Für
mich ist die nunmehr siebte Ausgabe dieses Frankfurter Weihnachtscircus
die bislang stärkste, am harmonischsten zusammengestellte. Die
Darbietungen bewegen sich auf einem erfreulich hohen Niveau, das von Anfang bis Ende durchgehalten wird. Noch nicht alles läuft rund bei
der Premiere, aber nach wenigen Vorstellungen wird sich der Ablauf
eingespielt haben, der Genuss wird vollends sein. Zu Verzögerungen bei
den Proben kam es etwa durch das verspätet angereiste Orchester. Doch
nun sind die Instrumentalisten da und verwöhnen auf dem wunderschönen
Artisteneingang mit Livemusik. Auch das Lichtdesign ist aufwendig. Die
Lichterketten auf den großen Zeltanlagen geben ein imposantes Bild ab.
Im mit einem Holzboden ausgelegten Vorzelt sorgen zahlreiche
Verkaufsstände für das leibliche Wohl. Das große Chapiteau ist fast bis
auf den letzten Platz besetzt. Das Premierenpublikum auf den blauen
Klappsitzen geht begeistert mit.
Truppe Havanna, Natascha Wille-Busch, Maud Gruss-Florees
Eine
kleine weihnachtliche Szene bildet den Auftakt. Manuel Wille-Busch und
seine Kinder Alfons junior sowie Angel feiern Bescherung. Unter einer
geschmückten Tanne liegen Geschenke, die die drei auspacken. Für den
Juniorchef gibt es eine dunkle Weste mit goldenen Verzierungen. Somit
wird er zum Circusdirektor. Die Clowns Jose Michel und Kike bringen
Mikrofon sowie Moderationszettel und mahnen zur Eile. Die Show soll
endlich beginnen. Manuel Wille-Busch ist unser Begleiter durch den
Abend. Der weihnachtliche Bezug der Vorstellung wird im weiteren
Verlauf nur noch musikalisch aufgegriffen. Die sechsköpfige Truppe
Havanna nimmt uns mit in den Wilden Westen. Denn dort hat sie ihr
variantenreiches Seilspringen angesiedelt. Ein Opener voller Energie
und Lebensfreude. Im Mittelpunkt dieses ansonsten männlichen Ensembles
steht eine junge Frau. Zwei Damen kommen gemeinsam mit Manuel Frank in
die Manege. Natascha Wille-Busch und Nichte Angel reiten Schulschritte
im Sattel, während Frank ein Pferd am langen Zügel dirigiert. Das zu
spanischen Motiven. Diese Kreation ist neu zusammengestellt, eine
gewisse Premierennervosität gehört dazu. Aber auch das wird sich sehr
bald einspielen. Schon am nächsten Nachmittag läuft es deutlich
runder. Hoch zu Ross führt Natascha Wille-Busch sodann sechs herrliche
weiße Araber vor. Der Juniorchefin und ihrer Pferdevorführung zuzusehen
ist auch diesmal wieder ein Genuss. Alfons junior zeigt eine kurze
Einlage mit „Kleiner Donner“, dem Pferd aus Yakari. Jose Michel spielt
das Gesangsduett mit Wischmob auf dem Kopf. Dann ist das Drahtseil
aufgebaut, über das Maud Gruss-Florees tanzt. Die Tochter von
Circus-Legende Alexis Gruss tut dies mit einer Leichtigkeit und
Ausstrahlung – einfach zum Dahinschmelzen. Nach Tricks wie der Fahrt
auf dem Einrad und dem Seilspringen zeigt sie den Spitzentanz auf dem
Seil. Dabei wird die Spannung aus dem Seil genommen, sodass sie am Ende
auf dem Schlappseil hin und her schwingt.
