Thomas
Schütte ist mit seiner Frohes Fest GmbH der Produzent. Dies in
Kooperation mit Palazzo. Für die Regie zeichnet Stefan Huber
verantwortlich. Neben den engagierten Artisten stehen ihm für
die Inszenierung ein hinreißendes fünfköpfiges Ballett und eine
Sängerin zur Verfügung. An diesem Abend hören wir, statt der auf
der Homepage angekündigten Katja Friedenberg, Lena Belgart. Sie
hat eine fantastische Stimme und dazu eine angenehme Präsenz.
Perfekt eingesetzt werden auch die Vertreter des Genres Komik.
Die Clowns Without Socks und der Rhönrad-Akrobat Konstantin
Mouraviev sind ebenfalls außerhalb ihrer eigentlichen Nummern zu
sehen. Dies in höchst unterhaltsamen Sequenzen. Ein starkes
Lichtdesign rundet die bestens in Szene gesetzte Show ab. Auf
den DJ aus dem letzen Jahr wird dankenswerterweise verzichtet.

Ballett, Lena Belgart, Artem Barbinov (Without Socks) und
Konstantin Mouraviev
Vom
Feinsten ist auch das Material, welches nicht von der ersten
Saison übernommen wurde. Es stammt von Johnboy Roberts. Vor- und
Hauptzelt sind in rot sowie weiß gehalten und machen einen
fabelhaften Eindruck. In der Restauration gibt es ein
abwechslungsreiches Angebot. Da wird aus dem „Eigentlich habe
ich schon gegessen.“ schnell ein „Die Wildbratwurst mit Rotkraut
im Roggenbrötchen probiere ich dann doch mal.“ Und es hat sich
gelohnt. Auf dem Gradin im Chapiteau bieten blaue Klappsitze
guten Komfort, genauso wie die Stühle in den Logen. Der
Artisteneingang wird aus einer großen roten Gardine gebildet,
darüber das Logo der Produktion und Lichtelemente. Rechts und
links steht jeweils ein geschmückter Weihnachtsbaum.
 
Simets,
Without Socks
Spacig ist
das Intro. Sängerin und Tänzerinnen begrüßen uns in
futuristischen Kostümen. Diese passen natürlich perfekt zum
Semaphore der Simets. In stilisierten Raumanzügen balancieren
darauf Laszlo Simet und seine zwei Partnerinnen sowie der
Partner. Im Stil vorn Astronauten bewegen sie sich im Raum über
der Manege. Das beeindruckende Requisit ist eine Kombination aus
Hochseil und Todesrad. Unter anderem im Zwei-Personen-Hoch und
auf einem Fahrrad sind die Simets darauf unterwegs. In der Gunst
des Publikums – die Zuschauer dürfen im Sinne eines
Circusfestivals ihre Favoriten wählen - kommen sie damit auf den
zweiten Platz. „A Sky Full of Stars“ von Coldplay intoniert Lena
Belgart passenderweise, während das Semaphore abgebaut wird. Das
Ballett ist ebenfalls dabei. Dann haben Without Socks ihren
ersten Auftritt. Das gleich mit ihrer für mich stärksten Nummer.
Da geht das Trio auf Hasenjagd und will sich dabei mit einer
historischen Kamera via Selbstauslöser ablichten. Nachdem das
nicht den gewünschten Erfolg bringt, wird ein Zuschauer
hinzugezogen. Zunächst als (ebenfalls glückloser) Fotograf, dann
als Teil des Bildmotivs. Da sich aus dem ihm umgehängten Gewehr
Schüsse lösen, steht er bald alleine da. Konstantin Mouraviev in
Gestalt eines Engels haucht den am Boden liegenden Clowns neues
Leben ein. Die genial erdachte Szene wird herrlich umgesetzt.
Without Socks haben sich vor zehn Jahren am Staatstheater von
Jekaterinburg kennengelernt und seitdem ihre ganz eigene Version
des klassischen Clowntrios verfeinert. 2019 gab es dafür in
Monte Carlo einen Bronzenen Clown. Dem Publikum in Mannheim sind
sie gar Gold wert. Sprich, sie holen sich den ersten Platz im
Wettbewerb.
  
