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Ravensburger Weihnachtscircus 21/22
www.weihnachtscircus-rv.de ; 109 Showfotos

Ravensburg, 28. Dezember 2021: Darf man, kann man, soll man Circus machen in der Pandemie? Elmar Kretz gehört zu denen, die diese Frage stets mit Ja beantwortet haben. Mit Ja, aber verantwortungsvoll. So plante er im Winter 2020/21, das Vorzelt seines Ravensburger Weihnachtscircus durch Weihnachtsmarkt-Buden im Freien zu ersetzen und die Sitzplatzkapazität auf ein Drittel zu reduzieren. Nachdem Veranstaltungen verboten wurden, wollte er den Weihnachtscircus auf Ostern verschieben. Auch dies war im quälend langen Dauer-Lockdown nicht machbar. Doch in diesem Winter wird gespielt.

Aber wie gesagt verantwortungsvoll. Mit konsequenten 2G-Plus-Kontrollen, Kontaktdokumentation und deutlichen Hinweisen auf die „strenge Maskenpflicht“ auch während der Vorstellung. Sowie einem neuen 35-Meter-Chapiteau als Vorzelt, das besonders viel Platz beim Warten auf die Vorstellung und in der Pause bietet. Mit seiner weißen Plane und roten Sternen an den vier Mastöffnungen passt es perfekt zum Hauptzelt.


Flying Mitch 

Das außergewöhnlich zusammengestellte Programm - Pandemie-bedingt im Vorfeld mehrfach umbesetzt - bietet fünf Luft- und zwei Jonglage-Nummern, dazu Comedy und die hauseigenen Pferdedressuren. Die besuchte Vorstellung startet gleich mit dem absoluten Highlight, dem Flugtrapez der Flying Mitch. Abgesehen davon, dass Greta Molnar, Absolventin der Buapester Circusschule, den Platz der bisherigen Fliegerin Gilda Vulcanelli eingenommen hat, handelt es sich dabei um die bekannten Wulbers. Nach wie vor geht das Repertoire der Truppe deutlich über den üblichen Standard wie Doppelsalto gestreckt und Dreifachen hinaus. Beispielsweise, wenn Flieger Patricio Alexis Henríquez Rojas einen Salto mit anschließender halber Drehung mit Blickrichtung zur Plattform anstatt zum Fänger beginnt oder sicher eine doppelte Pirouette springt. Besonders wirkungsvoll ist die von Fänger und Fliegern blind ausgeführte Passage. „Aténcion – hopp“, gibt Fänger Carlos Droguet dabei die Kommandos. Unter dem Jubel und rhythmischen Klatschen des Publikums wird der Abgang ins Netz zelebriert.


Helena Polach, Michael Olivares, Eddy Carello 

David Paschke war in Ravensburg schon mehrfach als Komiker wie auch als seriöser Sprechstallmeister zu erleben. In diesem Winter darf er seine bevorzugte Rolle als Comedy-Zauberer spielen und verblüfft gleich beim ersten Auftritt mit einer magischen Ketchupflasche. Sie ist erst leer, dann voll und schließlich ganz verschwunden. Was bleibt, ist die tolle Stimmung im Chapiteau. Dafür sorgt Helena Polach mit ihrer bestens bekannten Jonglage mit bis zu fünf Fußbällen. Neu für uns ist dagegen die Comedy-Nummer ihres Lebensgefährten Michael Olivares. Er gibt im pinken Anzug einen vermeintlichen Superstar, der beim Singen mit der Tücke des Objekts kämpft. Namentlich einem Mikrofon, einem Stuhl und einer Gitarre, die ein bizarres Eigenleben entwickeln. Abschließend präsentiert er eine amüsante Horizontal-Jonglage mit vier Mikrofonen, die an Schnüren aus der Kuppel hängen. Und gleich noch ein drittes Mal wird jongliert – nunmehr von Eddy Carello, mit der Gitarre auf den Devilsticks, mit vier verschiedenen Gegenständen gleichzeitig, mit sieben Bällen gegen den Boden und abschließend mit Bällen auf dem leuchtenden Schlagzeug.


Andrea Navratilova, Milena Heim-Kretz, Los Ortiz 

Als Schlangenbeschwörer sieht sich David Paschke damit konfrontiert, dass die Schlange ihn plötzlich mit einer Pistole bedroht. Doch nicht lange, denn in dem Tierkostüm verbirgt sich Andrea Navratilova. Sie entschwebt aus dem Schlangenkorb in einem gelungenen Übergang direkt ans Luftnetz. Gekonnte Posen und Abfaller werden bezaubernd und elegant dargeboten, ruhige und dynamische Parts wechseln sich ab. Nachdem Milena Heim-Kretz – die 13-jährige Tochter des Direktors – in den vergangenen Jahren Freiheitsdressuren mit Ponys und Pferden zeigte, debütiert sie nun als stolze Schulreiterin zu spanischen Klängen. Damit geht es in die Pause. Durften zur Premiere noch die Hälfte der 1500 Plätze im Chapiteau besetzt werden, waren es bei unserem Besuch am 28. Dezember aufgrund der behördlichen Vorgaben noch ein Drittel. Dies kann plausiblerweise nicht ohne Folgen bleiben. So ist das Orchester in diesem Jahr nur mit zwei Musikern besetzt, also dem Schlagzeuger sowie Kapellmeister Roman Mariash an Blasinstrumenten. Zusammen mit der Musik vom Band entsteht so ein voller Sound mit Live-Charakter. Dieses Modell ist aus dem österreichischen Circus Louis Knie ebenso gut bekannt wie die Truppe von Diego Ortiz auf dem Hochseil. Außer dem Auf- und Abgang übers Schrägseil bietet diese unter anderem Sprünge über ein und zwei auf dem Seil kauernde Personen, Zwei-Mann-Hoch, Seilspringen und Drei-Personen-Pyramide.


Duo Olivares, Elmar Kretz 

Luftakrobatik an Seidentüchern und Strapaten zu ruhiger Musik zelebrieren Michael Olivares und Helena Polach. Dabei übernimmt sie vielfach den tragenden Part. Starker Applaus ist der Lohn. Davor und danach unterhält noch einmal David Paschke mit seinen Zaubereien. Geht es im Ravensburger Weihnachtscircus Richtung Finale, dann hat der Direktor seinen großen Auftritt im schwarzen Frack. Und so hat Elmar Kretz abermals eine fulminante Freiheitsdressur mit sieben weißen und hellbraunen Pferden zusammengestellt. Auf variantenreiche Lauffiguren folgen abwechslungsreiche Steiger, bei denen auch seine Tochter nochmals mitwirken darf.


David Paschke, Los Diegos 

In seinem letzten und gewohnt amüsant-sympathisch gespielten Auftritt zwängt sich David Paschke als großer Sportler durch einen Tennisschläger. Für den Abschluss des Programms sorgen die beiden Truppenmitglieder von Diego Ortiz als „Los Diegos“ auf dem Todesrad. Sprünge, Blindlauf und Seilspringen bilden das geradezu klassische Repertoire des Genres.

Für seinen Weihnachtscircus unter Pandemiebedingungen hat Elmar Kretz wirkungsvolle Darbietungen zu einem flott und stets unterhaltsam ablaufenden Programm kombiniert, das vom Publikum begeistert aufgenommen wird. Hoffen wir, dass der 15. Ravensburger Weihnachtscircus im kommenden Winter wieder ohne Restriktionen stattfinden kann.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Moll