Zum einen
wurden zwei neue Tribünenblöcke mit zusätzlichen Sitzplätzen links und rechts des nun
schmaleren Artisteneingangs beschafft, zum anderen hat der
Direktor mehrere Zusatzvorstellungen an Vormittagen angesetzt.
Der neue Artisteneingang verfügt über einen Rahmen in Form einer
LED-Wand, auf der während der Vorstellung – passend zur
Atmosphäre der jeweiligen Nummer – unterschiedliche Motive und
Lichtstimmungen geschaffen werden. Das wirkt frisch, modern,
hochwertig, abwechslungsreich. Obwohl Elmar Kretz qualitätvolle
Livemusik stets ein Anliegen war, wird in diesem Winter auf ein
Orchester verzichtet und stattdessen eine sechsköpfige Compagnie
aus dem Hause Louis Knie präsentiert, die hier unter dem Namen „The
Modern Dance Ballett“ auftritt. Sie umrahmt das Programm mit
tänzerisch-akrobatischen Auftritten im Stil der Truppe
Bingo.

Elmar
und Milena Kretz im Mittelpunkt des Finales
Apropos
„Rahmen“ – der ist insgesamt schöner geworden. Erstmals sind
rund um das Chapiteau Strahler installiert, welche die Außenhaut
in verschiedenen Farben beleuchten. Schön wäre es, wenn auch
noch das dreimastige Vorzelt entsprechend in Szene gesetzt
würde. Für einen Circus außergewöhnlich, aber sicherlich
sinnvoll erscheinen die Taschenkontrollen, die am Einlass zum
Circusgelände stattfinden. Eine wunderbare Idee ist die
geschwungene Wand am Eingang des Vorzeltes: Die Vorderseite
heißt uns „Herzlich Willkommen“, die Rückseite steht als
Hintergrund für schöne Selfies der Besucher zur Verfügung. Auch
Zugluft wird so minimiert. Nachdem die allermeisten Tickets im
Vorverkauf abgesetzt werden, gibt es vor dem Circus erstmals
keine Kasse mehr. Spontanbesucher können am Eingang ins Vorzelt
Karten erwerben. Dieses präsentiert sich stimmungsvoll
eingerichtet, mit Verkaufsbuden ringsherum, mit roten
Stoffbahnen, Sternen und Kronleuchtern an der Decke sowie mit
geschmückten Weihnachtsbäumen. Die Toilettencontainer und auch
den Imbisswagen finden wir im Freien.
  
Modern
Dance Ballett, Andrei Bocancea, César Dias
Zum Beginn
der Vorstellung ist das Chapiteau voll besetzt. Die sechs jungen
Frauen des Modern Dance Ballett sorgen mit ihrem Tanz für eine
schwungvolle Eröffnung auf zeitgemäße Weise. Eine von ihnen
demonstriert Kraft und Beweglichkeit am Luftring, eine andere
lässt die Hula-Hoop-Reifen kreisen. Die charmante Begrüßung des hochverehrten Publikums übernimmt die
17-jährige Milena, Tochter von Elmar Kretz. Sie ist ebenso alt
wie der Ravensburger Weihnachtscircus, das Publikum hat sie seit
ihrem Manegendebüt im Dezember 2013 aufwachsen sehen. Inzwischen
ist sie – neben ihrem Vater – das zweite prägende Gesicht des
Unternehmens. Nach dem Opening bleibt die Show temporeich und
wird zugleich tierisch, denn Andrei Bocancea führt seine
Hundenummer vor. Dabei zeigen nicht nur die Tiere Kunststücke,
sondern auch der Tierlehrer demonstriert sein akrobatisches
Können – und dies sozusagen interaktiv, wenn Andrei am Boden
Rollen schlägt und eines der Tiere dabei auf ihm klettert oder
wenn er auf Händen geht und ein Hund zwischen seinen Armen
Slalom läuft. Beherzt springt Andrei Bocancea zudem durch einen
schmalen Reifen, der von einem Requisiteur gehalten wird. Nach sieben Jahren ist Starclown César Dias in die Manege des
Ravensburger Weihnachtscircus zurückgekehrt. Wiederum setzt er
sich auf amüsante Weise mit allerlei Widrigkeiten auseinander,
zunächst beim Spiel auf der Mundharmonika und der „singenden
Säge“. Schon jetzt wird deutlich, dass er nicht nur ein
hervorragender Komiker ist, sondern auch über eine tolle
Musikalität verfügt. Er ist im Ensemble dieser Saison – neben
Elmar und Milena Kretz natürlich – der einzige Künstler, der
schon einmal hier aufgetreten ist.
 
