Zum ersten Mal ist Gregory
Knie alleinverantwortlich für „Ohlala“, sein Vater Rolf ist nur
noch am Wintercircus „Salto Natale“ beteiligt.
Unverändert wurde jedoch die bekannte Zeltlandschaft auf dem
Gelände des Militärflugplatzes in Dübendorf bei Zürich
aufgebaut. Das große Foyer bietet wiederum eine stimmungsvolle,
detailreich gestaltete Club-Atmosphäre vorwiegend in Rot und
Schwarz. Sie setzt sich im Inneren des Chapiteaus fort.
Ernest Palchikov, Miriam Barber Rueda, Duo Sienna
Hier begrüßt Gregory Knie das
Publikum persönlich. Rund um ein beleuchtetes Himmelbett
entspinnt sich das Opening. Ballett und Ensemble tanzen, die
hervorragende Band um Orlando Ribar spielt, Miriam Barber Rueda singt.
Mit ihr wurde eine starke Stimme für die neue Produktion
gefunden, die viele aktuelle Popsongs großartig interpretiert.
Auf eine Rahmenhandlung wurde diesmal verzichtet, und dies
schadet der Show nicht. Dann geht es erstmals in die Luft. Erneut hat Gregory Knie
Absolventen der Berliner Artistenschule verpflichtet, diesmal
das Duo Sienna am Luftring. Sina Brunner in weiß und Vienna Holz
in schwarz präsentieren interessante, anspruchsvolle Halteposen.
Und dies zum Teil quasi spiegelbildlich, zum Beispiel wenn Sina
in Sitzposition am Ring schwebt und Vienna in genau
entgegengesetzter Position hält. Gleich diese erste Darbietung
sorgt für tolle Stimmung, wird mit großem Applaus gefeiert.
Ernest Palchikov gibt seiner Handstandnummer eine besondere
Note, indem er sich dabei in ein rotes Tuch hüllt. Dies hält er
mit Händen und Füßen. So ergeben sich bei jeder Figur neue
Bilder. Kreiselnd auf einer Hand verabschiedet er sich.
Daredevilchickenclub
Wieder ist es gelungen, für „Ohlala“
Künstler zu finden, die perfekt in dieses Konzept passen. Dies
gilt ganz besonders für das Comedy-Duo Daredevilchickenclub
alias Anne Goldman und Jonathan Taylor aus Los Angeles. Was die
beiden auf der Bühne veranstalten, ist außergewöhnlich
provokant, aber auch herrlich, geradezu aberwitzig komisch. Im
ersten ihrer drei Auftritte beißt jeweils einer von einer Banane
ab und spuckt dann Südfruchtstückchen durch die Luft. Der andere
fängt sie mit dem Mund. Zu diesem Kunststück begibt sich
Jonathan Taylor mitten unter die Logengäste. Und auch ein
Besucher darf sein Fang-Glück versuchen. Seinen Augen kaum noch
trauen mag man, wenn Jonathan den Mund voller Banane nimmt und
der Klumpen Speisebrei den Weg in Annes Rachen findet. Freilich
sind Späße mit Lebensmitteln eigentlich abzulehnen. Im
zweiten Programmteil vollführen die beiden eine Quickchange-Show
der besonderen Art. Annes verschwindet unter einem Tuch und
erscheint Sekunden später im neuen Kleid. Soweit kennt man das.
Bei Jonathan läuft das Experiment scheinbar schief: Statt im
neuen Frack steht er plötzlich splitterfasernackt auf der Bühne.
Nach Versuch Nummer 2 ist seine Blöße wenigstens mit einem
Gummihandschuh bedeckt. Die beiden spielen mit vollem Einsatz
und totaler Hingabe, überschreiten Grenzen, schonen sich nicht.
Da mag man es verzeihen, dass auch die Mitspieler aus dem
Publikum keinesfalls geschont werden. So wie in ihrem dritten
Auftritt, wenn ein Gast zur „erotischen Behandlung“ auf die
Bühne darf und dies mit Amüsement und Fassung trägt.
Patrick Schuhmann,
Viachaslau Hahunou und Paul Elias Larsson, Hamish McCann,
Ballett
Hoch hinaus wagen sich
Patrick Schuhmann, Viachaslau Hahunou und Paul Elias Larsson bei
Sprüngen, Salti und Pirouetten auf der Koreanischen Wippe.
