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Circus Medrano - Tour 2025
www.circusmedrano.ch ; 147 Showfotos

Wald, 8. März 2025: Der Circus Medrano ist das Chamäleon der Schweizer Circusszene und wechselt immer wieder seine Gestalt. Die einzelnen Nummern sind gut, aber das Ambiente doch recht schlicht und kühl. Und jede Programmbesprechung kann nur eine Momentaufnahme sein, da die Akteure im Verlauf der Saison immer wieder wechseln, jedenfalls zum Teil – das waren unsere zentralen Bemerkungen zum Medrano-Besuch 2024. Sie lassen sich für die Stippvisite im März 2025 unverändert wiederholen, wobei es ein neues Programmkonzept gibt und das gesamte Ensemble neu ist.

Und so steht in diesem Jahr auf den meisten Plakaten einfach nur „Wasser-Emotionen-Circus“, ohne Nennung des eigentlichen Unternehmensnamens. Eine ausgeklügelte Wasser-Show, so wie aktuell bei Charles Knie oder zu den Glanzzeiten des Circus Fliegenpilz, wird hier freilich nicht geboten. Die Manege ist ausgefüllt mit einem Bassin, das rundherum einen breiten, erhöhten Umgang bietet. Das Becken ist nur sehr flach mit Wasser befüllt. Der Bereich zwischen der kleinen Mittelinsel und dem einfachen Artisteneingang aus rotem Stoff bildet eine Art Bühne, eine größere Spielfläche also. Ihren Holzplatten im Baumarkt-Stil täte eine Abdeckung aus einem ansprechenden Teppich gut. Um die kleine Mittelinsel herum ist ein Metallring angebracht, aus dem eine einzige Reihe Fontänen emporsteigt. Variiert werden können die Höhe des Strahls und die Taktung. Diese Art von einfachem Wasserspiel begleitet jede einzelne Darbietung der Show. Auf raffinierte Beleuchtungseffekte, die das Wasser in Szene setzen, wartet man vergeblich. So werden letztlich durchaus Wasser und Circus, aber nur eingeschränkt Emotionen offeriert.


Chapiteau, Opening mit Wasserbühne

Das Unternehmen von Davide Trentini spielt in dem neuen, rot-gelben Chapiteau, das vor einem Jahr angeschafft wurde, ebenso wie das Gradin mit blauen Schalensitzen, auch im Logenbereich. Bei unserem Besuch in Wald, wenige Kilometer von Rapperswil entfernt, wird auf das Vorzelt verzichtet. So stehen der Restaurationswagen, die von einem Kirmes-Fahrgeschäft stammende Kasse sowie Tische und Stühle zum Verweilen direkt im Freien. Dort versammelt sich auch das Publikum, denn der Einlass beginnt erst zur angegebenen Vorstellungszeit. An der Kasse treffen wir Leyla Mak-Frank, an der Restauration ihren Mann Gino Frank. Nachdem die Familie derzeit nicht mit ihrem eigenen Circus reist (2024 in Kooperation mit Filip Geier-Busch als Busch-Roland, zuvor lange als Moskauer Circus), hat Gino Frank bei Medrano die Aufgabe des Zeltmeisters übernommen. Die jüngere Generation mit Oleksandr und Latoya Mak-Frank ist im Programm vertreten, ebenso wie die Familie Tonitos, die viele Jahre lang bei den Franks engagiert war.


Oleksandr Mak-Frank, Alan Rossi, Erik Medina

Zum Beginn der Vorstellung paradiert das achtköpfige Ensemble über den Umgang der Wasserbühne, dabei in die Hände klatschend. Auf der Spielfläche entspinnt sich ein Charivari mit Keulen- und Teppichjonglage, sich drehenden Hula-Hoop-Reifen, Hand-auf-Hand-Akrobatik und einem ersten Kennenlernen von Clown Alan Rossi. Oleksandr Mak-Frank mimt mit einem Mikrofon in der Hand einen Sänger. Mit einer weiteren Runde der gesamten Compagnie um das Wasserbassin findet das Opening seinen Abschluss. Nun heißt es Manege frei für Oleksandr Mak-Frank. Mit violetter Hose und freiem Oberkörper zelebriert der junge Mann kraftvolle Posen und gewagte Abfaller an den Strapaten, wickelt sich betont langsam auf und ab. Einmal mehr gefällt uns, wie er stets mit dem Herzen bei der Sache ist und das Publikum mitzureißen versucht, auch wenn es einmal nur wenige Zuschauerinnen und Zuschauer sind – so wie an diesem Nachmittag, als etwa 60 Kinder und Erwachsene die Vorstellung verfolgen. Das ist auch keine ganz einfache Situation für Clown Alan Rossi, der sich daran macht, das Publikum mit bestens bekannten Szenen zu unterhalten. Mit weißem Hemd und karierter Weste, schwarzer Hose und roten Socken, Hut und dicker Brille verkörpert der sympathische Italiener einen traditionellen Typ Spaßmacher. Zunächst spielt er die Golfball-Reprise. Ein Gast aus den Tribünenreihen soll den imaginären Ball letztlich in einer hochgehaltenen Papiertüte fangen. Klassische Jonglagen präsentiert Erik Medina aus Mexiko. Bis zu sechs Bälle schickt er sicher auf verschiedenste Touren, danach hält er sieben und im dritten Anlauf kurz auch acht Ringe in der Luft. Bei der Jonglage mit drei Keulen dreht er Pirouetten oder lässt gleichzeitig einen Ball auf seinem Kopf springen. Mit der Schwerkraft zu kämpfen hat er an diesem Tag bei der Arbeit mit fünf Keulen, und den Abschluss bildet der effektvolle Wechsel zu fünf Fackeln.


