Das
Wahrzeichen der Stadt ist der 158 Meter hohe Blackpool Tower. Das im
Stil des Pariser Eiffelturms errichtete Bauwerk wurde 1894 eröffnet.
Im gleichen Jahr nahm auch der im Sockelgebäude beheimatete Blackpool
Tower Circus seinen Betrieb auf. Seitdem wurde ununterbrochen jedes
Jahr gespielt.

Blick auf den Blackpool Tower Circus
Die
Saison 2018 geht von Ende März bis Anfang November. Das Angebot ist an
die zu erwartenden Touristenströme angepasst. An manchen Tagen wird gar
nicht geöffnet, an anderen gibt es gleich drei Vorstellungen. Natürlich
spielt auch das Wetter eine große Rolle für die Auslastung des
Auditoriums mit seinen 1.300 Sitzplätzen. Denn direkt vor dem
Circusgebäude laden bei Sonnenschein der Strand und das Meer zum
Badevergnügen. Die Innenarchitektur stammt von Frank Matcham. Sie ist
im maurischen Stil gehalten. Gold ist die vorherrschende Farbe im reich
verzierten Saal. Es gibt zwei Artisteneingänge. Auf einem thront die
sechsköpfige Band, die vor und während der Vorstellung hervorragend
spielt. Ein echter Gewinn. Die Gäste dürfen das Programm auf plüschigen
Klappsesseln genießen.

Mr. Boo und Mooky
Seit
1991 steht der Circus unter der Direktion der ungarischen Familie
Endresz. Laci Endresz Sr hat Verantwortung an seine Söhne abgegeben und
kümmert sich aktuell vor allen Dingen um die Auswahl der Artisten. Dies
tut er gemeinsam mit Gattin Maureen, die zudem als Company Manager
fungiert. Sohn Bubu ist für Kostüme und Technik zuständig. Seinem Bruder Laci Jr obliegt die Regie der Shows. Die aktuelle trägt den Titel
„Celebration“. Natürlich wird damit der 250. Geburtstag des Circus der
Neuzeit gefeiert. Die Junioren der Familie sind so etwas wie das
Gesicht des Blackpool Tower Circus. In ihren Rollen als Mooky und Mr.
Boo grüßen sie von Plakaten und Flyern. In der Show bilden die Clowns
den roten Faden. Mr. Boo (Bubu) übernimmt in edler Uniform in den
Farben Blau und Gold den seriösen Part. Mooky (Laci Jr) ist der August.
Die beiden liefern sich herrliche Wortgefechte. Dabei beweisen sie
einen feinen britischen Humor. Zu Beginn muss Mooky lernen, dass das
Jonglieren hier verboten ist. Schließlich möchte Mr. Boo nach der
Begrüßung des Publikums ungestört ein Saxophonsolo zu Gehör bringen.
Auch die Aufführung von Mozarts Kleiner Nachtmusik wird immer wieder
unterbrochen. Kurzerhand wird vom Saxophon an den Flügel gewechselt.
Hier spielt Mr. Boo dann Musik aus dem Film Titanic. Wunderbar ergänzt
durch eine aus dem Innenraum des Instruments gesteuerte figürlichen
Darstellung des Themas. Ihren größten Auftritt haben die Brüder mit
einer eigenständigen Version des Spiegel-Entrees. Auch hier beweisen
sie ein perfektes Timing. Mich jedenfalls haben haben Mooky und Mr. Boo
bestens unterhalten. Zwei ungeheuer sympathische Zeitgenossen, die viel
Spielfreude an den Tag legen.
  
