Weiter geht es
über Erlangen (schleppender Beginn; Erlangen lässt maximal 60
Platten für die Außenwerbung zu), Forchheim, Bad Kissingen,
Gießen und Göttingen nach Bochum. Eigentliches Ziel ist dann
Utrecht, wo das Team um Louis Knie junior wiederum den dortigen
Weihnachtscircus gestalten wird. In Holland wird man auch jenes
Chapiteau aufbauen, welches extra für den Abstecher nach
Deutschland angeschafft wurde. Da die hiesigen Behörden das
österreichische Baubuch des Knie-eigenen Chapiteaus so nicht
akzeptierten, wurde kurzerhand vom Circus Universal Renz jenes
Spielzelt erworben, das noch in der Saison 2006 die Manege des
Circus Barum überspannte. Es ist schon ein ganz besonderer
Anblick, dieses – inzwischen natürlich in die Jahre gekommene -
Chapiteau wieder einmal aufgebaut zu sehen. Da werden viele
Erinnerungen wach. Gleiches gilt für den kürzlich übernommenen
und somit noch in schwarz-gelb gestalteten, Mannschaftswagen von
Flic Flac, wenngleich der (vorläufige?) Abschied von diesem
Unternehmen noch gar nicht so lange her ist. Ansonsten fallen
auf dem Platz natürlich die riesigen Freigehege für Kamele und
Pferde auf, die den Tieren größtmögliche Bewegungsräume bieten.
Jan Navratil und Francesco, Ilona
Pistekova, Robert Stipka
Zuletzt hatte ich
den Österreichischen Nationalcircus von Louis Knie senior 2001
gesehen. Die Entwicklung des Unternehmens seine Sohnes konnte
ich bis dato nur aus der Ferne verfolgen. Was waren also meine
Erwartungen? Ich rechnete natürlich nicht mit einem
Spitzenprogramm, wie sie der Vater lange Zeit präsentierte. Wohl
aber mit guten Artisten, schönen Tierdressuren, vor allen Dingen
aber der geschmackvollen, mitreißenden Inszenierung der Show,
wie sie diese Familie Knie nun einmal so perfekt beherrscht. Die
Eröffnung wird durch die beiden Musiker im Zentrum des aufwendig
gestalteten Artisteneingangs übernommen. Auf dem
Orchesterpodium, welches von zahlreichen LED-Scheinwerfern
umrahmt ist, intonieren die Sängerin Krisztina Nagy und der
Schlagzeuger Manfred Huber begleitet von eingespielten Sounds
einen poppigen Song. Huber sitzt während der gesamten Show
hinter seinem riesigen Instrument. Die Konserve sorgt für die
eigentliche Musik, der Drummer für die effektvolle
Akzentuierung. Die verbale Begrüßung in der Manege übernimmt
Ilona Pistekova im flotten Livree. Von Livegesang begleitet wird
ebenfalls die Kameldressur von Robert Stipka. Ruhig und gelassen
dirigiert er die vier mächtigen Tiere bei deren Lauffiguren. Zum
Ende werden die an der Piste abliegenden Vierbeiner von zwei
Lamas übersprungen. Robert Stipka ist übrigens der Cousin von
Denisa und Daniel Stipka (derzeit bei Charles Knie) sowie der
Sohn von jenem Robert Stipka, der im vergangenen Jahr für einige
Zeit Ordnung in die Freiheitsdressuren des Circus Krone brachte.
Im Anschluss erleben wir den ersten von mehreren Auftritten des
erst vor kurzem entstandenen Clownduos Francesco (Frank
Bergmann) und Jan Navratil. Während Francesco schon seit
längerer Zeit für den Humor in den Knie-Programmen sorgt, ist
sein Partner erst seit Passau dabei. Die Zusammenarbeit wird
nicht lange währen, da Navratil schon in Kürze wieder das
Unternehmen verlässt. Ein neuer Clownspartner für Francesco
steht aber schon bereit. Zunächst zeigen sie das lustige
Seilspringen mit zwei Kindern, später im ersten Teil dann das
Zersägen einer Stange mit der Hand. Navratil steuert zudem eine
lustige Jonglage mit Tellern bei. Mehr von den
Effekten (inkl. Lasershow) und der Aufmachung als von den beiden
Tricks leben die Illusionen von Magic Marian.
