Der
Circus Krone realisierte das schon länger geplante Vorhaben einer
Winterproduktion in Würzburg. Was die Rückkehr zur Tradition an der
Marsstraße in der bayerischen Landeshauptstadt angeht, gibt es
allerdings eine ganz entscheidende Ausnahme. Statt drei verschiedener
wird bis zum 16. April nur eine Show gezeigt. Lediglich kleinere
Änderungen sind vorgesehen. Natürlich senkt das den Aufwand.
Andererseits wird es in München und Umgebung etliche eingefleischte
Krone-Fans geben, die sich bislang zwei oder gar alle drei Programme
angesehen haben. Sie werden es nun wohl bei einem Besuch belassen.

Blick in den Kronebau am Ende
des Finales
Diese Nachmittagsvorstellung in der ersten Woche des neuen Jahres ist
jedenfalls bestens ausgelastet, so gut wie ausverkauft. Nur einzelne
der insgesamt rund 3.000 Sitzplätze bleiben leer. Bevor es losgeht
besteht die Möglichkeit, in der einladenden Restauration einen Kaffee
zu genießen oder die in den Schaukästen im Rundgang ausgestellte
Unternehmensgeschichte anzusehen. Oder aber man blättert schon einmal
im aufwendigen, sehr informativen Programmheft. Im Innenraum sitzen
bereits die Musiker des Orchesters unter der Leitung von Oleksandr
Krasyun auf dem Podium über dem Vorhang. Sie begleiten das Geschehen
in der Manege mit ihrem wunderbaren Spiel. Für die optimale
Übertragung des Sounds sorgt wie gewohnt Nico Nicolai. Und das
Lichtdesign hat einmal mehr Celestino Munoz kreiert.
 
Nikolai Tovarich, Truppe
Brothers
Ebenfalls ein langjähriges und dem Publikum bestens vertrautes
Mitglied der großen Krone-Familie ist Nikolai Tovarich. Wenn es dunkel
ist im großen Rund, lenkt er die Requisiteure. Wenn er im Kegel der
Scheinwerfer steht, ist er der souveräne Sprechstallmeister. Nach
einem ersten Willkommen der Clowns liegt es an ihm, das Publikum zu
begrüßen. Dies macht er einmal mehr nicht nur verbal, sondern
ebenfalls gesanglich. Fünf Bingo-Artistinnen am Boden und zwei in der
Luft gestalten das energiegeladene Opening. Strapaten und Vertikalseil
sind die Requisiten für die Akrobatik über der Manege. Auf dem roten
Teppich gibt es eine dynamische Tanzchoreographie. Wie vom
Circus-Theater aus Kiew gewohnt, sind die Kostüme der Protagonistinnen
up to date. Vier prächtige Kamele hören auf das Kommando von Martin
Lacey junior. Wir sehen eine schöne Laufarbeit. Quasi als Zugabe legt
eines der Tiere mit den Vorderbeinen kniend seinen Kopf im Sägemehl
ab. Alternativ zu den Kamelen ist die Vorführung von Ponys oder
Bauernhoftieren vorgesehen. Die Clowns Tom & Pepe erscheinen aus dem
Publikum und sorgen in einem noch recht kurzen Auftritt für
Heiterkeit. Die Mongolei ist die Heimat der Truppe Brothers. In der
ersten ihrer beiden Nummern präsentiert sich die zwölfköpfige
Formation als Seilspringer. Ihr Repertoire ist wirklich beeindruckend.
Sogar im Drei-Personen-Hoch wird gesprungen. Dies von zwei Türmen
gleichzeitig, während die Damen in den oberen Etagen selbst noch Seile
schwingen, die wiederum zu jeweils einem Zwei-Personen-Hoch führen.
Das von einer Artistin gebildete „lebende Sprungseil“ gibt es gleich
dreifach. Für eine volle Spielfläche ist also immer gesorgt, für viele
weitere starke Tricks ebenfalls. Noch recht zurückhaltend wirkt der
Verkauf. Die Akteure dürfen gerne extrovertierter agieren. Die bunten
Kostüme sind eher ungewöhnlich.
 
Jana Mandana Lacey-Krone und
Denisa Stipka, Gina Giovannis
In
schwarz und weiß gehalten ist die folgende Darbietung. Das liegt an
den Fellfarben der fünf Hunde genauso wie am Kostüm ihrer charmanten
Trainerin Gina Giovannis. Früher hat sie als Equilibristin mit ihren
Kunststücken brilliert, jetzt machen es ihre Vierbeiner. Ob auf den
Hinterbeinen laufen, über ihre tierischen Kollegen springen oder eine
Rutschpartie wagen, alles machen die gelehrigen Hunde mit viel
Vergnügen. Für ihr Klarinettenkonzert holen sich Tom & Pepe
Unterstützung aus dem Publikum. Der Herr darf an den passenden Stellen
die Trommel schlagen. Die beiden Spaßmacher aus Spanien und
Nordamerika waren schon zuvor im Kronebau. Schön, dass sie wieder
zurück sind. Ihre Ideen sind wunderbar witzig und ihr Spiel grandios.
Diese Clowns machen wirklich Spaß. Den Pferdeblock eröffnet Jana
Mandana Lacey-Krone mit einem Sechserzug, den die Direktorin als
Freiheit vorführt. Einen Vorwärtssteiger erleben wir als da capo.
Denisa Stipka lässt daraufhin ein Pferd über Cavaletti springen, die
nebeneinander in der Manegenmitte stehen. Gemeinsam reiten Jana
Mandana Lacey-Krone und Denisa Stipka dann die Hohe Schule. Die beiden
Damen kreieren mit ihren Pferden wunderschöne Bilder.