Flying Wulber, Vera Kopecka, Alesya Gulevich
Wild
wird es danach mit Vamp Georgio Hromadko. Das Publikum ist hörbar
enthusiastisch dabei, wenn der Tscheche in rasantem Tempo bis zu vier
Diabolos auf die Reise unter die hohe Kuppel schickt. Dort befindet
sich auch der Luftapparat der Flying Wulber. Ihre mitreßsende Show am
Fliegenden Trapez besticht mit einem großen Repertoire, welches sehr
sicher gearbeitet wird. Alle Sprünge, inklusive Dreifachem und Passage,
gelingen problemlos im ersten Versuch. Neu als Fliegerin dabei ist
Rocio Henriquez, die statt der derzeit verletzten Gilda Vulcanelli zu
erleben ist. Ausgelassen geht es nach der Pause weiter. Fünf Mitglieder
der Truppe Havanna wirbeln an zwei Reckstangen und einem Fangstuhl. Ein
großes Bild mit starker Akrobatik. Nachdem Alfons junior von seinem
Vater erfahren muss, dass das Spielen hier verboten ist, gehört das
Scheinwerferlicht Vera Kopecka. Die Artistin mit den langen roten
Haaren lässt vor allen Dingen Walzen auf ihren Füßen tanzen.
Abschließend ist es eine Stange mit Fackeln an den beiden Enden, die
sie in flotte Rotation versetzt. Alesya Gulevich tritt nicht zum ersten
Mal in Frankfurt auf. Wir konnten sie hier bereits auf der Bühne des
Tigerpalasts erleben. Man spürt auch im großen Rahmen, wie sie jeden
einzelnen Zuschauer für sich gefangen nimmt. Die Hula Hoop-Artistin hat
eine enorme Präsenz. Elegant lässt sie Ringe in immer wieder neuen
Variationen um ihren Körper kreisen.
Angel Wille-Busch, Jose Michel Clowns, Kolev Sisters
An
Tieren bleibt es beim Great Christmas Circus auch in diesem Jahr bei
Pferden. Doch der zweite Block mit den edlen Vierbeinern ist so
grandios, dass man den Verzicht auf weitere Dressurnummern verschmerzen
kann. Natascha und Angel Wille-Busch tragen edle, aufeinander
abgestimmte Roben, Manuel Frank einen schwarzen Anzug mit Fliege. Als
Begleitmusik erklingt unter anderem „New York, New York“. Allein schon
der Rahmen hat also Klasse. Los geht es mit einem Groß und Klein,
welches Angel anleitet. Natascha lässt drei weiße Araber flechten.
Manuel Frank bringt jeweils sechs Friesen, weiße Araber und Falabella-Miniponys in immer wieder neuen Kombinationen in die Manege.
Erst die Friesen mit den Ponys, dann Araber sowie Friesen und zu guter
Letzt alle 18 gemeinsam. Es ist schon faszinierend, überhaupt so viele
wunderschöne Pferde zu erleben. Doch dabei bleibt es nicht. Wir werden
mit anspruchsvollen Abläufen verwöhnt, die äußerst harmonisch
daherkommen. Chapeau. Bei den verschiedenen Steigern als da capo
wechseln sich die drei Akteure ab. Fulminanter Schlusspunkt ist der
synchrone Vorwärtslauf auf den Hinterbeinen von vier Arabern. Der
eigentlich eingeschlagene Weg ins Restaurant endet für Jose Michel und
Mitstreiter Kike nass. Gemeinsam mit Weißclown Giulia und Manuel
Wille-Busch zelebrieren sie ihr unnachahmliches Wasserentree. Zudem
beweisen die Clowns ihr großes musikalisches Können. Den Kolev Sisters
haben wir bereits das ein oder andere Loblied
gesungen. Das Frankfurter Publikum stimmt mit ein und feiert die Handstand-Equilibristik der beiden hübschen jungen Damen frenetisch.
Das Duo begeistert restlos mit seinen starken Tricks und bildet den
Schlusspunkt der Show, bevor sich im Finale alle Mitwirkenden
verabschieden. |