
Tipidrom auf dem
Darmstädter Karolinenplatz
Im kreisförmigen Saal für die
Show sitzen die Gäste an Tischen auf mehreren Ebenen um die
Rundbühne herum. Der sehr aufmerksame Service kümmert sich um
die Getränkewünsche. Von außen bietet das Ensemble wieder einen
traumhaften Anblick. Das wunderbar beleuchtete Tipidrom macht
neugierig und lädt geradezu zum Besuch ein. Das Hessische
Staatsarchiv bildet den adäquaten Hintergrund.

Ensembleszene mit Bingo
Tauchen wir nun ein in den „Cirque
de Da Capo“, der nach einer Begrüßung von James Jungeli sowie
dem ersten Auftritt von Erasmus Stein startet. Wir erleben eine
Dame (dargestellt von Hanna Levchenko), die offensichtlich auf
einer Zugfahrt ist und dann mitten in der funkelnden Welt des
Circus landet. Was folgt, ist eine Show voller Energie, die von
Anfang bis Ende eine elektrisierende Dynamik versprüht. Wir
dürfen uns an den prächtigen Kostümen im Bingo-Stil erfreuen.
Das Licht ist wunderbar und schafft viel Atmosphäre. Musikalisch
gibt es einige Ohrwürmer. Etwa den Song, den der Circus Knie als
Titelmelodie für sein 100-Jahre-Jubiläum verwendet hat. Der
Sound kommt vom Computer. Zumindest für die Vokalteile hätte ich
mir Livegesang gewünscht. Es gibt viele fantastische
Ensembleszenen, bei denen der männliche Teil auch mal in Tütüs
auftritt. Ebenso werden wir Zeugen einer ausgelassenen Hochzeit.
Ein weiteres Fest fürs Auge ist das Spiel mit goldenen Reifen.
Beim Finale präsentieren die Bingo-Mitglieder die auf
verschiedenen Festivals gewonnenen Preise.
  
Kateryna Kurichenko,
Anastasiia Kornieieva, Dimitri und Vitaly
Dazwischen finden sich die
Darbietungen der Bingo-Artisten im Solo oder Duo eingebettet.
Den Auftakt macht Kseniia Shytova, die mit variantenreicher
Handstandakrobatik verzaubert. Kateryna Kurichenko lässt
unzählige Reifen elegant um die verschiedensten Körperteile
kreisen. Ihre dynamische Hula-Hoop-Performance arbeitet sie auf
einer Plattform von geringem Durchmesser. Der Körper von Anna
Pees besitzt eine beneidenswerte Biegsamkeit. Zumindest sie
scheint bei ihrer ästhetischen Kontorsions-Kür keinerlei Schmerz
zu empfinden, lächelt sie doch charmant ins Publikum. An den
Luftring wagt sich Anastasiia Kornieieva. Unter der Kuppel hängt
sie etwa mit den Knien am Requisit und lässt dabei ihr langes
blondes Haar wehen. Die ärmellosen schwarzen Lederoutfits von
Dimitri und Vitaly geben den beiden Modellathleten ausgiebig
Gelegenheit, ihre Muskeln zu zeigen. Diese nutzen sie für starke
Tricks der Handstandakrobatik, in die sie riskante Flugsequenzen
einbauen. Danach wäre ein guter Zeitpunkt für eine
Unterbrechung, doch die rund zweistündige Show wird ohne Pause
gespielt.
  
Kateryna Gurina, Tatyana
und Alexey Bitkine, Marina Tkachenko und Tatyana Yudina
Anton Shcherbyna hat seine
Diabolospiele um eine Besonderheit ergänzt. Auf der Bühne steht
ein Gestell mit mehreren gespannten Fäden. Zu denen lässt er
seine Diabolos fliegen, woraufhin diese wieder zurückspringen.
Auch sonst sorgt der Jongleur für ordentlich Action. Zum Träumen
lädt daraufhin Kateryna Gurina ein. An schneeweißen Tüchern
schwebt sie hoch über der Bühne und fasziniert mit Tricks wie
dem Spagat zwischen den Stoffbahnen. Bei Tatyana und Alexey
Bitkine geht es nahezu gleichermaßen schnell hinauf wie hinab.
Am Masten zeigen das Paar ein umfangreiches Repertoire, das
insbesondere durch innovative Kunststücke wie den Handstand auf
den Händen des kopfüber am Pole hängenden Partners überzeugt.
Den artistischen Schlusspunkt setzen Marina Tkachenko und
Tatyana Yudina. Mit ihrer Kür an den Luftschlaufen lenken die
Blondinen die Blicke noch einmal Richtung Dach des Tipidrom.
Ihre Artistik verwöhnt den Zuschauer mit wunderschönen Bildern
und sorgt gleichzeitig für einen guten Schuss Nervenkitzel.
 
Eddy Neumann und Alexey
Bitkine, Erasmus Stein
Die Sparte Humor ist zweifach
besetzt. Eddy Neumann kennen wir etwa von Roncalli. Da er
bereits zuvor in dieser Produktion von Bingo mitgewirkt hat,
sind seine Auftritte bestens integriert. Er ist Teil der Show.
Das Spiel "Mensch oder Puppe" wird hier mit einer männlichen
Ballerina aufgeführt, die von Pole-Artist Alexey Bitkine
dargestellt wird. Bitkine ist auch Bühnenpartner für die Szene
mit einem vor den Bauch geschnallten Radio. Bei den
Ensembleszenen ist Eddy Neumann oftmals als eine Art
Zeremonienmeister dabei. Dass er zaubern kann, beweist der Clown
im roten Frack mit einem Tisch, den er schweben lässt. Deutlich
größer ist die Verblüffung im Saal, wenn Erasmus Stein seine
Illusionen präsentiert. In zwei größeren Auftritten sorgt er mit
Seilen, Spielkarten und der Kraft seiner Gedanken für
Verblüffung. Gerne bindet er dabei Zuschauer ein. So darf ihn
eine Frau aus dem Publikum in eine Zwangsjacke schnüren. Nachdem
er sich befreit hat, spuckt Erasmus Stein genau die Karte aus,
die sich die Dame vorab ausgesucht hat. Seine magischen
Spielereien werden begleitet von einem Feuerwerk an Gags. Sein
Mund steht quasi nie still. In atemberaubendem Tempo macht er
seine Witze. Allerdings steht sein Stil damit im Kontrast zur
Show von Bingo. Eine wirklich spürbare Integration zu einem
harmonischen Ganzen findet leider nicht statt. |