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Ohlala - sexy crazy artistic 2019
www.circusohlala.ch ; 112 Showfotos

Dübendorf, 15. September 2019: „Ohlala – SEXY – CRAZY – ARTISTIC“ hat sich um 90 Grad gedreht. Freilich nur, was den Aufbau auf dem Gelände des Militärflughafens Dübendorf betrifft. Bei der neunten Ausgabe der Erotikshow von Gregory Knie ist die Fassade endlich zum Parkplatz hin ausgerichtet. Der Besucher läuft auf den Circus zu anstatt zunächst seitlich an ihm vorbei. Das wirkt gleich noch pompöser und einladender. Die Fassade hat eine neue Gestaltung mit dem aktuellen Showmotiv erhalten, rechts vom Eingang findet sich nun eine überdachte Bar im Freien.

Im großzügigen Foyerzelt und den angrenzenden Dinnerzelten wurde das hochwertige, edel-düstere Nachtclub-Ambiente beibehalten. Allerdings ist der Toilettenbereich nun direkt ans Foyer angeschlossen. Niemand muss mehr zurück nach draußen. Im innen mastenfreien Chapiteau erwarten uns die bekannte Atmosphäre und das bewährte Grundkonzept. Zu den festen Zutaten gehören akrobatische Nummern, gerne im lasziven Gewand, ein sexy aufgemachtes Ballett, stets auch mit einer Bodypainting-Einlage, moderne Live-Musik mit Sängerin sowie Comedy. Beim Licht würde man sich etwas weniger sündige Düsterheit wünschen, schlicht um das Geschehen besser zu sehen. Es dürfte keinen anderen Ort auf der Welt geben, an dem nunmehr in der 9. Saison Jahr für Jahr ein neues, erotisch aufgemachtes Circusprogramm geboten wird. Das ist auch die große Herausforderung: dem Sinnlichen immer wieder neue Seiten abzugewinnen, sich nicht zu wiederholen. Zum Beispiel durch eine neue Geschichte oder ein spezielles Thema.


Reuben Kaye

Beides gibt es in der aktuellen Show „Destiny“ („Schicksal“) nicht. Sie stellt vielmehr eine schillernde Persönlichkeit in den Mittelpunkt. Den Briten Reuben Kaye, der uns durch den Abend führt. Ihn förmlich dominiert. Reuben Kaye ist riesengroß auf seinen Highheels. Er ist männlich mit seinem dichten Brusthaar. Er ist weiblich mit Lippenstift und endlos langen Wimpern. Er ist jederzeit so präsent, dass seine Aura das Spielzelt vollkommen ausfüllt. Er kann großartig singen, er kann tanzen, und er kann unaufgeregt die schamlosesten, obzönsten Dinge sagen, die man sich vorstellen kann. Durchweg auf Englisch übrigens. „And now go home and fuck like rabbits“, gibt er dem Publikum am Ende mit auf den Weg. Er zelebriert seine Homosexualität und geht gerne auf Tuchfühlung mit ausgewählten Herren im Publikum. Gesicht an Gesicht singt er, minutenlang. Reuben Kaye ist absolut grandios. Wir haben Tränen gelacht. Er ist der Bestandteil, durch den diese Show gar nicht scheitern kann.


Ballett 

Nach der Begrüßung durch Gregory Knie eröffnet Reuben Kaye die Show, verspricht Sex, Sinnlichkeit und Alkohol. Das Ballett hat seinen ersten Auftritt. Die jeweils vier attraktiven Damen und Herren zeigen sich in noch relativ züchtigen Outfits mit roten Jacketts. Wenig später erleben wir die vier Damen in einer weiteren Tanznummer, nunmehr in aufreizender Wäsche „oben ohne“. Begleitet werden sie von der israelischen Sängerin Michal Shapira mit ihrer starken Stimme. Damit wertet sie ebenso die meisten artistischen Nummern auf. Im zweiten Programmteil kommen auch die vier männlichen Tänzer zu ihrem eigenen Auftritt. Cool, modern und natürlich betont körperlich wird hier Hip Hop aufs Parkett gelegt wie in einem Videoclip. Sämtliche Ballettnummern wurden vom spanischen Starchoreographen Fidel Buika in Szene gesetzt.


