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Circus Madagascar - Crailsheim 2021
Circus Madagscar auf Facebook ; 83 Showfotos

Crailsheim, 2. September 2021: Crailsheim, im Nordosten Baden-Württembergs gelegen, ist für die Familie von Wolfgang und Ramona Frank zur Heimat geworden. Dort haben die Franks bereits 15 Mal ihren Weihnachtscircus gespielt, dort sind die vier Kinder in den Wintermonaten zur Schule gegangen, immer in die gleichen Klassen, und haben Freunde gefunden. Seit einigen Jahren ist dieser Familienzweig nicht mehr mit dem Circus Alberti unterwegs, sondern hat ein eigenes Unternehmen gegründet, den Circus Madagascar. Dessen Programm wurde nun zum „1. Crailsheimer Sommercircus“ aufgewertet.

Hierzu wurde auf dem bekannten Circusplatz am Roßfelder Kreisel nicht der ansonsten genutzte rote Zweimaster, sondern ein großes, blau-gelbes Viermastzelt mit klassischen Sturmstangen aufgebaut. Vor allem jedoch haben die Franks zur Verstärkung ein etabliertes Artistenpaar engagiert, Diabolospieler Anton Tarbeev und seine Ehefrau, die Antipodistin Katrina Markevich. Beide sind insbesondere durch ihr mehrjähriges Engagement im Großen Russischen Staatscircus der Familie Smitt bekannt geworden.


Zeltanlagen auf dem Circusplatz am Roßfelder Kreisel

Davon abgesehen wird das Programm von der Familie Frank bestritten: Vater Wolfgang moderiert wortgewandt und gut gelaunt. Er gibt auch den – mal mehr, mal minder – seriösen Part bei der Clownerie und begleitet die Vorstellung mit wirklich schmissiger Livemusik an der Orgel. Am Schlagzeug wechseln sich die beiden älteren Söhne Leonardo und Samuel ab – je nachdem, wer von beiden gerade in der Manege auftritt oder als Requisiteur den Teppich ein- oder ausrollt. Die Wechsel sind mitunter fliegend, so wie es für Familiencircusse prägend ist. Ansonsten sind die Rollen klar verteilt: Leonardo führt die Tiernummern vor, Samuel zeigt sein artistisches Können, der jüngste Bruder Jesse gibt mit Feuereifer den Clown „Spaghetti“, und Schwester Selina hat sich auf die Hula-Hoop-Reifen spezialisiert. Mutter Ramona hat vor dieser gut besuchten Vorstellung nicht nur an der Kasse viel zu tun, sondern steht auch mit einer Entendressur in der Manege.


Jesse, Wolfgang, Samuel und Leonardo Frank

Doch der Reihe nach. Zu Beginn der Vorstellung schminkt sich Jesse Frank am Tisch in der Manegenmitte zum Clown, begleitet vom gefühlvollen Song „Zirkustraum“ von den Höhnern mit Helene Fischer. Nach diesem romantischen Auftakt wird es gleich wieder fröhlich, wenn Pinguin und Löwe – wie aus dem Zeichentrickfilm „Madagascar“ entsprungen – die Manege stürmen und Wolfgang Frank zu einem Circusmarsch das Publikum begrüßt. Dabei spricht er auch über die entbehrungsreichen neun Monate, in denen die Pandemie keine Vorstellungen erlaubte. Für den artistischen Auftakt sorgt Samuel Frank mit seinen Jonglagen. Jeweils sechs Bälle und Ringen sowie drei Keulen und Fackeln sind seine Requisiten. Die sechs Ringe werden kurz auf die Reise durch die Luft geschickt und dann – mit dem Kopf hindurch – auf die Schultern abgelegt. In rasantem Tempo absolvieren die drei Ponys des Circus Madagascar ihre Lauffiguren unter der Anleitung von Leonardo Frank. Sie steigen mit den Vorderbeinen auf die Manegenkästen, springen über Hürden, und eines von ihnen verabschiedet sich als Steiger.


