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Circus Monti - Tour 2017
www.circus-monti.ch ; 160 Showfotos

Luzern, 17. September 2017: Es gibt sie noch, diese rundum traumhaften Circus-Erlebnisse. So wie „dreambox“, das neue Programm des Circus Monti. Es erzählt durchgängig eine Geschichte, liebevoll, detailreich und rasant in Szene gesetzt. Die artistischen Darbietungen fügen sich perfekt darin ein. Vom Publikum im restlos ausverkauften Chapiteau am Strandbad Lido wurde die besuchte Vorstellung mit riesiger Begeisterung aufgenommen. Zum zweiten Mal nach 2015 hat die Familie Muntwyler für Konzept, Regie und Choreographie die beiden Kanadier Marie-Josée Gauthier und Sylvain Lafortune verpflichtet.

Gleich im Opening wird uns der Protagonist der Show vorgestellt. Der französische Akrobat Nicolas Provot spielt Arthur. Zunächst zeigt er sein Balanciervermögen auf der freistehenden Leiter. In seiner Latzhose nimmt er auf der obersten Sprosse Platz, legt sich bäuchlings darauf oder dreht eine gekonnte Rolle um die Stange.


Nicolas Provot, Ensemble

Im Hintergrund bildet eine Art Baugerüst eine stilisierte Häuserkulisse. Von hier strömen Arthurs Freunde, das übrige Monti-Ensemble, auf die Bühne. Gemeinsam zeigen sie einen fröhlichen Tanz. Der Russische Barren, der später für die Schlussnummer benötigt wird, wird hier wie ein Karussell gedreht. Es wird wild darüber gesprungen und darunter hindurch gehechtet. Wieder allein auf der Bühne, macht Arthur eine schicksalhafte Entdeckung. Unter einer Klappe im Bühnenboden entdeckt er die „dreambox“ und nimmt sie heraus. Das geheimnisvolle Kästlein leuchtet blau, wenn es geöffnet wird. Von nun an dreht sich für Arthur alles nur noch um die Kiste. Er bewundert und verehrt das Objekt der Begierde und vergisst darüber zunehmend seine Freunde. Mit denen er aber zunächst noch Davide Romeo, den Clown, bei einer witzigen Akrobatiknummer foppt. Dabei wird eine variabel klappbare Leiter in vielfältiger Weise als Requisit eingesetzt.


Angela McIlroy-Wagar, Marilou Verschelden, Ariane Cabana und Philibert Hébert-Filion

Bald geht es in die Luft. Angela McIlroy-Wagar zeigt am Luftring kontorsionistische Beweglichkeit in exzentrischen, außergewöhnlichen Positionen – zunächst zu ruhiger, dann zu mitreißender Musik. Anfangs singt sie gar selbst. Als überaus originelles und sympathisches Clownsduo erweisen sich Ariane Cabana und Philibert Hébert-Filion, ein Paar im echten Leben wie auf der Bühne. In ihrem ersten größeren Auftritt balancieren sie gemeinsam auf der Rola Rola. Auf aberwitzige Weise klettert Ariane dabei auf ihrem Partner herum, hängt kopfüber mit den Kniekehlen an seinen Schultern oder jongliert im Zwei-Personen-Hoch Keulen. Marilou Verschelden rollt im Rhönrad zunächst hin und her, dann kreiselnd über die runde Spielfläche. Zu treibender Musik präsentiert sie ihre Figuren.


Ariane Cabana und Philibert Hébert-Filion, Johannes Muntwyler 

Als ganz großes, rasantes Spektakel voller überraschender Einfälle wurde die Pausennummer meisterhaft in Szene gesetzt. Arthur und seine Angebetete, gespielt von Artistin Ulla Bennett, besuchen ein Restaurant. Eingeleitet von einer Partner- und Wurfakrobatik von drei Herren und einer Dame aus dem Ensemble bereitet Clown Davide zunächst den Tisch vor. Bald überschlagen sich die Ereignisse. Beim Richten von Stühlen und rotem Tischtuch kämpft Davide mit der Tücke des Objekts. Es entspinnt sich eine wilde Verfolgungsjagd um die „dreambox“, es wirbeln Hula Hoop-Reifen, und das Clownsduo Ariane und Philibert zeigt sein Geschick bei Glasbalancen. Bis Ariane plötzlich mit dem Kopf in einem Glas feststeckt. Mittelpunkt des wilden Treibens ist aber das Tellerdrehen von Johannes Muntwyler und seinem mittleren Sohn Mario. Bis letztendlich alle Teller auf den Stäben tanzen, bleiben Scherben nicht ganz aus. Schön, die Direktionsfamilie nach der Auszeit 2016 wieder in der Manege zu erleben. Es ist unmöglich, all die kleinen Gags und Einfälle zu beschreiben, die diesen Abschluss des ersten Programmteils zu einem herrlichen Spektakel abrunden. Die Stimmung im Publikum ist an einem ersten Höhepunkt angelangt.


