Gemeinsam ist den meisten
Kreativen, die mit der Schöpfung der Monti-Programme beauftragt
werden, eine Verbindung zur Theaterschule Dimitri in Verscio.
Dies gilt auch für den Regisseur dieses Programms, Christian
Vetsch. Er war 2003 Clown bei Monti und besuchte danach die
Dimitri-Schule, um sich zum Bewegungsschauspieler ausbilden zu
lassen. Ihm zur Seite stand Sabine Schindler als Choreographin.
Das Konzept für „Villa Monti“ entwickelten beide gemeinsam. Die
Zürcher Künstler inszenieren erstmals für Monti.

Neues Chapiteau
Ein Trio von Kostümbildnerinnen
(Rita Bieri, Regina Staiger und Bettina Steiner) sowie
Lichtgestalter Christoph Siegenthaler und Komponist Thierry
Epiney vervollständigen das Kreativteam. Ein sechsköpfiges
Orchester spielt seine schwungvollen Melodien. Der Circus Monti
ist zum vierten Mal nicht mehr acht, sondern nur noch
dreieinhalb Monate lang in der Deutschschweiz unterwegs. Dennoch
wird keinesfalls weniger Aufwand in die Kreation der Programme
gesteckt. Wiederum zwei Monate lang dauerten die Proben im
Winterquartier in Wohlen. Dabei wurden die Einzeldarbietungen
mit vielen kreativen Einfällen zum Gesamtkunstwerk verbunden. Die
Monti-typische Sorgfalt und Professionalität lässt sich beim
Durchblättern des hochwertigen Programmhefts mit seinen
wunderbaren Fotografien haptisch spüren. Und schließlich zeugt
das neue 30-Meter-Chapiteau vom unbedingten Willen zur Qualität.
Dank seinen außen liegenden Bogenmasten bietet es im Inneren
beste Sicht von allen 780 Plätzen und einen unzerteilten Raum
wie im Theatersaal. Ein großer Holzbogen mit Aufgängen links und
rechts ist das wesentliche Element des Bühnenbilds. Er erinnert
an eine große Freitreppe in einer herrschaftlichen Villa.
Darunter ist ein gemütliches Wohnzimmer eingerichtet.
 
Eve Diamond, Mario Muntwyler und Willem McGowan, Florian Vuille
Die Villa Monti wird von einem
bunten Völkchen bewohnt, dem Artistenensemble der aktuellen
Produktion. „Wer über die Türschwelle tritt, kann seine
Passionen, Träume und Wünsche freisetzen, wird sein wahres Ich
finden und all das tun, was bisher undenkbar erschien“, heißt es
im Programmheft. Und so wagt sich Eve Diamond gleich zu Beginn
ans Schwungseil, geht mit Pirouetten, Abfallern und Überschlägen
an ihre Grenzen. Mit Florian Vuille wurde ein wunderbarer,
moderner Clown gefunden. Er gibt den tollpatschigen
Neuankömmling mit markantem Riesenschal, dem erst einmal die
außergewöhnliche Villa gezeigt wird. Das herabhängende Trapez
versucht er via daran gelehnter Leiter zu erreichen. Bald kommt
es zu einer Serie von Missgeschicken. Erst flutscht eines der
Seile des Trapezes aus der Aufhängung. Dann gerät beim
Reparaturversuch die Trapezstange zwischen die Sprossen der
Leiter. Folglich hängt der Komiker recht hilflos in der Luft. Es
geht zunächst weder auf noch ab. Ein herrlicher, origineller
Spaß. Der mittlere der drei Muntwyler-Söhne, Mario, ist ein
hervorragender Jongleur. In Willem Mc Gowan hat er einen neuen
Manegenpartner für diese Saison gefunden. Mit jeweils nur einer
Hand halten sie gemeinsam fünf Keulen in der Luft. Und kurz
darauf zehn Stück, dann wieder klassisch mit vier Händen. Großer
Applaus ist der Lohn.
  
