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Mainz,
9. Februar 2004:
Angefangen
hat alles in der Jonglage-AG im Waldorfinternat. Dort,
erzählt der 22jährige Benjamin Pfund, begann seine
Leidenschaft für Jonglage im Speziellen und Artistik im
Allgemeinen. Anfangs beschäftigte er sich fast
ausschließlich mit Jonglage und fand beim kleinen Circus
Mendes in Valentino Biorac einen großen Förderer. Mit
ihm hat Pfund in den Ferien jede freie Minute trainiert.
Schnell reifte Benjamins Entschluss auf die
Artistenschule zu gehen. Nach bestandener
Aufnahmeprüfung an der staatlichen Schule für Ballet
und Circuskünste in Berlin begann er dort 1998 eine
dreieinhalbjährige Ausbildung. Auf dem Stundenplan
standen neben den artistischen Fächern wie Trapez,
Drahtseil, Handstand und Bodenturnen auch gewöhnliche
Schulfächer und somit am Ende der Ausbildung auch die
Fachholschulreife. |
Nach
einem Jahr, erzählt der in Marbach am Neckar
aufgewachsene Pfund, stand die Vorspezialisierung auf dem
Plan. Eher widerwillig wählte er auf Anraten seiner
Lehrer seine Paradedisziplin Jonglage. Er
persönlich hätte Equilibristik favorisiert,
da Pfunds artistischer Traum schon damals eine Hand
auf Hand Nummer war. Neben der Schule trainierte er
deshalb mit Mario Delong vom Goldmenschenduo
Lametta Handstände bis die Hände
bluteten. Seit Dezember 2003 ist er bei Manege in
einer Solo-Equilibristik zu sehen. Ganz
zufrieden ist Pfund mit der an einen Coke
light-Spot angelehnten Nummer noch nicht. Vor allem
technisch könne er noch viel mehr zeigen. Außerdem
präsentiert Benni bei Manege eine
Kistenillusion mit Dalmatinern statt Tigern.
Die Nummer hat er nach der Sommerpause ohne
Schwierigkeiten übernommen. Bei Großillusionen
funktioniere sowieso alles nach dem Motto: Tür
auf, Tür zu.
   
Obwohl
Benjamin Pfund einer von privat ist und er
zugeben muss, dass man sich auf Tour ab und an schon
ziemlich einsam fühle, kann er sich ein Leben ohne das
ständige umherreisen nicht vorstellen. Reisen ist
für mich eine Droge, erklärt der sympathische
Artist. Er könne es nie lange an einem Ort aushalten. Er
liebe es alle zwei Wochen in einer neuen Stadt vor neuem
Publikum praktisch von neuem zu beginnen. Zwei
Wochen Mainz sind da eigentlich schon zu viel.
Meine Nachfrage, ob das vielleicht auch nur an Mainz
liege, lässt er vielsagend lächelnd unbeantwortet.
Problematisch sei das Circusleben dagegen im Bezug auf
den Umgang mit staatlichen Institutionen wie dem
Arbeitsamt oder der Künstlersozialkasse. Außerdem sei
man als Artist extrem abhängig von seinem Körper.
Vielseitigkeit sei deshalb unabdingbar und so zählen zu
Bennis Steckenpferden Comedy und Zeichnen. Seine Familie, gibt Pfund zu,
war zunächst strikt gegen seine Artistenambitionen. Nur seine Mutter
stand immer hinter ihm. Vor allem seine Oma und sein Vater konnten den
außergewöhnlichen Berufswunsch nicht verstehen. |
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Die
Frage: Woher aber kam dann der innere Drang die
Welt zu entdecken, wo doch offensichtlich niemand in
meiner Familie damit etwas anfangen konnte?, ließ
Benjamin Pfund keine Ruhe. Erst als er vor zwei Jahren
vom bewegten Leben seines Großvaters erfuhr, sah er
klarer. Auch sein Opa war offen fürs
Rumziehen und hat unter anderem mit Katherina
Valente im alten Friedrichsbau zusammen gearbeitet.
Mittlerweile, erzählt Pfund, ist
Großvater meine große Kraftquelle: Wenn es mal wieder
ganz hart kommt, überlege ich, was er in meiner
Situation wohl gemacht hätte. Darüber
hinaus ist sich Benni aber sicher: Wenn man mit
Herz und Seele hinter dem steht, was man macht, ist man
auch erfolgreich. Bei Manege ist Benjamin Pfund
seit Dezember 2002. Vorher arbeitete er lange Zeit in
Amerika, auf Galas und trat im Berliner
Chamäleon auf. Zirkusluft schnupperte er
unter anderem beim 5. Gelsenkirchener Weihnachtscircus.
Um Langeweile zu vermeiden schreckt Benni vor keiner
verrückten Idee zurück. So hält er zum Beispiel mit
neun Ringen den Weltrekord im stehend auf einer
Leiter-Jonglieren und wagt zu Promozwecken für
seinen Arbeitgeber "Manege" den Handstand auf
den Zeltmasten. Ab und an sei ein solcher
Kick einfach nötig. |
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Text und Fotos:
Sven Rindfleisch
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