CHPITEAU.DE

Circus Louis Knie junior - Tour 2010
www.louisknie.com ; 35 Showfotos

Erlangen, 16. Oktober 2010: Beim von Louis Knie senior geführten Österreichischen Nationalcircus standen Gastspiele in Deutschland nahezu jedes Jahr auf dem Tourneeplan. Sein Sohn Louis junior war mit seinem eigenen Unternehmen bislang noch nicht in hiesigen Gefilden zu Gast. Das hat sich 2010 geändert. Nach einer erfolgreichen Tournee durch vor allen Dingen große Städten in Österreich reist der Circus Louis Knie junior nun auch bei uns. Die Tournee wurde relativ kurzfristig zusammengestellt. Start war in Passau, wo der Besuch sehr gut war.

Weiter geht es über Erlangen (schleppender Beginn; Erlangen lässt maximal 60 Platten für die Außenwerbung zu), Forchheim, Bad Kissingen, Gießen und Göttingen nach Bochum. Eigentliches Ziel ist dann Utrecht, wo das Team um Louis Knie junior wiederum den dortigen Weihnachtscircus gestalten wird. In Holland wird man auch jenes Chapiteau aufbauen, welches extra für den Abstecher nach Deutschland angeschafft wurde. Da die hiesigen Behörden das österreichische Baubuch des Knie-eigenen Chapiteaus so nicht akzeptierten, wurde kurzerhand vom Circus Universal Renz jenes Spielzelt erworben, das noch in der Saison 2006 die Manege des Circus Barum überspannte. Es ist schon ein ganz besonderer Anblick, dieses – inzwischen natürlich in die Jahre gekommene - Chapiteau wieder einmal aufgebaut zu sehen. Da werden viele Erinnerungen wach. Gleiches gilt für den kürzlich übernommenen und somit noch in schwarz-gelb gestalteten, Mannschaftswagen von Flic Flac, wenngleich der (vorläufige?) Abschied von diesem Unternehmen noch gar nicht so lange her ist. Ansonsten fallen auf dem Platz natürlich die riesigen Freigehege für Kamele und Pferde auf, die den Tieren größtmögliche Bewegungsräume bieten.

 
Jan Navratil und Francesco, Ilona Pistekova, Robert Stipka

Zuletzt hatte ich den Österreichischen Nationalcircus von Louis Knie senior 2001 gesehen. Die Entwicklung des Unternehmens seine Sohnes konnte ich bis dato nur aus der Ferne verfolgen. Was waren also meine Erwartungen? Ich rechnete natürlich nicht mit einem Spitzenprogramm, wie sie der Vater lange Zeit präsentierte. Wohl aber mit guten Artisten, schönen Tierdressuren, vor allen Dingen aber der geschmackvollen, mitreißenden Inszenierung der Show, wie sie diese Familie Knie nun einmal so perfekt beherrscht. Die Eröffnung wird durch die beiden Musiker im Zentrum des aufwendig gestalteten Artisteneingangs übernommen. Auf dem Orchesterpodium, welches von zahlreichen LED-Scheinwerfern umrahmt ist, intonieren die Sängerin Krisztina Nagy und der Schlagzeuger Manfred Huber begleitet von eingespielten Sounds einen poppigen Song. Huber sitzt während der gesamten Show hinter seinem riesigen Instrument. Die Konserve sorgt für die eigentliche Musik, der Drummer für die effektvolle Akzentuierung. Die verbale Begrüßung in der Manege übernimmt Ilona Pistekova im flotten Livree. Von Livegesang begleitet wird ebenfalls die Kameldressur von Robert Stipka. Ruhig und gelassen dirigiert er die vier mächtigen Tiere bei deren Lauffiguren. Zum Ende werden die an der Piste abliegenden Vierbeiner von zwei Lamas übersprungen. Robert Stipka ist übrigens der Cousin von Denisa und Daniel Stipka (derzeit bei Charles Knie) sowie der Sohn von jenem Robert Stipka, der im vergangenen Jahr für einige Zeit Ordnung in die Freiheitsdressuren des Circus Krone brachte. Im Anschluss erleben wir den ersten von mehreren Auftritten des erst vor kurzem entstandenen Clownduos Francesco (Frank Bergmann) und Jan Navratil. Während Francesco schon seit längerer Zeit für den Humor in den Knie-Programmen sorgt, ist sein Partner erst seit Passau dabei. Die Zusammenarbeit wird nicht lange währen, da Navratil schon in Kürze wieder das Unternehmen verlässt. Ein neuer Clownspartner für Francesco steht aber schon bereit. Zunächst zeigen sie das lustige Seilspringen mit zwei Kindern, später im ersten Teil dann das Zersägen einer Stange mit der Hand. Navratil steuert zudem eine lustige Jonglage mit Tellern bei. Mehr von den Effekten (inkl. Lasershow) und der Aufmachung als von den beiden Tricks leben die Illusionen von Magic Marian.