Flying Tabares
Mit
große Bällen machen sich die Bingo-Artistinnen auf in den
Zuschauerraum, um sie auf die Reise durch das Publikum zu schicken.
Währenddessen wird über der Manege das Fangnetz für den artistischen
Höhepunkt des Programms aufgebaut. Mit nicht weniger als zehn Personen
begeistern die Flying Tabares am Fliegenden Trapez. Damit auch alle
der fünf Fliegerinnen und drei Flieger wiederholt zum Einsatz kommen,
gibt es gleich zwei Bahnen. Dadurch genießen wir eine Flugshow, die
quasi ohne Pausen abläuft. Neben der Quantität stimmt hier ebenfalls
die Qualität. Ob dreifacher Salto, Passage oder weitere gewagte
Sprünge, keiner der Spitzentricks des Genres fehlt. Manche präsentiert
das beim US-amerikanischen Circus Vargas beheimatete Team sogar
mehrfach hintereinander. 2004 gab es dafür den Goldenen Clown in Monte
Carlo. Mit diesem unvergesslichen Erlebnis geht es in die Pause, die
amüsant von Tom & Pepe sowie Nikolai Tovarich angekündigt wird.

Bruno Togni
Der
Platz am Beginn des zweiten Teils gehört zumeist Martin Lacey junior
und seiner großen Raubtiernummer. Ab dem 11. Januar trifft das auch
für die laufende Winterspielzeit zu. In den ersten beiden Wochen aber
nimmt Bruno Togni diese Stelle ein. Vor seiner Teilnahme am
Circusfestival von Monte Carlo will er mit seinen Tieren noch einmal
vor Publikum, mit Showlicht und Livemusik trainieren. Der Circus Krone
gibt ihm diese Möglichkeit und uns die Chance, diese Tigergruppe in
Deutschland zu erleben. Martin Lacey junior stellt seinen
italienischen Kollegen vor und führt im Käfig einen kurzen Dialog mit
ihm. Danach kommen die prächtigen Tiere herein. Dabei sind goldfarbene
und weiße Tiger sowie ein Golden Tabby. Insgesamt umfasst die Gruppe
elf Großkatzen. Fast alle sind an diesem Nachmittag zu sehen. Ruhig,
souverän und mit großer Übersicht leitet der 25-jährige Sohn von
Flavio Togni sie an. Wir sehen bekannte, aber anspruchsvolle Tricks
wie das Hochsitzen der ganzen Gruppe, Roll over, einen Fächer und das
Vorwärtslaufen auf den Hinterbeinen. Schlichtweg phänomenal ist das
Überspringen zweier am Boden liegender Artgenossen durch einen
normalfarbenen Tiger, ebenfalls auf den Hinterbeinen. Mit Hochsitzern
auf drei sich drehenden Spiegelkugeln endet diese grandiose
Dressurvorführung. In Monte Carlo waren gar noch spektakulärere
Aktionen zu erleben. Aber auch so wie an diesem Nachmittag in München
gezeigt, ist die Tigernummern von Bruno Togni schlichtweg
sensationell!
  
Trio Sunrise, Tom & Pepe, Dede Larible
Ein
Saxophon spielender Clown unterhält uns, während die Requisiteure in
Windeseile die Gitter wieder abbauen. Zum Circus-Theater Bingo gehört
das Trio Sunrise. Sandra Veronika Uedraoho, Anastasia Sotnyk und
Mariia Los faszinieren mit einer beneidenswerten Körperbeherrschung.
In filigranen Figuren beweisen sie ihre Kraft und ihren
Gleichgewichtssinn. Ergänzt wird ihre Kür von eleganten Sprüngen.
Genial komisch sind die Zaubereien von Tom & Pepe. Flaschen und Gläser
verschwinden in Röhren, um gleich danach in x-facher Ausfertigung
wieder zu erscheinen. Staunen und Lachen liegen hier nah beieinander.
Die zwei sind einfach echte Profis. Das Spiel mit seinen Requisiten
beherrscht Dede Larible inzwischen genauso gut wie das mit dem
Publikum. Virtuos jongliert er mit Keulen, Ringen und Sombreros auf
hohem Niveau. Erfreulicherweise ist der jugendliche Artist inzwischen
zu einer echten Künstlerpersönlichkeit gereift. So erleben wir eine
Darbietung, bei der das Publikum begeistert mitgeht. Auch bei der
zweiten Nummer der Truppe Brothers sind die Kostüme recht
gewöhnungsbedürftig. Die Leistungen am Schleuderbrett hingegen
überzeugen sofort. Bis hoch zum durch eine Perchestange stabilisierten
Turm mit fünf Personen katapultieren sich die Akrobaten aus der
Mongolei gegenseitig durch die Luft. Gewagte Sprünge in den
unterschiedlichsten Varianten komplettieren das Repertoire. Mit
modernen Moves der Bingo-Tänzerinnen geht es ins große Finale. Das
gesamte Ensemble präsentiert sich noch einmal dem Publikum. Die
Abschiedsworte im Namen der Direktion spricht anschließend Nikolai
Tovarich. |