Selina, Wolfgang, Jesse und Leonardo Frank, Katrina Markevich

Klassiker der Clownerie greift Spaghetti auf, der zunächst keine Eintrittskarte vorweisen kann und dann als Kunstreiter engagiert werden möchte. Träumt er selbst von einem stolzen „schwarzen Schimmel“, muss er sein reiterisches Können zunächst auf einem Esel beweisen. Dumm nur, dass das Tier offenkundig „kaputt“ ist, denn der Kopf fehlt ja, stellt Spaghetti fest, mit Blickrichtung Schweif auf dem Übungsobjekt sitzend. Vom „Dear Future Husband“ träumend, so jedenfalls die poppige Musikbegleitung, lässt Selina Frank die Hula-Hoop-Reifen kreisen. Mit vielen Wortspielen zelebrieren Vater und Sohn Frank das „Musizieren ist hier verboten“. Eine äußerst elegante Erscheinung ist Katrina Markevich. Schwarz-weiß ist ihr Kostüm, schwarz-weiß sind die Teppiche, die sie bei ihren Antipodenspielen kreisen lässt. So bewegt sie zwei davon mit den Füßen und jongliert dabei drei Bälle mit den Händen. Nachdem Corona viel Zeit zum Trainieren ließ, hat sie zwei neue Tricks ins Repertoire aufgenommen: zum einen bewegt sie einen Tisch mit den Füßen, zum anderen eine lange Stange mit zwei aufgespannten Regenschirmen an den Enden. Bei letzterem Kunststück jongliert sie auch noch zwei Teppiche mit den Händen. Mit dieser starken Leistung geht es in die Pause. Diese bietet die Gelegenheit, die kleine Tierschau kostenlos zu besuchen – ein Angebot, welches nahezu alle Besucherinnen und Besucher gerne wahrnehmen.


Samuel, Leonardo, Wolfgang und Jesse Frank 

Teil zwei beginnt mit Samuel Franks Balancen auf einem Turm aus vier Gläsern und drei Stühlen, untermalt von dramatischer Musik. Höher hinaus geht es im Circus Madagascar nicht, denn eine Luftnummer gehört nicht zum Repertoire. Eine ungewöhnliche Variante eines „Groß und Klein“ hat Leonardo Frank zusammengestellt, wenn er Kamel Ali gemeinsam mit einem Pony in die Manege bringt. Gemeinsam drehen sich beide Tiere, ehe schließlich das kleine unter dem großen hindurchläuft. Alkoholfrei, aber voller Spielfreude ist die Variante des „Bienchens“, mit der Jesse, Samuel und Wolfgang Frank nicht nur die Kinder vor Vergnügen kreischen, sondern auch die Erwachsenen herzlich lachen lassen – zumal es den Akteuren selbst nicht gelingt, ernst zu bleiben. Ein wirklich amüsanter Spaß.


Ramona Frank, Samuel Frank, Katrina Markevich und Anton Tarbeev

Augenzwinkernd wird daraufhin die große „Raubtiershow“ angekündigt, die sich als die Vorführung von vier gelehrigen Laufenten durch Ramona Frank entpuppt. Wegen eines Defekts an seinem Einrad, der aber in Kürze behoben wird, kann Anton Tarbeev in der besuchten Vorstellung nicht sein gesamtes Repertoire zeigen. Und doch ist es eindrucksvoll, wie er alleine oder gemeinsam mit Ehefrau Katrina bis zu drei Diabolos fliegen lässt. Zum Abschluss stapelt er auf seinem Kopf fünf Diabolos und vier Verbindungsstifte, die er sich nacheinander zuwirft. Quasi eine Variation übers Thema „Musizieren ist hier verboten“ erleben wir, wenn Pinguin und Löwe in der Manege tanzen möchten, aber Ramona Frank den CD-Player in der Mülltonne entsorgt. Für die Schlussnummer sorgt aber keiner der engagierten Artisten, sondern Samuel Frank auf der Rola Rola. Darauf jongliert er mit Bällen, lässt ein Lasso kreisen, dreht sich auf einem Ball balancierend um die eigene Achse und zwängt sich durch zwei Ringe. Fürs Finale verwandelt sich Clown Spaghetti in Elvis Presley. Zu seinem Playback-Gesang tanzend verabschiedet sich das sympathische Ensemble nach einem vergnüglichen Circusnachmittag. Bleibt zu hoffen, dass die Familie Frank im kommenden Winter planmäßig ihren 16. Crailsheimer Weihnachtscircus präsentieren kann - wir sind gerne wieder dabei.

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Text und Foto: Markus Moll