Latoya Mak-Frank, Duo Madison, Alan Rossi

Echte Tiere gibt es in diesem Programm nicht, aber immerhin animiert Alan Rossi einen Spielzeug-Hund zum Reifensprung. Zuvor macht das "Tier" einen Überschlag, und als weiterer „Special Effect“ kippt überraschend das Podest weg, auf dem das "Tier" agiert. Es ist heute fast schon eine Rarität, wieder einmal eine traditionelle Vertikalseilnummer zu erleben. Hier hat sich Latoya Mak-Frank für dieses Genre entschieden. Begleitet von treibender Musik wagt sie verschiedene rasante Wirbel an Schlaufen, dies auch kopfüber. Geschicklichkeit beweist Alan Rossi, wenn er einen geworfenen Hut oder eine nach oben gepustete Straußenfeder jeweils mit dem Kopf fängt. Zu den stärksten Nummern im Programm gehören die Antipodenspiele von Marisa Tonito und ihrer Tochter Madison als Duo Madison. Dabei werden von Marisa Tonito fünf große Bälle mit den Füßen jongliert und von Madison Tonito vier Teppiche kreisen gelassen. Marisa Tonito bugsiert einen Ball über fünf Plattformen an einer Metallstange in den Korb am oberen Ende. Die Stange ist an ihren Füßen befestigt. Gemeinsame Sache machen Mutter und Tochter beim Schlusstrick. Madison steht im Schulterstand auf den Füßen von Marisa Tonito. So lassen beide gemeinsam fünf Teppiche auf Händen und Füßen fliegen. Eigentlich erwarten wir nun bereits die Pause, doch zuvor hat noch Alan Rossi seinen ausführlichsten Auftritt. Er lädt eine Dame und einen Herrn aus dem Publikum zu einer Fahrt auf dem imaginären Motorrad ein. Ob eine solche Szene mit deutlichem Körperkontakt zwischen Komiker und Gast noch in diese „hypersensible“ Zeit passt, lassen wir dahingestellt.


Erik Medini und Alan Rossi, Oleksandr Mak-Frank

Auch in Hälfte zwei steuert Oleksandr Mak-Frank die erste Darbietung bei, nunmehr mit Handstandakrobatik. Zunächst arbeitet er stilvoll im blauen Anzug und mit Hut, dann legt er Sakko, Weste und Kopfbedeckung ab und präsentiert – wie schon an den Strapaten – den freien Oberkörper. Im letzten Teil seiner Nummer drückt er seine Handstände auf einer hohen Stange. Auch beim zweiten Auftritt wirkt er jederzeit voll motiviert. Für eine gemeinsame Jonglagenummer haben sich Erik Medini und Alan Rossi zusammengetan. Sie lassen drei Keulen hin und her fliegen und schaffen es, dabei ihre Kleider zu tauschen. Auch ein kurzes Passing mit sechs Keulen gehört zu diesem kurzfristig zusammengestellten Joint Venture, das natürlich nicht so ausgefeilt sein kann wie eine etablierte Nummer dieser Art à la Strahlemann und Söhne.


Chan Brothers, Oleksandr Mak-Frank

Eine attraktive Darbietung tragen noch die beiden Chan Brothers zur Vorstellung bei. Die Marokkaner in weißen Hosen zeigen eine anspruchsvolle Partnerakrobatik, beweisen dabei Kraft, Balance und Gleichgewichtssinn – dies etwa bei der einarmigen Handstandwaage auf dem Kopf des Untermannes. Als letzte Reprise bringt Alan Rossi sein Wasserspucken, das bei Kindern und Erwachsenen großes Vergnügen auslöst. So stürmen einige Kinder nach vorne und filmen ihren mitwirkenden Freund mit dem Smartphone. Zum Abschluss der Vorstellung gibt es eine neue Version der Magic Show der Familie Tonitos. Oleksandr Mak-Frank schlüpft nun in die Rolle des Magiers, seine Schwester Latoya sowie Marisa und Madison Tonitos fungieren als Assistentinnen. Zum Beginn entsteigen die Damen einem scheinbar leeren Käfig, dann wird Madison Tonitos dem Anschein nach von spitzen, brennenden Speeren in einer Kiste durchbohrt, entsteigt dieser aber unversehrt – gefolgt von den beiden anderen Damen. Von Jidinis kennen wir die ungewöhnliche Illusion mit geheimnisvollen Platzwechseln unter Tüchern. Letztendlich verschwindet Marisa Tonito vor den Augen des gesamten Publikums aus einer schwebenden Box. Im Finale stellt sich das Ensemble nochmal gemeinsam vor.

Das Circus-Chamäleon Medrano hat in dieser Saison die Gestalt eines Wasser-Circus angenommen, freilich eines recht schlicht präsentierten. Mit 40 Minuten Spielzeit in der ersten und 30 Minuten in der zweiten Hälfte plus 15 Minuten Pause fällt die Vorstellung kurz aus, aber immerhin mit durchweg guten Darbietungen. Kurze Zeit nach unserem Besuch war einer der beiden Chan Brothers ausgeschieden, dafür zeigte der verbliebene Partner nunmehr eine Pole-Nummer anstatt der Partnerakrobatik. Zudem wurde die Show von Fryda Daniela, der Lebensgefährtin von Erik Medina, mit einer Hula-Hoop- und einer Tüchernummer ergänzt.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Moll