Asia
Perris, Artists of Dance und Modern Dance Ballett
Dass es
diesmal dankenswerterweise fast nur „Neues“ und keine der bisher
häufigen Re-Engagements gibt, macht Elmar Kretz auch in der
Ansage für die nächste Nummer deutlich. Sie wird aus dem Off
eingespielt und wurde, wie alle weiteren Moderationen in diesem
Programm, vorab aufgezeichnet. Ein wenig kurios erscheint dabei
nur der Umstand, wie Elmar Kretz in der dritten Person über sich
selbst spricht. Seine Ansage gilt der jugendlich-sympathischen
Asia Perris, die bei ihrer Handstand-Equilibristik immer wieder
scheinbar mühelos aus dem Seitspagat direkt in den Stand
wechselt. Sie arbeitet durchweg mit gewinnendem Lächeln, bis hin
zum Kreiseln auf einer Hand. Einen modernen Akzent geben die
vier Breakdancer der Truppe „Artists of Dance“ der Show, der
Start mit Tanzbewegungen zu „Jingle Bells“ verleiht dem Ganzen
einen jahreszeitlich-ironischen Touch. Durch die Mitwirkung der
sechs Ballettgirls wird der Auftritt zur großen Shownummer
aufgewertet.
  
César Dias und
Mitspieler, Rubel Medini,
Katherina Spyrko
Für sein
Comeback in Ravensburg hat César Dias neben Bekanntem auch eine
neue, große Nummer mitgebracht. Dabei formiert er zwei Zuschauer
und eine Zuschauerin spontan zur „Rockband“ und hat auch damit
die Sympathien auf seiner Seite. Im Unterschied zu ähnlichen
Nummern singen hier der Clown, die Mitspieler und letztlich das
gesamte Publikum, das zugleich mit seinen Handy-Taschenlampen
ein Lichtermeer schafft. Auch für uns erfahrene Circusgänger
zählt Rubel Medini praktisch noch zu den Neuentdeckungen. Wenn
er bei seinen Balancen auf der Rola Rola auf einem Turm von
sieben Bänke oder auf einer fragilen Konstruktion aus sieben
teils liegenden, teils stehenden Zylindern balanciert, dann ist
ihm tosender Applaus gewiss. Das Modern Dance Ballett übernimmt
nach der Eröffnung des Programms auch die Pausennummer.
Katherina Spyrko überzeugt dabei mit ihrer Arbeit an roten
Tüchern, mit Spagat, Abfallern und einem Wirbel, während ihre
Kolleginnen am Boden coole Dancemoves beisteuern.

Game of
Passion
Während
der Unterbrechung werden die beiden parallel angeordneten
Reckstangen für das Quartett „Game of Passion“ aufgebaut. Drei
Herren und eine Dame zeigen hier ein eindrucksvolles Repertoire
mit vielen Flügen von Stange zu Stange. Das „Duell“ zwischen
César Dias und einem Mitspieler aus dem Publikum durften wir
schon häufig erleben, doch selten war ein Freiwilliger bei
dieser Pantomime – die der Komiker durch mit dem Mund erzeugte
Geräusche unterstützt – so überaus motiviert bei der Sache. Das
Publikum hat hörbar seinen Spaß und spendet rhythmischen
Applaus.
 
