Der Kinohit „Greatest Showman“
liefert die Motive für das Eröffnungs-Schaubild. Hier zeigt
Merrylou Richter ihre wunderbar flüssige Kontorsions-Kür
inklusive abschließendem Bogenschuss mit den Füßen. Dabei reitet
ihr Ehemann Jozsef um sie herum und zwischen Kerzenständern
hindurch die Hohe Schule. Und präsentiert sich dabei als
klassischer Zirkusdirektor im roten Frack. Die Musik wechselt
von „Never enough“ zu „This is me“. Nun stellt Jozsef Richter
ein Pegasuspferd am Zügel vor, begleitet von vier Tänzerinnen
mit Flügeln. Nachdem der beliebte Moderator Fabian Egli durch
eine Konzerttournee gebunden ist, hat Heilbronn-Direktor Sascha
Melnjak einen langjährigen Freund für diese Aufgabe
verpflichtet: den Italiener Giorgio Vidali. Er wurde als
Sprechstallmeister des Circo Moira Orfei bekannt. Seine
Erscheinung ist vollendet elegant, doch freilich kämpft er noch
mit der deutschen Sprache. Nach seiner Begrüßung geht es mit
Rosi Hocheggers Bettpferd gleich tierisch weiter. Nachdem
„Scout“ sich schlafen gelegt hat, rast Rosis Partner Andrei
Bocancea nun mit einem Wecker durch die Manege – auf
Rollschuhen, gezogen von einem Minipony.
Steve und Jones
Caveagna, Duo Moment of Love, Marinelli-Truppe
Sympathische Begleiter durch die
Show sind auch die italienischen Clowns Steve und Jones Caveagna,
die ihren in der Struktur traditionellen Reprisen und Entrees
mit Smartphone-Unterstützung einen modernen Twist geben.
Vielfach kommen die beiden zum Einsatz, und dies oftmals auf der
Tribünentreppe, während in der Manege umgebaut wird. So sind sie
nicht immer von allen Plätzen optimal zu sehen. Ganz nebenbei
ist Steve ein fantastischer Diabolojongleur. Bis zu
vier von ihnen hält er in der Luft. Zu den Konstanten des
Heilbronner Weihnachtscircus gehören das famose Orchester unter
der Leitung von Volodymyr Kozachuk, das prächtige Licht von
Enrico Zoppe und der sprichwörtlich gute Ton von Detlef Zasche.
Für den reibungslosen Ablauf sorgt wie im Vorjahr Guido Errani
als Oberrequisiteur. Voller Schwung und Rasanz ist dieses
Weihnachtsprogramm. Und für ganz viel davon sorgt die
Marinelli-Truppe mit schwierigen Sprüngen und Salti auf dem
doppelten Trampolin mit Plexiglashaus. Einige der Akteure wirken
später auch beim Flugtrapez mit. Temporeich geht es weiter bei
Roby Berouseks Balancen auf der freistehenden Leiter. Bereits im
vergangenen Jahr war der Tscheche im Programm, musste aber
verletzungsbedingt bereits kurz nach der Premiere ausscheiden.
Es ist eine schöne Geste, dass er nochmals engagiert wurde. Dann
wird es ruhiger und emotionaler. Das Duo „Moment of Love“
verzaubert an den Strapaten mit ganz großen Gefühlen und ganz
großer Gefahr bis zum doppelten Zahnhang. Riesenapplaus für
einen der Höhepunkte des Programms, preisgekrönt mit Silber beim
Festival in Girona Anfang 2019. Die beiden Vietnamesen sind die
ersten Artisten aus diesem Land, die im Heilbronner
Weihnachtscircus auftreten.
Trio Simet,
Cendeno Brothers, Sergio Paolo
Von Fernost geht es nach
Südamerika. Die vier Cedeno-Brothers begeistern mit ihren
doppelten ikarischen Spielen. Dabei tauschen die beiden
Obermänner auch in einer Art Passage die Plätze. Den fulminanten
Abschluss des ersten Programmteils übernimmt die Truppe Jozsef
Richter jun. mit ihrer Jockeyreiterei, Gold-gekrönt in Monte
Carlo. Schwierige Tricks wie Flic Flacs von Pferd zu Pferd
werden federleicht und voller Tempo, Tempo, Tempo präsentiert.
Nach der Pause beeindruckt das Trio Simet auf dem Semaphor –
jenem gewaltigen Requisit, das als eine Mischung aus Todesrad
und Hochseil beschrieben werden kann. Die Balancen auf der
beweglichen Stahlkonstruktionen sind äußerst gewagt. Eine tolle
Neuentdeckung ist Bouncing-Jongleur Sergio Paolo. Äußerst
offensiv bis fast schon hyperaktiv präsentiert sich der junge
Chilene. Sein Können ist grandios. Sieben Bälle lässt er auf
seinem Podest gegen den Boden springen, mit fünf Bällen geht es
Treppenstufen hinab. Dann lässt er Bälle unter einer Tischplatte
abprallen und in einem Basketballkorb hinter sich landen. Der
famose Höhepunkt: Sergio schlägt während der Bouncingjonglage
mit fünf Bällen einen Rückwärtssalto. Im dritten Anlauf gelingt
das Kabinettstück.
Scherbak und Popov,
Rosi Hochegger, Merrylou und Jozsef Richter jun.
Klassischer Circus in höchster
Vollendung – das klingt floskelhaft, beschreibt das Pas de Deux
zu Pferd von Merrylou und Jozsef Richter jun. aber nur zu gut.
Spektakulär ist der freie Stand auf dem Kopf des Partners. Rosi
Hocheggers „Dancing Dogs“ sind bestens bekannt. Erstmals erleben
wir, dass auch ihr Partner Andrei Bocancea einen Part in der
Nummer hat. Er zeigt gemeinsam mit den Vierbeinern akrobatische
Tricks. Das ganz Schwierige so herrlich leicht aussehen zu
lassen gelingt Scherbak und Popov mit ihrer sensationellen
Partner-Equilibristik, die ebenfalls in Monte Carlo mit Gold
ausgezeichnet wurde. Für den absolut spektakulären Abschluss des
Programms sorgen die Flying Tabares am doppelten Flugtrapez,
auch sie vor Jahren Gewinner des Goldenen Clowns. Der gewaltige
Apparat wurde nur für das Heilbronn-Gastspiel von den USA nach
Deutschland verschifft. Zwei Flugbahnen nebeneinander mit zwei
Fängern machen es möglich, nonstop Salti, Pirouetten und Passage
zu bieten. Den „Dreifachen“ gibt es gleich doppelt, erst von
einem Mann und dann – einzigartig – von einer Frau ausgeführt.
Mit lang anhaltenden Standing Ovations wird dieses Programms
gefeiert, das tatsächlich ein Festival der Monte-Carlo-Gewinner
ist. Der einzige Wermutstropfen ist das neu eingeführte
Wildtierverbot in Heilbronn. Just am Tag der Premiere stellt der
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg am Beispiel Ulms fest,
dass solche Verbote rechtswidrig sind. Wie zahlreiche Gerichte
vor ihm. |