Ariane Cabana und Philibert Hébert-Filion, Mario Muntwyler, Micah Ellinger und Sylvain Ramseier 

Zur Eröffnung der zweiten Hälfte kommen wieder Leitern zum Einsatz. Eine Leiter bildet auch das Plakatmotiv. Nun darf jeder im Ensemble einmal die Sprossen hinaufsteigen zu Artur und dort einen Blick in seine geheimnisvolle „dreambox“ werfen. Vorübergehend gelangt diese in den Besitz von Ariane und Philibert. Diese bauen sie in ihre Zauber-Parodie mit haarsträubenden Versionen bekannter Großillusionen ein. Und schließlich sind plötzlich eine ganze Menge solcher "dreamboxes" vorhanden, deren Geheimnisse das Ensemble zu ergründen versucht. Mit klassischen Keulenjonglagen beeindruckt Mario Muntwyler, bis zu sechs von ihnen hält er in der Luft. Im zweiten Teil der Nummer zeigt er mit weiteren Mitgliedern des Ensembles Passings. Zwischen den fliegenden Keulen hindurch versucht Arthur seine „dreambox“ zu retten. Als er die Box einem Blumenstraß vorzieht, hat seine Herzdame genug. Er steht nun alleine da. Artistisch geht es weiter mit der anspruchsvollen Hand-auf-Hand-Nummer von Micah Ellinger und Sylvain Ramseier. Eine Darbietung zwischen Tanz und tänzerisch dargebotenen Figuren, bis hin zum Kopfstand auf der ausgestreckten Hand des Partners, begleitet von starkem Applaus.


Moi et les autres, Ensemble, Ulla Bennett

Großen Anklang findet auch die Vertikalseilarbeit von Ulla Bennett, die sich zunächst auf fast bizarre Weise in ihr Requsit verknotet und verstrickt und dann zu gewagten Abfallern übergeht. Anschließend versöhnt sie sich wieder mit Arthur. Er hat erkannt, dass die ständige Beschäftigung mit dem blauen Schimmern der „dreambox“ dazu geführt hat, dass seine Liebste und seine Freunde sich vorübergehend von ihm abgewandt haben – unweigerlich muss man an den Fluch der Smartphones denken, die heute auch so viele Gespräche und Begegnungen stören. Die "dreambox" wird wieder in der Klappe unter dem Bühnenboden versteckt. Und Arthur findet zurück in den Kreis seiner Freunde, die ihn letztlich gemeinsam in die Luft werfen und fangen. Für ihre Handlung haben die Regisseure sich von der Geschichte „One froggy Evening“ inspirieren lassen und eine versöhnliche Wendung gefunden. Auch ohne Blick ins Programmheft kann man den Grundzügen der Handlung gut folgen. Den fulminanten Abschluss übernehmen "Moi et les autres" alias Fliegerin Paulina Bonanni mit den beiden Untermännern Gael Della Valle und Connor Houlihan am Russischen Barren. Neben sicher ausgeführten Sprüngen, Salti und Pirouetten sorgt ein Trick für Heiterkeit, bei dem Pauline mit elastischen Hosenträgern am Requisit festgemacht ist. Staunen lassen auch Nicolas Provots Balancen mit seiner Leiter auf dem Barren.

Mit überwältigendem Jubel, Fußgetrampel und minutenlangem, rhythmischem Applaus geht die Vorstellung zu Ende. Sie wurde getragen von der schwungvollen Musik des sechsköpfigen Orchesters rund um Piotr Gunia im typischen Monti-Sound. Johannes Muntwyler verabschiedet sein Publikum persönlich nach zweieinhalb Stunden voller großartiger Ideen, die mitten ins Herz treffen.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Erber