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Circus Krone 2017
www.circus-krone.de ; 165 Showfotos

Wertheim, 20. Oktober 2017: „Christel Sembach-Krone bedankt sich für ihren Besuch, wünscht ihnen einen guten Nachhauseweg und freut sich auf ein Wiedersehen mit Ihnen, in Ihrem Circus Krone!“. Es gibt wohl keinen anderen Satz, der langjährigen Krone-Besuchern bekannter ist. Seit dem 20. Juni diesen Jahres haben sich Nikolai Tovarichs Abschiedsworte geändert. Christel Sembach-Krone, die wie keine andere für das Motto „Krone bleibt Krone“ stand, ist im Alter von 80 Jahren verstorben. Das aktuelle Programm „Evolution“ ist ihre letzte große Produktion.

Seit dem Tod von Christel Sembach-Krone heißt es: "Wir bedanken uns für Ihren Besuch...". Adoptivtochter Jana Lacey-Krone steht nun gemeinsam mit ihrem Ehemann Martin Lacey jun. vor der gewaltigen Aufgabe, das Traditionsunternehmen in eine erfolgreiche Zukunft zu führen. Die Vorgängerproduktion „Celebration“ blieb über vier Jahre weitgehend unverändert. Im Gegensatz dazu haben sich an „Evolution“ seit 2015 einige Veränderungen ergeben. Seit dem letzten Jahr ist Jongleur Picaso jun. nicht mehr dabei, vor kurzem ist er dann viel zu früh verstorben. Mit Ende der Saison 2016 schieden auch Petra und Roland Duss mit ihren Seelöwen aus.


Truppe Khadgaa, Jana Lacey-Krone 

Weiterhin gezeigt wird natürlich traditionell das große Opening. Nachdem das Krone-Ballett zur Michael-Jackson-Musik aus dem „Celebration“-Finale getanzt hat, erscheinen alle Artisten mit Ausnahme der Direktion und werden namentlich vorgestellt. Währenddessen zeigt Stefania Jarz zwischen Piste und Logen Ausschnitte ihrer Antipoden-Darbietung, eine der Tänzerinnen schwebt am Vertikalseil über dem Geschehen. Nicht nur an Nikolai Tovarichs Schlussworten hat sich eine Änderung ergeben, auch die Begrüßungsformel wurde variiert: Statt „im größten Circus Europas“ werden wir nun im „größten Circus der Welt“ willkommen geheißen, nachdem „Ringling“ den Betrieb eingestellt hat. Nicht nur wie bisher im Opening einige Tricks zeigend, tritt die Truppe Khadgaa seit diesem Jahr danach mit der gesamten Seilspring-Nummer auf. Der Schwung der tempo- und abwechslungsreichen Eröffnung wird somit wieder aufgegriffen. Höhepunkt und Schlusstrick ist das Seilspringen im Drei-Mann-Hoch. Direktorin Jana Lacey-Krone präsentiert an diesem Abend Elefantendame Bara in einer trickreichen Präsentation. Das besondere Vertrauen der Beiden wird deutlich, wenn sich die Vorführerin während des Walzens mit einem Bein in das Maul des Dickhäuters hängt. Im Hintergrund unterstützt James Puydebois. Schade ist jedoch, dass in manchen Vorstellungen somit nur einer der sechs Krone-Elefanten zu sehen ist.


Jana Lacey-Krone, Alessio

Immer für gute Laune sorgen Fumagalli und Daris Huesca. Nachdem sie schon vor dem Beginn der eigentlichen Vorstellung das Publikum „aufgewärmt“ haben, zeigen sie nun allerlei Klamauk rund um einen Tisch. In den ersten Teil vorgerückt ist Alessio Fochesato. Der freie Flug seiner Papageien unter der großen Kuppel des Krone-Chapiteaus sorgt weiterhin für Gänsehautmomente und staunende Gesichter. In den letzten Jahren ist Tonito Alexis zu Krones „Haus-Clown“ geworden. Im ersten Teil überbrückt er die Umbaupausen. Einerseits mit seiner „Lichtermann“-Reprise, bei der eine Kerze schluckt und an seinem Hintern ein Lichtlein erscheint. Andererseits mit der „Hommage an Elvis Presley“ in einem dem „King of Rock’n‘Roll“ nachempfundenen Kostüm. Mehrere Umstellungen gab es seit 2015 am Pferdeblock. Er startet nun mit dem Tanz der acht „Husarinnen“ und Jana Lacey-Krones Hoher Schule. Gemeinsam mit Lusitano-Hengst „Ramses“ zeigt sie alle wesentlichen Figuren dieser Disziplin. Deutlich straffer, lebendiger und durchdachter wirkt seit diesem Jahr das nun folgende Zigeuner-Schaubild. Auffallend ist, dass die neun Tänzerinnen und zwei Tänzer, trainiert von Captain Girl Yana Grimm, nun stets alle auf der Bühne oder in der Manege bleiben und nicht während der Soli teilweise abgehen. Weiterhin gibt Clara Puydebois die Sängerin zum romantischen Tanz zweier Paare. Neu ist auch, dass sich alle Ballett-Mitglieder auf der Treppe aufstellen, um die Direktorin des Unternehmens in die Manege zu geleiten. Dort zeigt Jana Lacey-Krone zehn junge Nonius-Hengste, die im letzten Jahr ihr Manegendebut hatten. Passend zum Thema des Blocks kommen die wunderschönen Pferde vom ungarischen Staatsgestüt Mezöhegyes. Zum Abschluss lässt Lacey-Krone einen Falben vorwärts steigen.


