CHPITEAU.DE

Circus Manuel Weisheit - Tour 2017
www.circus-manuel-weisheit.de ; 123 Showfotos

Mosbach, 21. Oktober 2017: Als äußerst lohnenswert erwies sich mein Erstbesuch im Circus Manuel Weisheit. Das Unternehmen gastierte an zwei Wochenenden im Mosbacher Stadtteil Neckarelz. Es macht mit seinem schönen Kassen- und Durchgangswagen einen einladenden Eindruck. Dieser und die meisten Packwagen, Zugmaschinen und Transporter sind mit Circusmotiven bemalt oder mit Fotos der Akteure beklebt. Gespielt wird in einem blauen Viermast-Chapiteau mit Sturmstangen. Um die Manege gruppieren sich zwei Reihen Logenstühle und ein fünfreihiges Holzbankgradin.

Der Circus Manuel Weisheit besteht im Wesentlichen aus dem gleichnamigen Direktor, seiner Frau Eveline und den meisten ihrer elf gemeinsamen Kinder im Alter von 12 bis 30 Jahren. Bei den Älteren kommen deren Partnerinnen und Partner sowie die ersten Enkelkinder hinzu. Die mitreisenden Töchter und Söhne sind die Erstgeborene Janette mit Partner Tim Christian Thomsen, Cathrin mit Partner Dennis Sundelius, Kevin mit Partnerin Jacqueline Quaiser, David mit Partnerin Jasmin Quaiser, Dominik, Jessy, Josephine und Nesthäkchen Mary-Ann. Tim Thomsen war ursprünglich Circusfreund aus Norddeutschland und hat das Hobby zum Beruf gemacht, auch aus Liebe zu Janette Weisheit. Auch interessant: Jacqueline und Jasmin Quaiser sind Töchter des bekannten österreichischen Handstandartisten Rob Roy; die Mutter ist eine Quaiser. Dennis Sundelius ist ein Enkelsohn von Lothar Weisheit (Circus Mustang), Dennis' Vater wiederum Schwede aus der Direktionsfamilie des Cirkus Europa. Ebenso wirkt im Programm ein Neffe von Manuel Weisheit, Jeffre, mit. Die drei weiteren Töchter des Direktionspaares - Carolyn, Jacqueline und Angelique - sind nicht am Unternehmen.


Einladende Front 

Zur Begrüßung gibt Tim Thomsen aus dem Off die notwendige „Sicherheitseinweisung“, die von Clown Dave – alias David Weisheit – in der Manege mimisch und gestisch umgesetzt wird. Schließlich knipst Dave via Fernbedienung die „Weisheit“-Leuchtschrift über dem geschmackvollen, samtroten Artisteneingang und die leuchtenden Sterne in den Manegenkästen an. Tim Thomsen begleitet als Moderator auf angenehme, charmante Weise durch das Programm. Daneben übernimmt er wichtige Aufgaben u.a. in der Tourneeplanung, Pressearbeit und Werbung.


Dominik Weisheit, Clown Dave und Tim Christian Thomsen, Sascha Prehn 

Darin besonders herausgestellt wird die Raubtierdressur von Sascha Prehn. Vier Tiger vereint er im Zentralkäfig. Das Repertoire ist anspruchsvoll, vielseitig und wird sicher und flüssig abgerufen. Sprünge über Artgenossen und den Tierlehrer selbst in verschiedenen Variationen, Hochsitzer, Tigerbar, Raubkatzenteppich und Rollover gehören u.a. dazu. Es dürfte schon einmalig sein in Deutschland, dass ein Familiencircus eine solche Darbietung unter Vertrag hat, übrigens nicht in der ersten Saison. Flugs und mit vereinten Kräften wird der Käfig abgebaut. Sogleich folgt die nächste Tierdarbietung. Dominik Weisheit stellt in versierter Weise ein Groß und Klein mit Pferd und Pony vor. In einem gelungenen Entree möchte Clown Dave in der Manege mit Luftballons spielen, doch dabei wird er immer wieder von Tim Thomsen gestört. Dieser gibt den strengen, seriösen Part und bringt die Ballons zum Platzen. Doch wer zuletzt lacht, lacht am besten: Ein Ballon erweist sich als Wasserbombe, und Tim wird beim Zerpiksen nass.