Duo Lyd, Gennady (Duo Veslovski), Tänzer aus Adygeja
Auf
ihre Begrüßung folgt das Opening. Ein Circuswagen aus Holz wird von
einem Mammut durch die Manege gezogen. Nachdem der Wagen abgestellt
ist, entsteigen die Artisten und präsentieren sich dem Publikum. Die
sechs Damen des Balletts aus der Ukraine tanzen in Paradeuniformen.
Mooky und Mr. Boo zeigen Passings mit Keulen. Die Nebelmaschine sorgt
für mystische Stimmung. Auch im weiteren Verlauf wird viel mit
Bühnennebel gearbeitet. Für mich eindeutig zu viel. Dadurch wird die
Sicht auf das Geschehen im wahrsten Sinne des Wortes getrübt. Das
eigentlich gute Lichtdesign wird in seiner Wirkung reduziert. In
historischen Kostümen arbeitet das Duo Lyd Akrobatik auf dem Fahrrad.
Wir kennen die charmanten Kubaner unter anderem von Engagements bei
Nock und Arlette Gruss. Ihr Pas de deux auf dem Zweirad überzeugt mit
starken Tricks. Wie etwa dem Handstand von Liss Mery auf den Schultern
ihres Partners Darien. Dieser tritt dabei mit dem Rücken zur
Fahrtrichtung in die Pedale. Das Duo Veslovski mit seinen
Peitschenspielen hatte ich bislang in Western-Outfits erlebt. Hier nun
tragen sie folkloristische Kostüme aus ihrer russischen Heimat. Sowohl
Angelika als auch ihr Ehemann Gennady erweisen sich als Virtuosen an
den Peitschen. Präzise treffen sie ihre Ziele. So etwa Scheiben, die
unter einer runden Kerze platziert sind. Scheinbar spielerisch schnalzt
Gennady eine nach der anderen weg. Ein gesunder Schuss Humor begleitet
ihren Auftritt. Dieser ist in ein großes Schaubild eingebettet, das in
Russland und seinen Nachbarländern spielt. So ist das ukrainische
Ballett in edlen Kostümen involviert. Zudem erleben wir vier schneidige
Tänzer aus der im Nordkaukasus gelegene Republik Adygeja. In Uniformen
ihrer Heimat sorgen sie für ordentlich Stimmung. Dies nicht nur mit
zackigen Choreographien, sondern auch als Trommler.

Akrobatik am Trampolin
Die
Pausennummer gehört dem Trio Bokafi. In Matrosenuniformen katapultieren
sich die Ungarn mit Hilfe eines Schleuderbretts gegenseitig in die
Luft. Truppenchef Gabor Boros ist bei meinem Besuch verletzungsbedingt
nicht dabei. Ein anderer Fänger springt dafür ein. Der letzte Sprung
wird effektvoll auf einem Sessel gelandet, der auf einer Perchestange
ruht. Der zweite Teil entführt uns ins Weltall. Die Filmreihe „Star
Wars“ bildet das Motiv für die sechsköpfige Formation, die Artistik auf
zwei Trampolinen zeigt, zwischen denen ein „Haus“ aus Plexiglas und
Metall steht. Die Dame und die fünf Herren zeigen abwechslungsreiche
Sprungkombinationen in flottem Tempo. Das Ballett umrahmt den Beginn
ihres Auftritts. Auch danach geht es mit dem Weltraum-Thema weiter. Ein
kleiner Joda schaut herein, der sich als Mooky entpuppt. In seiner
eigentlichen Maske zeichnet der Clown dann ein Bild. Als er es nach
Fertigstellung um 90 Grad dreht, ist darauf ebenfalls Joda zu sehen.

Duo Veslovski mit Ekaterina und Andrey
In
moderner Aufmachung präsentiert eine Kontorsionistin ihre Künste auf
einem Tisch. Das Ballett begleitet sie dabei. Nachdem Mooky und Mr. Boo
einen imaginären Hund dressiert haben, gehört das Scheinwerferlicht
noch einmal dem Duo Lyd. Bei ihrer Akrobatik am Mast beweisen sie uns
einmal mehr, dass kraftraubende Tricks ganz entspannt wirken können. Mit
lateinamerikanischer Leichtigkeit arbeiten sie anspruchsvolle Figuren
an der vertikalen Stange. So steht etwa Liss Mery auf dem Oberkörper
von Darien, während dieser sich im 90-Grad-Winkel am Masten festhält.
Für die Schlussnummer wird die 500.000 Liter fassende Wassermanege
aufgefahren. Auf der einen Seite werden verschiedene Fontänen zu
schönen Wasserspielen orchestriert. Auf der anderen bildet eine Bühne
den Untergrund für rasante Rollschuhakrobatik. Hier erleben wir noch
einmal das Duo Veslovski. Hinzu kommen Ekaterina und Andrey. So jagen
in flotter Folge bis zu vier Artisten gemeinsam über die Plattform.
Dies im Wechsel mit Tricks der beiden Duos. Der doppelte Nackenwirbel
bildet das Grande Finale dieser Darbietung. Das Finale der Show
schließt sich nahtlos an. Alle Mitwirkenden verabschieden sich von der
Piste aus vom Publikum, während die Springbrunnen schöne Bilder formen.
|