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Weihnachtscircus Aachen 2024/25
www.weihnachtscircus-aachen.eu ; 205 Showfotos

Aachen, 30. Dezember 2024: Der Nachmittag beginnt mit einer Panne. Gerade noch hat Carsten Franke das Publikum begrüßt und die Donnert Dancers haben die Bühne betreten, schon öffnet sich der Vorhang erneut. Und dahinter steht – niemand. Stattdessen erscheint die erwartete Diva im Zuschauereingang. Ihr Begleiter, gespielt von Pepe Jardim, trägt etliche Einkaufstaschen und Geschenke. Man war offensichtlich shoppen und hat sich ein wenig verspätet. Das Ballett und der Clown überbrücken kurz und dann steht Christine Gogolin voller goldglänzender Pracht vor uns.

Mit dieser herrlichen Szene beginnt die Show 2024 des Weihnachtscircus Aachen. Zu verdanken haben wir sie Regisseur Thomas Bruchhäuser und Co-Regisseur Sandor Donnert, die das Programm in Szene gesetzt haben. Ferner natürlich den Mitwirkenden, allen voran Christine Gogolin. Die Opernsängerin und Entertainerin trägt die Vorstellung mit ihrem großartigen Gesang sowie ihren hinreißenden darstellerischen Fähigkeiten. Schon ihre Auftritte sind der reine Genuss. Hinzu kommen ausgewählte Artisten und Spaßmacher, die ebenfalls zu den Besten ihrer Genres gehören.


Entree zum Weihnachtscircus Aachen 2024/25

Das Ambiente ist wieder wunderbar weihnachtlich. Über dem Chapiteau gibt es eine neue Leuchtschrift mit dem Unternehmensnamen. Vor dem Vorzelt heißt eine aus fünf Transparenten gebildete Fassade das Publikum willkommen. Darauf finden sich Künstlerinnen und Künstler aus den vergangenen Programmen sowie dem aktuellen. In der Restauration das gewohnt ansprechende Angebot. Im Chapiteau herrscht bereits beim Einlass eine warme Stimmung. Das Lichtdesign während der Show ist ohnehin grandios und sucht seinesgleichen. Auch die Einspielung der Musik ist sehr professionell. Live unterstützt wird sie durch einen Schlagzeuger, der über der Gardine sitzt. Der Artisteneingang ist mit Tannenbäumen und Lichtergirlanden üppig dekoriert. Neu ist das langgezogene Display, auf dem verschiedene Grafiken gezeigt werden. Den letzten weihnachtlichen Akzent gibt es beim Verlassen der Circuswelt. Dann nämlich bekommt jeder Gast eine Aachener Printe des Kooperationspartners Nobis überreicht.


Christine Gogolin und Donnert Dancers

Den Weihnachtsengel zum Auftakt stellt eben Christine Gogolin dar. Die Größe der Flügel ist enorm, der Goldglanz von Kostüm und Kopfschmuck ist schwerlich zu übertreffen. So erleben wir sie bei ihrer ersten Gesangseinlage. Dass es auch ein paar Nummern kleiner geht, beweist sie bei ihrem nächsten Auftritt. Dann zieht sie mit einem Vogelkäfig auf dem Kopf durch den Gang zwischen Logen und Gradin. Sie bringt eine vermeintliche Opernarie zu Gehör. Doch lauscht man dem Text genau, merkt man, dass hier keine großen Dramen, sondern Alltägliches besungen wird. Nach der Pause erleben wir sie zusammen mit den Donnert Dancers gar als Putzfrau. Allerdings auch das mit Stil, nämlich im schicken pinken Outfit. Später wird es erneut ausschweifend. Wieder ein opulentes Kleid, wieder ein überdimensionaler Kopfschmuck. Dazu ein ewig langer Rock. Auf einer Schaukel geht es Richtung Kuppel. Unter dem Stoff des Kleids zeigen die Tänzerinnen Schattenspiele. Zum Finale erleben wir Christine Gogolin ein zweites Mal als Engel. Sie singt grandios und hat eine fantastische Ausstrahlung. Sie gibt die große Operndiva und hat ebenso den Mut, ihr Können mit mehr als nur einem Augenzwinkern zu servieren. Eine hinreißende Mischung, die fasziniert.


