mit Händen und Füßen, lässt diese auch links und
rechts von sich auf dem Boden aufdopsen und fängt sie wieder. Und trägt
dazu wenig mehr als nichts. Noch mehr Erotik bietet ihre neue Duo-Nummer
„cavea aurea“, die sie gemeinsam mit Luka Clayburn entwickelt hat und
vorführt. Während der Pause wird hierzu ein vier Meter hoher
„Vogelkäfig“ in der Mitte des Saales aufgebaut, in dessen Zentrum ein
Luftring hängt. Die zwei hübschen Artistinnen zeigen in schwarzer
Spitzenwäsche viele ungewöhnliche Posen im goldenen Käfig, demonstrieren
Kraft, Beweglichkeit und Balance. So hält Bongard ihre Partnerin hinter
dem Rücken mit den Händen in einem Genickhang. Die überaus erotische
Aufmachung ist hier das Sahnehäubchen und muss nicht etwa fehlendes
Können kaschieren.
  
Herr Benedict, Duo
Twinspin
Doch nicht nur
schöne Frauen, sondern auch muskelbepackte Männer hat dieses Programm zu
bieten. Danilo Marder zum Beispiel zeigt auf zwei hohen Stangen
hochkarätige Handstand-Equilibristik und mehrere Versionen der
menschlichen Flagge. Mit Kraft und Ausdauer lässt er sich im
Zeitlupentempo, auf seine Hände gestützt, vom Requisit herunter wieder
zum Boden gleiten. Martin Benedict Schepers alias „Herr Benedict“ gibt
einen Geschäftsmann, der morgens in der U-Bahn noch mal in den Schlaf
fällt. Die Halteschlaufen in der Bahn werden zu Strapaten, an denen er
seinen Gleichgewichtssinn demonstriert, sich auf- und abwickelt und
einen Genickhang zeigt. Geradezu ekstatisch kreiselt er später in seinem
zunächst mit LEDs beleuchteten Cyrrad über die Bühne, mit offenem Hemd
und unter großem Applaus. Benno Jacob war mit seinem früheren
Diabolo-Partner Johannes Dudek alias Duo „Golden Time“ auf dem besten
Weg vom „Talent“ zum „Star“, als sich die beiden trennten. Seit der
Absolventenshow 2013 der Berliner Artistenschule steht Jacob nun mit
seinem neuen Partner Lukas Stelter gemeinsam auf der Bühne. Das Duo
zeigt sich inzwischen perfekt aufeinander eingespielt, agiert sicher und
makellos. Wenn sie ihre Diabolos fliegen lassen und im letzten Moment
wieder fangen, wird diese Schlussnummer von fortwährendem Applaus und
Jubel begleitet.
  
Topas, Vanessa Tuna
Für zusätzlichen
Glamour in dieser Produktion sorgt Sängerin Vanessa Tuna mit mehreren
ihrer eigenen Popsongs. Die Deutsch-Türkin aus der Nähe von Stuttgart
feiert aktuell in den USA mit Chartplatzierungen in den Top 40 und
Ausstrahlungen in über 130 Radiostationen Erfolge. Den eigentlichen
roten Faden der Show bilden aber die Auftritte von Topas, der sowohl das
komische Fach als auch die Magie beherrscht. Wunderbar witzig ist
beispielsweise, wie er den ganz alltäglichen Kampf gegen die
fürchterlich rauschenden Mikros und Lautsprecher beim McDrive
nachspielt. In seinen Illusionen setzt er gerne auf lässiges
Understatement und kokettiert zunächst mit der scheinbaren
Durchschaubarkeit seiner Tricks – um dann mit einem völlig verblüffenden
Ende die Kinnladen reihenweise nach unten klappen zu lassen. Beim
letzten Auftritt etwa zaubert er Vanessa Tuna nur kurzfristig von einem
gläsernen Sessel ins Nichts. Gleich darauf entdecken wir sie, quel
malheur, gut sichtbar in der geräumigen Treppe unter dem Requisit.
Topas dagegen verschwindet tatsächlich, und taucht wenige Sekunden
später am anderen Ende des Saales wieder auf.
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