Dominik und Jessy Weisheit, Kevin Weisheit und Jacqueline Quaiser, Dominik, Jessy und Jeffre Weisheit mit Dennis Sundelius 

Die Darbietungen der Familie Weisheit können alle vollauf überzeugen. Mit einem außerordentlich hohen Leistungsniveau in einem Familienunternehmen, mit viel Ausstrahlung und Freude an der Arbeit und mit viel Tempo. Auch der Ablauf des Programms insgesamt ist schwungvoll. Die einzelnen Nummern werden alle zu gut gewählter, mitreißender Musik und in ansprechenden Kostümen präsentiert. Verzichtet wird dagegen darauf, die einzelnen Auftritte zu „thematisieren“ oder in Schaubilder zu kleiden, wie es andere führende Familienunternehmen gerne tun. Der Stil des Hauses ist eher puristisch, schnörkellos. Drei gute Beispiele liefern die artistischen Darbietungen, die bis zur Pause folgen. Zunächst erleben wir Dominik und Jessy Weisheit mit ihren Jonglagen mit Ringen, kleinen Fußbällen und Keulen. Sowohl gemeinsame Tricks als auch solistische Passagen von Dominik Weisheit werden gezeigt. Als Zugabe gibt es einige Tricks aus dem Bereich der Partnerakrobatik. Kevin Weisheit und seine Partnerin Jacqueline Quaiser gefallen mit ihrer gemeinsamen Strapatenkür als „Duo Bellisimo“. Eine echte Rarität ist die Arbeit der Brüder Dominik und Jessy mit ihrem Cousin Jeffre und ihrem Schwager Dennis an den Römischen Ringen. Gemeinsam, zu zwei, zu dritt und schließlich zu viert präsentieren die jungen Männer ihre Kräfte zehrenden Tricks. Zum Abschluss hängt Dennis in liegender Position in den Ringen, hält sich mit Nacken und Beinen darin. Ein Partner steht auf seinem Körper, die beiden anderen hängen an seinen Armen und Beinen. Das ist nun im Wortsinne „ganz stark“.


Jacqueline, Adriano Aquilina, Kevin und David Weisheit 

Noch in der ersten Programmhälfte hat Clown Dave seinen zweiten und auch schon letzten größeren Auftritt, und zwar mit seiner Version des Wischmopp-Duetts mit sich selbst. Er gefällt mit seinem engagierten, geradezu hyperaktiven Spiel, das ohne „Opfer“ aus Publikum auskommt. Vergleichsweise klein ist der hauseigene Tierbestand. Und so bilden direkt nach der Pause ein Viererzug Miniponys sowie das springende Lama Fernando als Da Capo bereits den Abschluss der Dressurnummern. Wiederum ist Dominik Weisheit der Vorführer. Dann geht es nochmals in die Luft, und zwar mit Jacqueline und ihrer eleganten Darbietung an den Tüchern. Bewusst haben sich die Weisheits dafür entschieden, die Spieldauer des Programms auf zwei Stunden – inklusive Pause – zu begrenzen, um die vielen Kinder im Publikum nicht zu überfordern. Dies bedeutet auch, dass einige attraktive Darbietungen aus dem breiten Repertoire der Familie pausieren müssen oder in verschiedenen Vorstellungen im Wechsel gezeigt werden. Dennoch erhält immer wieder der junge Adriano Aquilina die Gelegenheit, sein Können vor Publikum zu zeigen. So auch in dieser Vorstellung. In einer klassischen Hula Hoop-Nummer, wie sie ansonsten eher von Frauen gezeigt wird, lässt er die Reifen um Arme, Beine und Körper kreisen. Einer der Höhepunkte im Programm ist die Hand-auf-Hand-Nummer von Kevin und David Weisheit. Die sicher und flüssig präsentierte Trickfolge würde jedem Großcircus zur Ehre gereichen und wäre als Schlussnummer ideal platziert.


Mary-Ann und Josephine Weisheit, Dennis Sundelius, Jasmin Quaiser 

Doch das Podium bleibt gleich stehen und wird nun von Mary-Ann und Josephine für ihre anspruchsvolle Kontorsionsarbeit genutzt. Nach diesen ruhigen Momenten sorgt der Tanz von Jasmin Quaiser als „Human Slinky“ im pinken Röhrenkostüm nochmal für Gelegenheit zum Mitklatschen. Tim Thomsen weist darauf hin, dass das Programm nun zu Ende geht. Doch statt eines Finales mit allen Akteuren setzt man bei Manuel Weisheit auf eine Art Zugabe. Dennis Sundelius zeigt mit seinen Sprösslingen Jeames (5) und Taylor (3) sowie seinem elf Monate alten Neffen Samjel, was die Jüngsten im Hause Weisheit bereits gelernt haben. Nach dem Motto, dass man noch nicht richtig laufen können muss, um einen Hand- oder Kopfstand auf den ausgestreckten Händen des Papas – oder von Onkel Dominik – zu drücken. Das Publikum geht nochmal begeistert mit, ehe es von Tim Thomsen verabschiedet wird. Dieser Programmabschluss ist wohl auch ein Ausdruck des schnörkellosen Präsentationsstils im Hause Weisheit – schade, denn gerne hätte man dieses tolle Familien-Ensemble nochmals in der Manege versammelt gesehen und gebührend gefeiert.

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Text und Fotos: Markus Moll