Stefan Dvorak, Pepe Jardim, Tatiana Ozhiganova

Faszinierend ist auch die Akrobatik auf der Rola Rola von Stefan Dvorak. Der Newcomer aus Österreich gibt der Show gleich ordentlich Schwung. Im blauen Anzug hält er sich auf zig Rollen genauso im Gleichgewicht wie auf einem Fußball. Sechs kleine Tische stapelt er auf Walze und Brett, um souverän auf diesem Turm zu stehen. Zehn Rollen sind es gar bei seinem Finaltrick. Nach Schule und Wehrdienst wird sich Stefan Dvorak ab 2025 ganz auf seine Artistenkarriere konzentrieren. Bei dem Können und der Ausstrahlung sollte das ein Selbstläufer werden. Pepe Jardim hatte 2019 beim Festival in Girona seinen initialen Auftritt in Europa. Der aus Brasilien stammende Clown geht bei seinem ersten eigenständigen Einsatz in den Dialog mit dem Publikum und sorgt dafür, dass die Stimmung weiter steigt. Er hat ein schönes, einzigartiges Kostüm, ein feines Spiel und ein liebenswürdiges Auftreten. Tatiana Ozhiganova kennen manche vielleicht noch im roten Kleid und mit Harmonika. So arbeitete sie etwa im Programm 2014 des Schweizer Circus Conelli ihre Kür an den Strapaten. Den Bändern ist sie treu geblieben, den Stil ihrer Darbietung hat sie komplett geändert. Nun erleben wir sie voller Dynamik, das Outfit spielt eher eine nachrangige Rolle. Dennoch setzt sie es auch hier bewusst ein. Aus dem langen Rock wird bald ein kurzer. Ihre starken Flüge, Umschwünge und Haltefiguren kommen so bestens zur Geltung. Kraftvolle Akrobatik sieht hier so leicht aus.


Alessio, Paul Morocco, Michael Ferreri

In die Luft geht es auch, wenn Alessio seine prächtigen Papageien in die Manege bringt. Denn die Vögel dürfen ausdauernde Runden unter dem Zeltdach fliegen. Doch zuvor beweisen sie ein paar Etagen tiefer, welche herrlichen Kunststücke sie beherrschen. Extra für Aachen wurde die Nummer neu inszeniert. Gäste aus dem Publikum werden jetzt nicht mehr einbezogen. Dafür wirken die vier hübschen Tänzerinnen mit. Die Kostüme und Requisiten sind weihnachtlich gestaltet. Grundsätzlich bekannt sind auch die Tricks. So wird etwa die Rose durch einen gefiederten Boten jetzt nicht an einen Zuschauer überbracht, sondern an ein Mitglied der Donnert Dancers. Die Flüge eines Papageien im Kreis gehen nun von Zuckerstange zu Zuckerstange, welche von den knienden Girls gehalten werden. Es ergeben sich neue Bilder, in denen das Können von Alessios wunderschönen Tieren bestens zur Geltung kommt. Die Komiker-Truppe Olé besteht aus mehreren Mitgliedern. In Aachen erleben wir den Gründer Paul Morocco gemeinsam mit einem Partner. Die beiden singen, spielen Gitarre und jonglieren mit ihren Instrumenten. Ihre Flamenco-Performance ist zum Brüllen komisch. Zu Beginn gibt es ein Tischfeuerwerk auf dem Hut von Paul Morocco, auf dem Innenfutter seines Sakkos prangt das Logo der Supermarktkette Lidl und sein Partner hat kein Problem damit, seinen blanken Oberkörper zu präsentieren. Die skurrilen Einfälle gehen dem Duo nicht aus. Sie werden ohne Rücksicht auf Verluste dargeboten. Dennoch hätte ich mir einen etwas kompakteren Auftritt gewünscht. Vollblutentertainer, mehrfacher Weltrekordhalter, vor allen Dingen ein genialer Jongleur ist Michael Ferreri. Das Auge kann kaum folgen, wenn er seine weißen Bälle auf aberwitzige Touren schickt. Ob klassisch, über Kopf oder nochmal ganz anders, der junge Artist beherrscht alle Finessen des Genres. Dabei findet er sekundenschnell den Kontakt zum Publikum. Den letzten Ball für die Jonglage mit der größten Anzahl an Bällen lässt er mal eben verschwinden. Doch da hat er die Rechnung ohne Ingo Stiebner gemacht. Der Chef de Piste passt auf und wirft ihm die Kugeln einzeln zu. Natürlich gelingt im Anschluss auch dieser Trick.