Florian Jeannot, Florian Vuille
mit Johannes Muntwyler und Armelle Fouqueray, Veera Kaijanen
Armelle Fouqueray, die
langjährige Lebensgefährtin von Direktor Johannes Muntwyler, ist
nach dreijähriger Pause in die Manege zurückgekehrt. Wir erleben
sie zunächst in einer amüsanten Zaubernummer, bei der Gläser und
Flaschen wie von Geisterhand die Plätze tauschen. Ihr Partner
Johannes Muntwyler steht im Mittelpunkt der witzigen
Großillusion vor der Pause, bei der sein Kopf und seine Arme
scheinbar in die unmöglichsten Positionen auseinanderbewegt und
verdreht werden. Doch zuvor zeigt Florian Jeannot noch seine
kraftvollen Hand- und Kopfstände. Scheinbar vollkommen erschöpft
fällt er danach krachend auf den Rücken und schleppt sich zum
Wohnzimmersofa. Als elegante Seiltänzerin erleben wir Veera
Kaijanen. Nach allerlei Tricks bis zum Spagat reichen ihr die
Ensemble-Kollegen verschiedenste Schuhe. Sie entscheidet sich
für die Ballettschuhe und läuft auf Spitzen übers Seil.
  
Florian Jeannot,
Ensemblenummer, Renato Dias
Der zweite Programmteil beginnt
mit der zweiten wunderbaren Komödie von Clown Florian Vuille.
Das ganze Ensemble ist am Bücher lesen, wenn es sein muss, auch
im Handstand. Ihre Schmöker halsen sie dem Komiker auf, der
schließlich einen großen Stapel trägt. Immer wieder fällt ihm
eines herunter und muss auf kreative Weise wieder an seinen
Platz befördert werden. Ein sympathischer, verschmitzter Typ ist
Renato Dias. Er demonstriert Kraft und Beweglichkeit am
Tanztrapez. Das Requisit ist also so aufgehängt, dass er sich
damit um die eigene Achse drehen und letztlich kreisend ums
Manegenrund fliegen kann. Florian Jeannot, den wir zuvor mit
Equilibristik erlebten, darf auch noch sein Können bei einem
kurzen Ausflug zur Fahrradakrobatik beweist. Er fährt allein auf
dem Hinterrad sowie auf Lenker und Sattel stehend. Schließlich
wurden auch wieder mehrere wunderbare Ensemblebilder geschaffen,
die Tanz und Artistik kombinieren – zum Beispiel mit
Wurfakrobatik oder kraftvollen Salti und Überschlägen.
  
Willem McGowan,
Philippe Renaud und Shannon Maguire,
Daniel Shamita Bendtsen, Henk
Jarnp Polhuijs und Felix Greif
Wie schon bei der Keulenjonglage
erhält der sympathische Willem McGowan auch für seine
Diabolospiele sehr gute Reaktionen des Publikums. Bis zu vier
gleichzeitig lässt er fliegen. Ohnehin steigert sich das
Programm nun in eine wahre Schlussoffensive, und dies nicht nur
leistungsmäßig, sondern auch emotional. Bis wir am Ende vollends
gefangen, berührt, verzaubert sind. Fürs Herz ist die heitere
Szene mit Clown Florian Vuille und Armelle Fouqerqy. Sie hängen
links und rechts des Freitreppenbogens einzelne Leuchtbuchstaben
an zwei tapezierten Wänden auf. Dabei ergeben sich manche
Optionen wie „Ti amo“. Immer wieder wird die Brückenseite
gewechselt und werden die Lettern vertauscht, bis schließlich
der Schriftzug „Villa Monti“ leuchtet. Zum Staunen dagegen die
Cyrradnummer von Philippe Renaud und Shannon Maguire. Mit sehr
starken Partnertricks kreiseln sie gemeinsam in dem Requisit
über die runde Spielfläche. Enorm hoch hinaus geht es bei den
Sprüngen und Salti, Pirouetten und Platzwechseln, die Felix
Greif, Henk Jarnp Polhuijs und Daniel Shamita Bendtsen auf der
Koreanischen Wippe wagen. Das Publikum klatscht begeistert mit,
spendet rhythmischen Applaus zum Abschluss. |