 Seine Partnerin hierbei ist Ilona Pistekova, welche von ihm mit einer Stichsäge vermeintlich zerteilt wird. Diesen Trick hat man anderswo schon besser verkauft gesehen. Seine zweite Illusion, das Verschwinden aus einer unter die Kuppel gezogenen stoffverhangenen Kabine ist leider ebenfalls kein Spitzentrick. Vor Kurzem noch bei Barelli im Engagement, sehen wir Roberta Bellucci nun bei Louis Knie junior, wo sie zunächst ihre Kür an weißen Tüchern zelebriert, welche vor allen Dingen durch einige Abfaller und natürlich die sympathische Persönlichkeit der Akteurin gefällt. Weniger Anmut beweisen naturgemäß die sechs Esel, welche auf das Kommando von Robert Stipka hören und mit ihren edleren Verwandten locker mithalten können. Will heißen, sie zeigen das Repertoire einer guten Pferdefreiheit. Pausennummer sind die vier jungen Männer aus Afrika (Tansania Boys), welche neben ihren Fertigkeiten als Pyramidenbauern auch ihre Künste als Handstandartisten zeigen. Das natürlich gewohnt lebendig und somit wunderbar geeignet, um den ersten Teil der Show zu beenden. Die „Tierfreunde“ werden von Schlagzeuger Manfred Huber in die Tierschau gebeten, wo unter anderem das „kleinste Pony der Welt“ zu bewundern sei. Ferner teilt er mit, dass der Circus Louis Knie junior für seine vorbildliche Tierhaltung mit der „Note 1“ ausgezeichnet wurde. Nach den ersten 40 Minuten waren meine Erwartungen nur bedingt erfüllt. Die wirklichen „Knie-Effekte“ wurden - wenn überhaupt - nur sehr spärlich gesetzt. Das Publikum reagierte ebenfalls verhalten. Doch da hatten wir alle noch nicht den zweiten Teil gesehen. Und der konnte wirklich voll und ganz begeistern. Los geht es mit „Francesco“ Bergmann, der auf den Spuren von Tierzauberer Shmarlovski wandelt. Nachdem er eine Schar Laufenten über das Sägemehl dirigiert hat, lässt er Hasen „verschwinden“, verwandelt sie in Artgenossen anderer Farbe oder „kreuzt“ sie gar mit einer Schlange.


Tansania Boys

Sympathische Ausstrahlung, gekonnter Verkauf und gute Leistung sind die Attribute mit denen Jongleur Ronny Niemen die volle Aufmerksamkeit der Zuschauer gewinnt. Nacheinander hält er Keulen, Tischtennisbälle und Zigarrenkisten in der Luft. Zu einem naturgemäß feucht-fröhlichen Wasserentree finden sich Ilona Pistekova, Louis Knie junior, Francesco und Jan Navratil auf dem Manegenteppich ein. Ihre Version ist eine runde Sache, welche gut abgestimmt abläuft und das, obwohl das Quartett sich erst kürzlich zusammengefunden hat. Einer der erwarteten „Knie-Momente“ ist die Strapatennummer von Roberta Bellucci. Diese wird bei Louis Knie junior durch den live gesungenen Titel „The Power of Love“ von Jennifer Rush ungemein in seiner Wirkung aufgewertet. Währen Belluccci ihre kraftvolle Akrobatik in luftiger Höhe zeigt, übernimmt Krisztina im edlen Abendkleid die musikalische Unterstützung in der Manege. Glanzstück aber bleiben die zig Umschwünge von Bellucci an den Strapaten.


Francesco, Ronny Niemen, Louis Knie junior

Ein Hochgenuss ist die Vorführung der Freiheitsdressur von je drei pechschwarzen Friesen und weißen Arabern. Dies zumeist zu den Klängen aus Riverdance. Dass zu den perfekt laufenden Figuren der wunderschönen Pferde eine überaus elegante Präsentation kommt, versteht sich bei Louis Knie junior von selbst. Man kann es trotzdem nicht oft genug erwähnen. Einfach traumhaft. Musikalisch schließt Jan Navratil mit seinen Antipodenspielen nahtlos an, da er sich ebenfalls aus dem Fundus von Riverdance bedient. Sein Spiel mit vier Röhren ist klasse, das i-Tüpfelchen setzt er mit der Beförderung eine Balls in einen Korb, welcher an der Spitze einer mit den Füßen balancierten „Wendeltreppe“ befestigt ist. Es folgt Francesco mit einer Golfball-Reprise. Noch in aller Ohren ist „Waka-Waka“, Shakiras Song zur diesjährigen Fußball-WM. Während man es in der von uns verehrten Sparte der Unterhaltungsbranche gewohnt ist, dass Hits erst nach rund fünf Jahren ihren Weg in die Manege finden, ist man bei Louis Knie junior up to date. Und das zahlt sich aus: Die ohnehin schon starke Mastenakrobatik der Afrika-Truppe wird durch diesen von Krisztina Nagy gesungenen Charttitel optimal aufgewertet.

An diese Artistik der geschmeidigen Kraftpakete schließt sich nahtlos das Finale, pardon, das Knie-Finale an. Inzwischen in viele andere Manegen exportiert, gibt es hier das Original, Menschenpyramide inklusive. Ein stimmiger Abschluss eines raffiniert dargebotenen, mitreißenden Circusprogramms, insbesondere was den zweiten Teil angeht. Nicht unerwähnt bleiben soll das starke Lichtdesign mit einer Vielzahl von Moving Heads. Die Verabschiedung übernimmt der Direktor. Ein Wiedersehen soll es bereits im nächsten Jahr geben, wenn wieder ein Abstecher nach Deutschland geplant ist.

__________________________________________________________________________
Text und Fotos: Stefan Gierisch