Mit Ausnahme eines kurzzeitigen Versuchs
im vergangenen Jahr geht die Familie Köllner seit längerem nicht
mehr auf Tournee, sondern bespielt in den Sommerferien einzelne
Städte in Kooperation mit Möbelhäusern. Zudem gastiert man seit
über zwei Jahrzehnten jedes Jahr in der Heimatstadt Dortmund;
die trotz heißer Temperaturen ordentlich gefüllten
Besucherreihen zeugen von der gegenseitigen Treue.
 
Außenansicht
Anstatt eines eher unscheinbaren weißen
Zeltes wie 2016 ist nun ein neuwertiges Zwei-Mast-Chapiteau mit
16 Metern Durchmesser und markanter rot-weiß-gelber Farbgebung
aufgebaut; das mutet gleich noch mehr nach Circus an. Der bunte
Kassenwagen als Blickfang fehlt hingegen in diesem Jahr leider
ebenso wie der schöne, samtrote Artisteneingang im Inneren. Auch
die Tribüne ist durch einfache Stuhlreihen ersetzt. Das
letztmals so stilvolle Ambiente leidet damit jetzt ein wenig;
aber ohnehin sind die rund einstündigen Vorstellungen diesmal
nicht auf „Kammerspiel-Hochglanz-Artistik“ angelegt, sondern in
bester Tradition auf Unterhaltung für die kleinen Gäste.
 
Karl Köllner
Karl Köllner führt nicht nur gewohnt
launig durch das Programm, seine Mitmach-Zaubereien ziehen sich
wie ein roter Faden durch den ersten Teil. Dafür holt er sich
jeweils kindliche Unterstützung aus dem Publikum. Gleich nach
der Begrüßung sagt er mit einem Augenzwinkern die Farben von
Socken voraus und lässt den Bezug eines Regenschirms
verschwinden; mittels einer magischen Miniatur-Waschmaschine
wechseln Kleidungsstücke ihre Farben, und zuletzt wird ein
trostloses Bild dank Zauberspruch des jungen Assistenten zum
prächtigen Gemälde. Im zweiten Teil beweist Köllner dann sein
akrobatisches Talent und balanciert bis zu sechs Stühle auf
seinem Kinn. Auch das Gewicht eines Jungen, auf dem Stuhl
sitzend, hält er in der Waage.
  
Jasmin und Bira Nogueira
Köllners
Tochter Jasmin hat die Ausbildung an der
Artistenschule Berlin absolviert und stand schon in bekannten
Manegen. In diesem Sommer ist sie mit dem väterlichen Betrieb
unterwegs. Neben Teppichen hat sich die junge Akrobatin auf
große Bälle spezialisiert, die sie bei ihrer
Antipoden-Darbietung in Bewegung hält. Als Original-Trick wirft
sie ihre Requisiten abschließend mit den Füßen in ein
Rutschengestell, so dass diese wieder vorne an ihrer Trinka
auskommen und ein dynamischer Effekt erzielt wird. Als zweite
Darbietung hat Jasmin eine typische Hula-Hoop-Darbietung
aufgebaut, bei der schlussendlich sechs Ringe um ihre Arme und
Beine kreisen. Bira Nogueira, seit kurzem ihr Ehemann, fährt
normalerweise in Mannschaftsstärke durch die Motorradkugel; hier
darf er alleine agieren, zeigt dabei zahlreiche Überschläge und
fährt mit illuminierter Maschine im Dunkeln. Das ist natürlich
kaum vergleichbar mit großen Truppen, aber das Eisengestell mit
seinen knapp vier Metern Durchmesser wirkt im kleinen Zelt auch
so besonders.
  
David und Anna Konyot sowie
Tochter Lili
Eine jahrelange Freundschaft verbindet die
Familie Konyot mit den Köllners. So sind sie zum wiederholten
Male zu Gast im Classic Circus. David Konyot ist der
liebenswürdige und durchaus unterhaltsame Clown. Zusammen mit
Karl Köllner lässt er ein Tuch scheinbar durch die Manege
wandern, später „hypnotisiert“ er eine Giraffe. Die ist freilich
nur aus Plastik, aufblasbar und auch gar nicht so riesig –
lebende Tiere gibt es diesmal nämlich nicht in der Vorstellung.
Nur ein paar Ziegen, Esel und Lamas bilden den ebenso wie
Hüpfburg und Kinderschminken zum Rahmenprogramm gehörenden
Streichelzoo. Und so ist auch der Seelöwe im zweiten Teil
keinesfalls echt, sondern David Konyot im Ganzkörperkostüm.
Zusammen mit seiner Frau Anna als stilvolle Partnerin bringen
sie eine amüsante Parodie auf jene Nummern. Von Wortwitz und
Musikalität schließlich lebt der letzte große Auftritt des
Paares. Letzteres Talent haben sie offenbar auch Tochter Lili in
die Wiege gelegt, wenn diese die Hula-Hoop-Darbietung mit
Livegesang untermalt. In ihrem eigenen Auftritt als toughes
Western-Girl hantiert sie mit Pistolen und Peitschen und lässt
darüber hinaus variantenreich die Lassos drehen. |