Bei unserem Besuch befindet sich rund um das Theatergebäude eine
Baustelle. Die Durovs expandieren. Eine neue Spielstätte wird
errichtet. Diese soll dann eine richtige Rundmanege beherbergen.
Aktuell wird in einem klassischen Theaterbau gespielt. Die Bühne
befindet sich frontal vor dem in einem Bogen angeordneten
Auditorium. Sie ist vorne abgerundet.

Blick in den Zuschauerraum
Angegliedert ist ein Museum, das herrlich verstaubt wirkt. Hier
finden sich ausgestopfte Tiere, Plakate und Requisiten aus der
Geschichte des Hauses. Wie etwa der Modellzug, in dem Vladimir Durov
die verschiedensten Tierarten mitfahren ließ. Besonders beeindrucken
uns Exponate und Geschichte zu einem Schimpansen, der bei der
Familie Durov lebte. Wie uns bei einer kurzen Führung erläutert
wird, konnte das Tier selbständig den Telefonhörer abnehmen und den
an der Stimme erkannten Anrufer mit Namen ansprechen. Wenn Frau
Durov anrief, sagte er „Mama“, war ihr Mann am anderen Ende der
Leitung, sagte der Affe „Papa“.

Aschenputtel mit König
und Prinz
Ganz so verblüffend sind die Tricks der Tiere nicht, die wir in der
aktuellen Produktion erleben. Dafür werden wir mit einer Fülle
unterschiedlicher Tierarten verwöhnt. Eingebettet sind die
Vorführungen in das Märchen Aschenputtel. Eine große Anzahl an
professionellen Schauspielern stellt die verschiedenen Figuren dar.
Die Kostüme sind prächtig gestaltet und sehr traditionell gehalten.
Ein wenig wie in den Märchenfilmen der DDR. Zudem gibt es für die
einzelnen Szenen passende Bühnenbilder. Mal lockern die Tiernummern
die Handlung auf, mal werden sie direkt in das Schauspiel
einbezogen.

Waschbär
So
wie gleich zu Beginn. Da gesellt sich ein Esel zu Aschenputtel in
die Küche und treibt allerlei Schabernack mit ihr. Er nimmt ihr etwa
das Buch aus der Hand, welches sie gerade lesen will. Ungeheuer
putzig ist der Waschbär, welcher aus einem Miniaturhaus kommt und in
einem kleinen Zuber ein Stück Stoff wäscht. Eine Fee lässt zwei
Katzen über einen Balken balancieren. Sodann springen unter ihrer
Anleitung mehrere Füchse über Hindernisse oder beweisen an einer
Rolle ihre Geschicklichkeit. In einer kleinen Freiheitsdressur
dirigiert die Aschenputtel-Darstellerin zwei Ponys auf der Bühne.

Nilpferd
Es
folgt eine große Szene mit vielen Mitwirkenden am Hof, in der
Aschenputtel bei einem ausschweifenden Fest auf ihren Prinzen
trifft. Zur Unterhaltung der Königsfamilie und ihrer Gäste wird eine
Ziegendressur geboten. Vor der Pause werden wir in eine Fabelwelt
entführt, in die Aschenputtel und ihr Prinz abtauchen. Im UV-Licht
spaziert zunächst ein Hirsch umher. Er hat ein mit fluoreszierenden
Farben bemaltes Geweih. Ein Stachelschwein läuft unter Begleitung
eines Fabelwesens eine Runde auf der Bühnenumrandung. Tauben zeigen
bekannte Tricks, wie das Laufen auf einer sich drehenden Diskokugel.
Ein kleiner Affe beeindruckt, wenn er im Handstand eine Treppe
hinaufläuft und Ringe auffängt, die ihm sein Trainer zuwirft. Sogar
ein ausgewachsenes Nilpferd begegnet uns in diesem zauberhaften
Reich. Beschlossen wird der Ausflug dorthin mit drei Pelikanen.
Einer der beeindruckenden Vögel balanciert auf einer Kugel, ein
anderer fliegt ein kurzes Stück.

Tigerdressur
Als sich der Vorhang für den zweiten Teil öffnet, blicken wir auf
einen Raubtierkäfig mit zugehörigen Podesten. Ein Paar führt darin
drei Tiger vor. Die Tatsache, dass in diesem Rahmen Raubtiere
gezeigt werden, verblüfft deutlich mehr als die Vorführung an sich.
Die Präsentation ist recht antiquiert, die Tricks sind durchaus
sehenswert. Wenn die aus dem Märchen bekannte Suche nach der
richtigen Besitzerin des verlorenen Schuhs weitergegangen ist, zeigt
ein Seelöwe sein Können. Er balanciert verschiedene Bälle auf seiner
Schnauze, am Ende sogar den Schuh. Noch nie gesehen habe ich, wie
eine Robbe Seifenblasen macht. Das Mitglied von Durovs Tiertheater
beherrscht dieses Kunststück. Nachdem noch einmal eine Ziege
aufgetreten ist, machen wir Bekanntschaft mit einem Wolfshund.
Dieser wird von der Aschenputtel-Darstellerin unter anderem zum
Springen durch einen Reifen animiert.

Pudeldressur von Natalia Durova
Nachdem weitere Kandidatinnen nicht die zu dem gefundenen Schuh
passenden Füße vorweisen können, bringt ein Jäger Aschenputtel mit
aus dem Wald. Doch er hat nicht nur die blonde Protagonistin dabei,
sondern auch einen Bären. Dieser kann einen Ball fangen und einen
Reifen um seinen Hals kreisen lassen. Zum Kompliment beugt er sich
besonders tief nach unten. Vier weiße Pudel hören auf die Kommandos
von Natalia Durova. Sie ist die Tochter von Yuri Durov, dem aktuelle
Direktor des Theaters. Ihn erleben wir direkt im Anschluss mit einem
indischen Elefanten. Nachdem er verschiedene Tricks auf einem Podest
gearbeitet hat, schießt er zur Freude der Kinder bunte Bälle ins
Publikum. Dann wird Hochzeit gefeiert, will heißen in einem großen
Finale verabschieden sich die Mitwirkenden der Show von ihren
Zuschauern. Die besteht an diesem Freitagmittag aus Eltern mit
Kindern sowie Großeltern mit Enkeln. Keine Frage, Durovs Tiertheater
ist eine Institution mit Geschichte. Sie scheint ein wenig aus der
Zeit gefallen zu sein. Es ist einfach schön zu sehen, dass hier ein
traditionelles Unterhaltungsangebot gepflegt wird. Für uns
jedenfalls war der Besuch ein einzigartiges Erlebnis. |