Hermanos Reyes, Olga Moreva, Super Silva junior
Der
traditionellen Circuskunst verpflichtet fühlen sich offenbar
auch die Hermanos Reyes. Denn Francisco und Jonathan stammen aus
einer alten südamerikanischen Circusfamilie und präsentieren
ihre Partnerjonglage in klassischen Kostümen. In Hose, schicker
Weste und Poloshirt sowie mit Fliege lassen sie virtuos Ringe
und Keulen durch die Luft fliegen. Die Ringe im Solo, die Keulen
auch in rasanten Passings, bei denen nicht nur die Requisiten in
Bewegung sind. Zum Abschluss balanciert ein Bruder den anderen
mithilfe einer Schulterperche in luftiger Höhe. Natürlich wird
auch dabei jongliert. Unten mit Keulen, oben mit Ringen. Olga
Moreva sichert sich Rang drei in der Gunst der Zuschauer. Bei
ihrer Kür an den Tüchern lässt sie uns bei Flügen unter der
Kuppel genauso träumen wie mitfiebern. Denn was so leicht
aussieht, weist hohe Schwierigkeitsgrade auf und ist nicht ganz
ungefährlich. Beim Finaltrick wickelt sie sich nur mit dem Kopf
in die Stoffbahnen und fliegt so über der Manege. Fliegend
unterwegs sind üblicherweise auch Stechmücken. Doch diese beiden
Exemplare bewegen sich auf dem Boden fort. Es sind zwei
Mitglieder der Without Socks, die das dritte aussaugen. Auch
wieder originell inszeniert und hinreißend gespielt. „Holding
Out for a Hero“ bildet die musikalische Ankündigung für Super
Silva junior. Gestaltet von Sängerin und Ballett. Kaum sind die
letzten Töne des Lieds verklungen, klettert unser Held an einem
Seil zum Ort des Geschehens. Das sind zwei Trapeze und darüber
eine Stange mit kleinen Schlaufen daran. An diesen geht es von
einer Seite zur anderen. Zunächst mit den Händen, dann mit den
Füßen in den Schlaufen. Den Rückweg nimmt Super Silva junior auf
direktem Weg von Trapez zu Trapez. Gewagt springt er von einem
zum anderen, um sich gar nur mit den Füßen zu fangen. Das ohne
jegliche Sicherung. Vor der Pause gibt es dank Without Socks
noch einmal Entspannung. Eine auf dem Boden liegende Platte hat
eine grüne und eine rote Hälfte. Beide sorgen für
unterschiedliche Sounds, was einen Battle der Tanzstile
provoziert. Am Ende legt das Trio aber eine gemeinsame
Performance auf das Parkett.
 
Konstantin Mouraviev, Selyna Bogino
Wunderbar
weihnachtlich startet der zweite Teil. Die edlen Kostüme der
Tänzerinnen passen bestens zum Fest, Lena Belgart hat den
zugehörigen Song parat. Mit Schmuck versucht Konstantin
Mouraviev das Herz der Sängerin zu erobern, doch die bevorzugt
Artem Barbinov, das attraktivste Mitglied der Without Socks. Der
wiederum zeigt Mouraviev mithilfe des bekannten Posters, wie ein
trainierter Mann auszusehen hat. Die weiteren Mitglieder des
Clownstrios versorgen ihn mit Springseil und Rhönrad. Dank der
damit absolvierten Trainings klappt es tatsächlich mit dem
Traumkörper. Natürlich erleben wir dabei fulminante Akrobatik am
Rhönrad. Ein kräftiger Schluck aus der Bierflasche macht danach
alle Anstrengungen wieder zunichte. In neuen, wiederum auf den
weihnachtlichen Anlass angepassten Kostümen leiten Sängerin und
Ballett über zu Selyna Bogino. Elegant legt sie Mantel und Hut
ab, um auf der Trinka Platz zu nehmen. Virtuos jongliert sie bei
ihren Antipodenspielen verschiedene Gegenstände mit den Füßen.
Sie lässt Walzen, Teppiche und am Ende fünf Bälle tanzen, als
wäre es das Einfachste der Welt. Man kann nur erahnen, wie viel
Training notwendig ist, um diese Leistung zu vollbringen und
dazu noch so charmant zu präsentieren. Mit Bass, Drums und
Akkordeon bilden Without Socks eine äußerst lebhafte Band. Sogar
das Schlagzeug wird bei der höchst witzigen Performance durch
die Manege gezogen.
 
Oleg
Izossimov, Deep Red, Mitglied der Luftmans
Das
Kontrastprogramm dazu erleben wir mit Oleg Izossimov. Zu einer
Opernarie zelebriert er anspruchsvollste Tricks der
Handstandakrobatik in einer unerreichten Kür. Ein zusätzlicher
Reiz ergibt sich dadurch, dass sich die Platte mit den
Handstäben darauf langsam dreht. Lange Trickfolgen arbeitet er
ohne abzusetzen. Ein wahrer Klassiker der Circus- und
Varietékunst. Newcomer, zumindest für hiesige Manegen, sind
Anton Markov und Ekaterina Rubtsova, wenngleich sie bereits 2021
beim Festival in Latina Gold gewannen. Da sie unter dem Namen
Deep Red auftreten, passt der Song „Kiss from a Rose“ als
Einleitung perfekt. Bevor bei einer der letzten Sequenzen
tatsächlich Rosenblätter durch die Luft fliegen, erleben wir
neuartige, sehr starke Kunststücke. Beispielsweise, wenn Anton
in luftiger Höhe beide Enden eines Seils mit den Zähnen hält, an
dem Ekaterina mit den Fersen hängt. Die Liebesgeschichte in Rot
ist ein einziger Genuss und verblüfft mit noch nie gesehenen
Elementen. Um die Motorradkugel hereinzubringen sind noch einmal
die Without Socks gefragt. Der stärkste von ihnen zieht das
eindrucksvolle Requisit mit den Zähnen herein und wird
entsprechend gefeiert. Der Angsthase findet sich auf dessen
oberen Teil wieder und springt letztendlich todesmutig in die
Arme von Kollegen und Requisiteuren. Und dann gehört der Globe
of Death der Fahrerin und den Fahrern aus dem Team von Maximo
Luftman. In aberwitzigen Touren fegen sie auf ihren Motorrädern
durch die Kugel. Das auch beleuchtet in der Dunkelheit. Neue
Kostüme des Balletts, Gesang, Glitzerregen – das Finale wird
ganz groß zelebriert. Nach dieser Show kein Wunder. Das gesamte
Ensemble verabschiedet sich ausführlich vom enthusiastisch
applaudierenden Publikum. |