Sven Böker, Nick Beyeler, Carlos Zaspel 

Der Schweizer Nick Beyeler ist ehemaliger Weltmeister der Sport-Aerobic, stand als Akrobat mit Helene Fischer auf der Bühne und war lange bei Soleil engagiert. Nun zeigt er hier Luftakrobatik in einem transparenten Plastik-Schlauch. Nur mit einer Badehose bekleidet, klettert er mehrfach im Inneren der Röhre nach oben, lässt sich kopfüber nach unten gleiten oder fallen. Schließlich verlässt er das Requisit am oberen Ende und rutscht an der Außenseite zum Boden. Eine interessante, so noch nicht gesehene Nummer. Wir besuchen eine Vorstellung noch vor der offiziellen Premiere. In der sich zeigt, dass live eben live ist, mit allen Möglichkeiten des Ge- und Misslingens, ohne doppelten Boden. Denn nach der Luftnummer streikt der Motor. Das Requisit lässt sich zunächst nicht abbauen. Reuben Kaye lässt sich davon nicht aus der Ruhe bringen, plaudert souverän, kündigt an, seinen Song aus dem zweiten Programmteil vorzuziehen. Dann geht es doch weiter. Die beiden anderen Luftnummern, die Strapaten-Akrobatik von Yammel Rodriguez sowie der Zopfhang von Danila Bim, müssen aufgrund des defekten Motors entfallen. Dafür zeigt Carlos Zaspel spontan eine zusätzliche Nummer. Er springt mit einer flexiblen Stange über die Bühne, dreht damit Pirouetten, schlägt Salti, nutzt das Requisit als Absprungbasis. Für einen ruhigeren Moment sorgt Sven Böker mit seinem Hand- und Sandstand. Seine beeindruckenden, äußerst sorgfältig ausgeführten Handstände lassen seine hohe Beweglichkeit erkennen. Zwischen den Passagen lässt er sinnlich Sand durch seine Hände rieseln. Der Absolvent der Berliner Artistenschule wurde als Teil des Duos „Vanessa und Sven“ bekannt. Nachdem seine Partnerin ein Medizinstudium begonnen hat, tritt er nun vorwiegend als Solist auf.


Yulia Rasshivkina, "Das letzte Abendmahl", Mario Espanol 

Allein auf der Bühne steht auch Yulia Rasshivkina. Und erreicht damit alle, reißt jedes Publikum mit. Die Ausstrahlung der Russin ist phänomenal. Ihre Hula-Hoop-Nummer im Marilyn-Monroe-Look ist für Ohlala wie gemacht. Der Schlusstrick mit brennenden Reifen entfällt, weil der schützende Haargummi reißt. Die Requisiten werden wieder fortgetragen. Live ist eben live. Ein Maximum an Provokation wird mit der Tanznummer kurz vor der Pause erreicht. Hier spielt das Ensemble das Bild „Das letzte Abendmahl“ nach. Doch an dieser Tafel endet die biblische Szene in einer sündigen Orgie, mit höchst eindeutigen Bewegungen des Balletts, mit fluoreszierenden Body-Painting-Spielen in der Dunkelheit, mit Laserlicht und Deko-Spanferkel. Die eigentliche Pausennummer gehört Mario Espanol. In einer wassergefüllten Badewanne und auf ihrem Rand zeigt er Handstände – kraftvoll, energiegeladen, dynamisch.


Duo Vitaliy, Carlos Zaspel und Mario Espanol 

Mit ihrer Partnerakrobatik begeistern die Russin Ekaterina Zagorskaya und ihr französcher Partner Julien Chaninet aus Lyon alias Duo Vitaliy. Sympathisch und strahlend werden schwierige Tricks zelebriert. Oftmals übernimmt sie dabei die tragende Rolle. Die leistungsstarke, kraftvolle Duo-Nummer am Chinesischen Mast von Carlos Zaspel und Mario Espanol bildet den Abschluss. Spektakulär sind vor allem die Tricks, bei denen sie die Plätze am Requisit wechseln.

Trotz der Pannen an diesem Abend gefällt auch die neunte Ausgabe von „Ohlala“. Mit dem Engagement von Reuben Kaye hat Gregory Knie gewagt und gewonnen. Im Herbst 2020 wird diese Projekt bereits sein 10-jähriges Bestehen feiern – und weiter sein spezielles Publikum anziehen, amüsierwillige und zahlungskräftige Erwachsene, die man sonst eher in Zürcher Clubs als im Circuszelt treffen würde.

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Text: Markus Moll, Fotos: Tobias Moll