Duo Dominguez, Elmar Kretz
Nach einer
Sommersaison im Varietétheater des Hansa-Parks an der Ostsee ist
das Duo Dominguez für sein nächstes Engagement ans andere Ende
der Republik gereist. Wie König und Königin erscheinen der
Kubaner Abel Dominguez und seine Partnerin Yanet González Correa
in ihren aufwendigen Kostümen. Mal schwebt er im Zahnhang und
hält eine Handschlaufe, an der sie sich wiederum im Zahnhang
hält. Mal kreist sie kopfüber an Strapaten, während weitere
Bänder an ihrem Zopf befestigt sind – an diesem wiederum rotiert
er durch die Luft. Eindrucksvoll ist auch der Part, in der er
mit der Kraft seiner Zähne einen Kronleuchter fasst, an dem sie
Elemente der Luftakrobatik wagt. Zum Ende der Darbietung trägt
er die im Zopfhang fliegende Partnerin wiederum nur mit dem
Gebiss. Großer Applaus ist auch dieser Nummer gewiss. Die
hauseigenen Pferdedressuren sind Konstante und Fixpunkt in den
Programmen des Ravensburger Weihnachtscircus, doch
selbstverständlich werden sie Jahr für Jahr neu variiert. Neu
wurde eine Stehendreiterei einstudiert, mit Milena Kretz auf den
Rücken von zwei Friesenhengsten. Ein drittes Pferd läuft unter
ihr hindurch. Nach der Rückkehr zum Boden dirigiert die junge
Tierlehrerin einen Sechserzug Schimmel in Freiheitsdressur,
lässt die Tiere unter anderem Pirouetten drehen und in
Dreiergruppen wenden. Dann übernimmt ihr Vater. Direktor Elmar
Kretz leitet die Tiere beispielsweise zu Gegenläufen in
verschiedenen Varianten an. Drei der Rösser beherrschen das
Flechten, und mit einem Solosteiger findet die Darbietung ihren
Abschluss.
  
Bruno
Macaggi, César Dias, Dias Brothers
Als Elmar
Kretz im Herbst 2023 beim Internationalen Circusfestival von
Latina engagiert war, kehrte er nicht nur mit fünf Preisen für
seine Pferdenummern zurück, sondern entdeckte dort auch einen
hervorragenden jungen Circuskünstler. Und so verpflichtete er
Bruno Macaggi mit seiner Becherjonglage. Der Spanier jongliert mit Bechern in Form von
spitzen Kegeln. Die Zahl der genutzten Becher erhöht sich immer
weiter, die zusätzlichen Requisiten fallen ihm aus
der Zeltkuppel zu. Temperamentvolle Salti zwischen den einzelnen
Tricks wirken ebenso effektvoll. Mit gekonnten Schwung sorgt er
dafür, dass die Becher nach den einzelnen Touren ineinander
gestapelt in seinen Händen landen. So wirft er mit einer Hand
sechs Becher in die Höhe und fängt sie ineinander gestapelt,
ebenso gilt das Kunststück später beim Schlusstrick mit zwei
Händen und zwölf Bechern. Zugaberufe sind der Lohn. Die Stimmung
steigt weiter bei César Dias und seiner Interpretation von „My
Way“, bei der er auf so grandiose Weise an der Tücke des Objekts
scheitert. Auf den gleichen Nachnamen wie der fabelhafte Clown
hören auch die beiden Dias Brothers in ihren eleganten Kostümen,
die als Schlussnummer ihre ikarischen Spiele der Extraklasse
zelebrieren. Der eine Bruder, rücklings auf seiner Trinka
liegend, wirbelt den anderen mit den Füßen durch die Luft, bis
hin zu Pirouetten, Doppelsalti und einer Serie von zwölf
Überschlägen. Im Finale, musikalisch eingeleitet von César Dias
und wiederum tänzerisch vom Modern Dance Ballett veredelt,
bedankt sich das Publikum mit stürmischem Applaus; unzählige
Besucher spenden Standing Ovations. |