Irena Lagroni, Jump'n Roll

Für ein Konzert mit Glocken sucht sich Maestro Pepe Jardim Gastmusiker aus dem Publikum. Auch jetzt überzeugt der Komiker wieder mit einem ausdrucksstarken, witzigen Spiel. Wie schon bei Olé zuvor, hätte hier ebenfalls eine Straffung gutgetan. Die quietschgelben Anzüge geben den Lemon Brothers ihren Namen. Das sind vier energiegeladene junge Herren, die auf der koreanischen Wippe aberwitzige Sprungkombinationen vollführen. Dabei ist das Quartett ständig in Bewegung, die flotte Musikbegleitung treibt die Jungs zu immer neuen Höchstleistungen an. Die Salti und Schrauben sind vom Feinsten. Hier sind wahre Könner am Werk, die auch die Show meisterlich beherrschen. Die Choreografie ihrer Darbietung ist einfach umwerfend. Ballett und Pepe Jardim holen uns in die folgende Pause ab. Die Donnert Dancers beginnen im Zusammenspiel mit Christine Gogolin auch den zweiten Teil. Irena Lagroni hat sich den Antipodenspielen verschrieben. Geschickt lässt sie auf ihren Füßen Walzen und Teppich tanzen. Unter Zuhilfenahme der Hände rotieren sogar vier der quadratischen Stoffstücke gleichzeitig auf ihren Extremitäten. Das Bugsieren eines Balls in einen Korb über mehrere kleine Plattformen wird spannend verkauft. Noch einmal erleben wir die Lemon Brothers. Nun in schwarz-weiß-gestreiften Outfits unter dem Titel Jump'n Roll. Wieder gibt es phänomenale Sprünge. Diesmal werden sie durch federnde Sprungstelzen ermöglicht. Wieder ist ihr Auftritt ungemein mitreißend und auf Topniveau. Wieder geht das Publikum enorm mit. Zunächst mit drei, dann gar mit elf Zigarrenkistchen jongliert Pepe Jardim. Ein Zuschauer darf ihm assistieren, wenn eine Kiste nach der anderen in einem Sack verschwindet.


Nicolas Lagroni, Pellegrini Brothers, Andrej Pogorelov

Was seine Mutter mit den Füßen macht, vollführt Nicolas Lagroni mit den Händen - jonglieren. Der junge Tscheche beherrscht die Kunst der Bouncing-Jonglage. Bis zu neun Bälle wirft er Richtung Boden, um sie blitzschnell wieder aufzufangen und erneut auf die Reise zu schicken. Der Wirbelwind verkauft seine Kunst bereits sehr charmant. Durch die Einbeziehung eines gläsernen Stuhls hebt er sich von anderen Darbietungen des Genres ab. Um seine berufliche Zukunft muss man sich wahrlich keine Sorgen machen. Beim zweiten Auftritt von Olé spielen neben Gitarren Tischtennisbälle eine wichtige Rolle. Die beiden Komiker liefern sich ein Ping-Pong-Match mit einem Herrn aus der Loge. Während der Gast einen herkömmlichen Schläger nutzt, sind die beiden von Paul Morocco an seinem Kopf befestigt. Sein Partner verwendet gar die Gitarre als Sportgerät. Auch hier bleibt kein Auge trocken. Als Zugabe jongliert Morocco Tischtennisbälle mit dem Mund. In stilvollen weißen Anzügen kommen die Pellegrini Brothers in die Manege, jeder von einem Spot begleitet. Wenn sie ihre Oberteile ablegen, geht ein Raunen durchs Rund. Jedem ist klar, hier stehen Legenden der Artistik. Erdeo, Andrea und Natale zelebrieren ihre Partnerakrobatik regelrecht. Sie sind in allen namhaften Häusern aufgetreten und wissen, wie sie ihre Fähigkeiten optimal präsentieren. Edle Handstandvariationen werden so zu einem wahren Ereignis. Die Schlussnummer gehört Andrej Pogorelov. Im Januar 2024 gewann er beim Festival in Budapest Silber. Er arbeitet im Solo auf einem stylishen Todesrad. Nervenkitzel ist garantiert, wenn er nicht nur den Vorwärts-, sondern auch den Rückwärtssalto auf der Außenseite des rotierenden Rades zeigt. Einen Rückwärtssalto mit Pirouette springt er ebenfalls sicher. Quasi zum Aufwärmen erleben wir unter anderem das Seilspringen und den Lauf mit verbundenen Augen. Ein sympathischer Zeitgenosse ist Andrej Pogorelov noch dazu. Bleibt zu hoffen, dass wir ihn hierzulande noch des öfteren erleben dürfen.


Szene aus dem Finale

Das Finale ist in Aachen eine eigenständige Nummer. In diesem Jahr ist es an Christine Gogolin, den Engel in der edlen Variante zu geben. Den komischen Part übernimmt Paul Morocco. Mit Heiligenschein und viel zu kleinen Flügeln schwebt er im Schneetreiben über der Manege. Das gesamte Ensemble verabschiedet sich einzeln und gemeinsam vom Publikum. Die Donnert Dancers tragen dabei edle weihnachtliche Kostüme. Frenetischer Applaus ist den Mitwirkenden im vollbesetzten Chapiteau sicher.

Was für ein Nachmittag! Nach einer – natürlich bewusst eingebauten – Panne erleben wir eine Show, die kaum weihnachtlicher, kaum stärker besetzt, kaum besser in Szene gesetzt sein könnte. Hier stimmt einfach alles. Alle circensichen Weihnachtswünsche werden vortrefflich erfüllt. So bleibt ein überschwänglicher Dank an die Frohes Fest Event GmbH von Thomas Schütte, die uns dieses grandiose Geschenk gemacht hat!

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Text und Fotos: Stefan Gierisch