Dazwischen fordern sie sich im rhythmischen Klatschen auf den
eigenen Körpern heraus. Jeweils vier attraktive Damen und Herren
bilden das Ohlala-Ballett. In ihrer ersten größeren Tanzszene
verschwindet jeweils ein Paar zunächst in einer Hülle aus weißem
Tuch und bewegt sich darin. Unter dem leichten Stoff zeichnen
sich die Körper deutlich ab. Die Fortsetzung folgt– ohne Tücher
– mit lasziven Bewegungen auf dem Bühnenboden. Die Kostüme sind
„oben ohne“, doch in der gesamten Show jederzeit edel und
geschmackvoll. Und gleich wieder wird sich geräkelt, wenn Hamish
McCann kraftvoll am Pole arbeitet. Bald legt er sein Hemd ab.
Duo Svetlana
Der sinnliche Höhepunkt des
Programms wird vor der Pause erreicht, und auch die Stimmung im
Publikum gelangt zum Siedepunkt. Die beiden bildschönen Damen
des Duos Svetlana, Svetlana Wottschel und Yuliia Lytvynchuk,
zeigen auf dem Rand eines wassergefüllten Plexiglasbeckens
Handstände und Equilbristik. Sie springen in weißer Unterwäsche
immer wieder ins Nass, tauchen unter und wieder auf, lassen
Wassertropfen sprühen. Rund ums Becken entsteht nach und eine
Wasserlache, in der die Tänzerinnen und Tänzer des Balletts sich
wälzen. Erotik pur. Mit Coolness beginnt dagegen der zweite
Programmteil. Der Schweizer Star-DJ Mr. Da-Nos hat einen
Titelsong für „Ohlala“ produziert, der es bis auf Platz 5 der
Schweizer Charts brachte. Mehr als eine Million mal wurde das
zugehörige Video bei Youtube angesehen, in dem Mr. Da-Nos und
Gregory Knie im Motorboot über den Zürichsee jetten, begleitet
von einigen Strandschönheiten. Dazwischen gibt es bewegte Bilder
aus früheren Ohlala-Shows. In der Show performt Mr. Da-Nos den
Hit live am DJ-Pult zwischen Lasergewitter und Ballett.
English Gents,
Gustavo Sartori, Anton Monastyrski
Nochmal humorvoll wird es mit
Hamish McCann und Leon McCann. Als „English Gents“ zeigen sie
zunächst Partnerakrobatik ganz stilvoll in Nadelstreifenanzügen.
Während der anspruchsvollen Übungen findet Leon noch genügend
Zeit, die Zeitung zu lesen oder seinem Bühnenpartner eine Pfeife
zu reichen. Das alles wäre noch nicht richtig „Ohlala“ ohne ihre
rasante Striptease-Einlage: Für ihren Schlusstrick stehen die
beiden nur noch in „Union Jack“-Shorts auf der Bühne. Im Liegen
trägt Leon seinen Partner auf einem Arm und steht dabei auf. Mit
Erotikshows Erfahrung hat Gustavo Sartori, denn er gehörte zum
Ensemble von „The Hole“. Nun zeigt er bei Ohlala seine Kür an
roten Tüchern. Und diese ist beileibe nicht nur sexy, sondern
auch leistungsstark und hochklassig. Zum Beispiel bei
waghalsigen Abfallern in den Knie- und direkt weiter in den
Fußhang, bis er letztlich nur noch an einem Fuß hängt. Anfang
2017 war er damit beim Festivak in Monte Carlo zu erleben. Anton Monastyrski hat mit seinen Hula Hoop-Reifen ein von Frauen
dominiertes Genre gewählt. Jedoch wirkt seine Arbeit keinesfalls
feminin, sondern kraftvoll, sportlich und dynamisch – zum
Beispiel, wenn er einzelne Reifen vom Hals zum Arm oder von Bein
zu Bein fliegen lässt und diese sich dort weiterdrehen. Sein
oberkörperfreies Outfit zeigt, dass er ein wahres Muskelgebirge
ist. Der letzte große Auftritt des Ohlala-Balletts umfasst ein
Spiel mit fluoreszierenden Farben in der Dunkelheit. Solche
Effekte dürfen schon als Spezialität des Hauses bei Ohlala und
Salto Natale bezeichnet werden. Für die Schlussnummer sorgen
Miss Skopalova und Bray Buenrostro. Ihre Partnerakrobatik im
Fetisch-Stil war in Deutschland ein Höhepunkt der jüngsten „Burlesque“-Show
im Friedrichsbau-Varieté. Hier arbeiten Mann und Frau mit freien
Oberkörpern im Schummerlicht, zelebrieren auf und um einen
Hocker intime Bewegungen zwischen Artistik und Tanz. Gleichwohl
hätte man sich vor dem Finale vielleicht eine größere,
raumfüllendere Darbietung gewünscht. |