Seine Partnerin
hierbei ist Ilona Pistekova, welche von ihm mit einer Stichsäge
vermeintlich zerteilt wird. Diesen Trick hat man anderswo schon
besser verkauft gesehen. Seine zweite Illusion, das Verschwinden
aus einer unter die Kuppel gezogenen stoffverhangenen Kabine ist
leider ebenfalls kein Spitzentrick. Vor Kurzem noch bei Barelli
im Engagement, sehen wir Roberta Bellucci nun bei Louis Knie
junior, wo sie zunächst ihre Kür an weißen Tüchern zelebriert,
welche vor allen Dingen durch einige Abfaller und natürlich die
sympathische Persönlichkeit der Akteurin gefällt. Weniger Anmut
beweisen naturgemäß die sechs Esel, welche auf das Kommando von
Robert Stipka hören und mit ihren edleren Verwandten locker
mithalten können. Will heißen, sie zeigen das Repertoire einer
guten Pferdefreiheit. Pausennummer sind die vier jungen Männer
aus Afrika (Tansania Boys), welche neben ihren Fertigkeiten als
Pyramidenbauern auch ihre Künste als Handstandartisten zeigen.
Das natürlich gewohnt lebendig und somit wunderbar geeignet, um
den ersten Teil der Show zu beenden. Die „Tierfreunde“ werden
von Schlagzeuger Manfred Huber in die Tierschau gebeten, wo
unter anderem das „kleinste Pony der Welt“ zu bewundern sei.
Ferner teilt er mit, dass der Circus Louis Knie junior für seine
vorbildliche Tierhaltung mit der „Note 1“ ausgezeichnet wurde. Nach den ersten 40
Minuten waren meine Erwartungen nur bedingt erfüllt. Die
wirklichen „Knie-Effekte“ wurden - wenn überhaupt - nur sehr
spärlich gesetzt. Das Publikum reagierte ebenfalls verhalten.
Doch da hatten wir alle noch nicht den zweiten Teil gesehen. Und
der konnte wirklich voll und ganz begeistern. Los geht es mit
„Francesco“ Bergmann, der auf den Spuren von Tierzauberer
Shmarlovski wandelt. Nachdem er eine Schar Laufenten über das
Sägemehl dirigiert hat, lässt er Hasen „verschwinden“,
verwandelt sie in Artgenossen anderer Farbe oder „kreuzt“ sie
gar mit einer Schlange.
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Tansania Boys |
Sympathische
Ausstrahlung, gekonnter Verkauf und gute Leistung sind die
Attribute mit denen Jongleur Ronny Niemen die volle Aufmerksamkeit der Zuschauer gewinnt.
Nacheinander hält er Keulen, Tischtennisbälle und Zigarrenkisten
in der Luft. Zu einem naturgemäß feucht-fröhlichen Wasserentree
finden sich Ilona Pistekova, Louis Knie junior, Francesco und
Jan Navratil auf dem Manegenteppich ein. Ihre Version ist eine
runde Sache, welche gut abgestimmt abläuft und das, obwohl das
Quartett sich erst kürzlich zusammengefunden hat. Einer der
erwarteten „Knie-Momente“ ist die Strapatennummer von Roberta
Bellucci. Diese wird bei Louis Knie junior durch den live
gesungenen Titel „The Power of Love“ von Jennifer Rush ungemein
in seiner Wirkung aufgewertet. Währen Belluccci ihre kraftvolle
Akrobatik in luftiger Höhe zeigt, übernimmt Krisztina im edlen
Abendkleid die musikalische Unterstützung in der Manege.
Glanzstück aber bleiben die zig Umschwünge von Bellucci an den
Strapaten.
Francesco, Ronny
Niemen, Louis Knie junior
Ein Hochgenuss ist die Vorführung der
Freiheitsdressur von je drei pechschwarzen Friesen und weißen
Arabern. Dies zumeist zu den Klängen aus Riverdance. Dass zu den
perfekt laufenden Figuren der wunderschönen Pferde eine überaus
elegante Präsentation kommt, versteht sich bei Louis Knie junior
von selbst. Man kann es trotzdem nicht oft genug erwähnen.
Einfach traumhaft. Musikalisch schließt Jan Navratil mit seinen
Antipodenspielen nahtlos an, da er sich ebenfalls aus dem Fundus
von Riverdance bedient. Sein Spiel mit vier Röhren ist klasse,
das i-Tüpfelchen setzt er mit der Beförderung eine Balls in
einen Korb, welcher an der Spitze einer mit den Füßen
balancierten „Wendeltreppe“ befestigt ist. Es folgt Francesco
mit einer Golfball-Reprise. Noch in aller Ohren ist „Waka-Waka“,
Shakiras Song zur diesjährigen Fußball-WM. Während man es in der
von uns verehrten Sparte der Unterhaltungsbranche gewohnt ist,
dass Hits erst nach rund fünf Jahren ihren Weg in die Manege
finden, ist man bei Louis Knie junior up to date. Und das zahlt
sich aus: Die ohnehin schon starke Mastenakrobatik der
Afrika-Truppe wird durch diesen von Krisztina Nagy gesungenen
Charttitel optimal aufgewertet.
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