Die große Whitney
Houston ist das Vorbild von Vanessa Tuna, der Stuttgarter Sängerin mit
deutsch-türkischer Abstammung. Durch die viel zu früh verstorbene
Houston inspiriert, hat sich Tuna selbst auf den Weg ins Showbusiness
gemacht. Sie schreibt und komponiert eigene Musik, veröffentlichte 2013
ihr Debütalbum, schaffte es in den USA erfolgreich ins Radio und in die
unabhängigen Charts. In diesem Sommer hatte sie zudem Auftritte im
ZDF-Fernsehgarten. Bereits im Jahr 2014 war sie in der Produktion „Stars
and Talents“ des Friedrichsbau-Varietés zu sehen, der letzten am alten
Standort in der Innenstadt. Nun wurde ihr im Neubau auf dem Pragsattel
diese Show auf den Leib geschneidert.
  
Vanessa Tuna
Bei „All the man
that I need“ räkelt Tuna sich zwischen den Herren des
Friedrichsbau-Ensembles, mit „Step by Step“ sorgt sie für richtigen
Drive und bringt das Publikum zum Mitklatschen. Nach der Pause gibt sie
auf einer Showtreppe die glamouröse Diva zu „Queen of the night“; bei „I’m
your baby tonight“ zeigt sie sich hin- und hergerissen zwischen zwei
Männern. Ein wenig schade ist freilich, dass Tunas Gesang nicht von
einer Band, sondern nur vom Band begleitet wird. Von großem Mut zeugt
es, sich überhaupt an die Songs der Houston zu wagen. Schließlich galt
diese als „definitive Pop-Soul-Sängerin ihrer Generation“ (New York
Times), als „beste weibliche Stimme ihrer Zeit“ (Rolling Stone) oder
laut Medienurteil schlicht als „The Voice“. Tatsächlich wirkt Tunas
Gesang zwischendurch in den höheren Lagen etwas scharf. Doch im Laufe
des Premierenabends steigert sie sich immer weiter. Mit ihren letzten
Songs – „One Moment in Time“ und die Eigenkomposition „The Voice“ als
Hommage an Whitney Houston – überzeugt sie restlos. Und die Zugabe, „I
will always love you“ im Scheinwerferkegel, ist dann nur noch grandios.
  
"Two Guys - One
Club", Fabio Zimmermann, Andalousi Elakel
Doch natürlich hat
„One Moment in Time“ nicht nur Musik, sondern auch Artistik und Comedy
zu bieten. Hier wird erfreulicherweise wieder einmal jungen Künstlern
von der Berliner Artistenschule ein Podium geboten. Fabio Zimmermann
absolvierte bereits 2008 in Berlin, Carlos Zaspel wird dies erst im
nächsten Jahr tun. Schon jetzt haben die beiden als Duo „Two Guys – One
Club“ gemeinsam eine innovative und starke Darbietung kreiert. Wie der
Name schon sagt, jonglieren hier zwei Jungs mit einer einzigen Keule.
Klingt kurios, ist aber eine gelungene Mischung aus Akrobatik und
tänzerischen Elementen. So balanciert Fabio Zimmermann beispielsweise
die Keule auf seinem Kopf, während Carlos Zaspel auf ihn zustürmt.
Zaspel schlägt einen Rückwärtssalto, stößt sich mit einem Fuß von
Zimmermanns Schulter ab und kickt ihm die Keule vom Kopf. Diese wird von
Zimmermann gefangen. In seiner zweiten Darbietung beweist Fabio
Zimmermann, dass er auch das herkömmliche Jonglieren einwandfrei
beherrscht, hier mit bis zu fünf Keulen. Andalousi Elakel war vor zwei
Jahren Absolvent der Artistenschule und hat sich seitdem noch deutlich
gesteigert. Genauso ausdrucks- wie leistungsstark zelebriert er seine
Handstände auf dem roten Sessel, darunter viele exquisite Einarmer.
  
Elizabeth Williams, Kilian
Caso
Bei der Nummer von
Elizabeth Williams und Howard Katz wirkt es gerade so, als wollten die
Stuttgarter Varieté-Macher rund um Regisseur Ralph Sun beweisen, wie
enorm groß und hoch die Bühne ist. In der experimentellen Darbietung „Counter-Weight“
(„Gegengewicht) wird ein langes Seil über eine Flaschenzug-Konstruktion
am oberen Ende des Bühnenportals geführt. Wenn Howard Katz kraftvoll an
seinem Ende des Seils zieht, wird seine Partnerin am anderen Ende in die
Höhe gezogen. Flink erklimmt Howard Katz eine Leiter und springt zum
Boden zurück, das Seil in der Hand. So kann er seine Partnerin noch
weiter hinauf ziehen. Diese hängt in einer Schlaufe des Seils und
präsentiert eine Mischung aus ekstatischem Tanz, Drehungen, Wendungen
und Abfallern. Ihr Partner singt dazu live. Später bewegen sich beide am
Seil abwechselnd hinauf und hinab – ein Bild wie eine Spielfilmszene aus
einem alten Glockenturm. Gleichwohl bleibt der Eindruck, dass man auf
den echten Höhepunkt dieser grundsätzlich interessanten Darbietung
wartet. Im zweiten Programmteil überzeugt Elizabeth Williams mit einer
Luftakrobatik an Ketten, die ebenfalls von Livegesang ihres Partners
begleitet wird. Mit zwei starken Darbietungen werden die beiden
Programmteile beschlossen. Kilian Caso zeigt vor der Pause auf dem
Drahtseil Flic Flac sowie Vorwärts- und Rückwärtssalto und damit die
höchsten Schwierigkeitsgrade des Genres.
  
Gregor Wollny, Duo Leya
Für den Abschluss
der Show sorgt später das Duo Leya, Yana und Elena aus der Ukraine, mit
seiner Duo-Kontorsion. Gemeinsam und im Wechsel, nebeneinander und
aufeinander werden schwierigste Bewegungsabläufe zelebriert. Dafür gibt
es einen Applaus, der alle vorherigen Publikumsreaktionen dieses Abends
in den Schatten stellt. Ein Glanzpunkt der Produktion „One Moment in
Time“ ist natürlich auch Komiker Gregor Wollny. Bereits im ersten
Auftritt sorgt er mit seiner „Magiie“ für beste Laune. Da zieht er sich
scheinbar ein Tuch vom einen durchs andere Ohr, verkettet Kleiderbügel
auf „fast“ undurchschaubare Weise oder präsentiert die „zersägte
Jungfrau“ im Barbie-Format. Wenig mehr als nichts, nämlich nur einen
handelsüblichen Zollstock, benötigt Gregor Wollny, um eine Giraffe,
einen Hund, die Mona Lisa und anderes mehr erscheinen zu lassen. In
seinem dritten Auftritt versucht er sich als Seiltänzer und produziert
mit dem Atem der Nase Seifenblasen. |