Tonito Alexis, Martin Lacey jun., Crazy Wilson

Fast schon zum Inventar bei Krone gehört Crazy Wilson. Er bestreitet seine inzwischen zwölfte Saison bei diesem Unternehmen. Eingeleitet von zwei Tänzerinnen des Krone-Balletts und von Tonito Alexis als „the craziest man in the world“ angekündigt, rast er mit einem Motorrad in die Manege. Dort steigt er natürlich auf die weitaus größere Version um. Die laut Programmheft „längste Harley-Davidson der Welt“ ist optisch weiterhin eine Augenweide. Mit seinen waghalsigen Tricks und dem dreimal hintereinander gesprungenen Salto auf der Außenseite des Rades sorgt er für die ersten Standing Ovations des Abends. Die ganz große Sensation im Krone-Programm ist natürlich die größte Raubtiernummer der Welt mit und von Martin Lacey jr. Es ist eine dieser Nummern, an denen man sich nicht satt sehen kann, denn Lacey vereint Masse und Klasse zu einem eindrucksvollen Gesamterlebnis. Tricks mit einzelnen Tieren wie der Scheinangriff eines Löwen oder der Courbette-Steiger eines Tigers wechseln sich ab mit großen Gruppenbildern wie der Pyramide oder dem gleichzeitigen Hochsitzen von 22 Löwen. In der besuchten Vorstellung erheben sich einzelne Zuschauer schon zu Standing Ovations, bevor sich Martin Lacey jr. und der weiße Löwe Baluga zum Schlusstrick hingelegt haben. Man kann nur immer wieder betonen, welche Leistung der Circus Krone mit der Präsentation einer derart starken, riesigen Raubtiergruppe in der heutigen Zeit erbringt.


Martin Lacey jun., Fumagalli und Daris, Truppe Khadgaa

Nach dem kurzen Auftritt der hauseigenen Exoten mit dem Krone-Ballett hat ein Urgestein der deutschen Circusszene seinen Auftritt: Nashornbulle Tsavo beeindruckt durch seine imposante Erscheinung unter der Anleitung von Martin Lacey jun. Begleitet von charakteristischem Kehlkopfgesang zeigt die zwölfköpfige Truppe Khadgaa die bekannte Kombination aus Handvoltigen und Kraftakrobatik. Während „Kraftprotz Suba“, wie ihn das Unternehmen selbst beschreibt, mit dem Hochhalten von vier Truppenmitgliedern nur mit den Zähnen beeindruckt, zeigen die Damen filigrane Sprünge bis zum Vier-Mann-Hoch. Diese manegenfüllende Darbietung mit ihrem mystischen, fernöstlichen Flair passt gut in den zweiten Teil, in den sie nun verlegt wurde. „Bienchen, Bienchen, gib mir Honig“ – der große Lachschlager mit Fumagalli, Daris und dem nach der Pause als Weißclown arbeitenden Tonito überzeugt immer wieder. Genial ist an diesem Abend auch das Zusammenspiel mit Fumagallis „Mama“ in der Loge, die „ihren Kleinen“ zu sich ruft, nachdem er nass gemacht wurde.


Flying Zuniga, Finale

Direkt im Anschluss überbrückt Tonito Alexis mit seinem Trompeten-Solo den Fangnetz-Aufbau für das Flugtrapez. Die Flying Zuniga gehören sicherlich zu den besten unter den klassischen Vertretern ihres Genres. Seit letztem Jahr ist der zweite Flieger Brenno Souza dabei. Er zeigt während der Darbietung den dreifachen Salto Mortale. Das Gleiche wiederholt der unerreicht elegant fliegende Marlon Michael, dann aber mit verbundenen Augen. In den Nachmittagsvorstellungen von Freitag bis Sonntag tritt seit kurzem der zwölfjährige Joaquim Zuniga, Sohn von Fliegerin Evelin Zuniga und Fänger Guilherme Sepuveda, auf und wagt erste „Flugversuche“ unter der Circuskuppel. Passend zur Trapez-Darbietung steht das Finale unter dem Motto „Brazil – Der Circus lebt“. Auch nach Bienchen-Entree und Flugtrapez applaudieren in der besuchten Vorstellung jeweils einige Besucher im Stehen. Die während der gesamten Vorstellung hervorragende Stimmung im Publikum gipfelt in geschlossenen Standing Ovations. Im dritten Jahr wirkt „Evolution“ insgesamt am harmonischsten. Fast alle Umbaupausen sind sinnvoll überbrückt, angenehme Straffungen wurden vorgenommen und manchen Stellen der Feinschliff verpasst.

Dass wir in Deutschland weiterhin ein Unternehmen dieser Dimension erleben können, haben wir dem Wirken von Christel Sembach-Krone zu verdanken. Sie hatte einst Krone fit für die Zukunft gemacht. Die junge Generation steht vor der Aufgabe, nun mit neuen Akzenten die Geschichte des Circus-Giganten in den nächsten Jahrzehnten prägen. Eine „Evolution“ zu gestalten, die Neues wagt, aber gleichzeitig nicht die Tradition vergisst. Damit „Krone“ auch weiter „Krone“ bleibt.

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Text: Jonas Haaß, Fotos: Tobias Erber (13), Markus Moll (1)