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Circus Krone - März 2019
www.circus-krone.de ; 140 Showfotos

München, 2. März 2019: In der Mitte der zweiten Hälfte der Show packt es einen dann vollends. Wenn Emily und Menno van Dyke ihren Juggling Tango aufs Parkett legen, wird der Zuschauer komplett mitgerissen. Dieser Rhythmus, diese Intensität, dieses Können. Das bis dahin schon sehr schöne dritte Programm der Jubiläumsspielzeit 100 Jahre Circus Krone München zündet mit dieser Nummer die nächste Stufe. Und diese wird bis zum Finale gehalten. Die Begeisterung ist groß, wenn sich alle Mitwirkenden nach nicht ganz drei Stunden im bajuwarischen Stil verabschieden.

Vor dem eigentlichen Beginn erzählt ein Film über dem Artisteneingang die Geschichte der insgesamt drei festen Bauten des Circus Krone in München. Nach der Ouvertüre des wunderbar spielenden, aber nicht alle Darbietungen begleitenden, Orchesters und der Begrüßung durch Ringmaster Nikolai Tovarich heißt es Manege frei für die Kamele.


Alexis Lacey-Krone, Les Sandros

Ein menschliches Innenleben hat das von Berty Balder präsentierte. Diese witzige Einlage bildet den Auftakt zur von Alexis Lacey-Krone und Cousine Shirin vorgeführten Kameldressur. Mit Unterstützung von Jana Mandana Lacey-Krone und Hans-Ludwig Suppmeier zeigen die vier majestätischen Wüstenschiffe unter Anleitung des Nachwuchses eine schöne Laufarbeit. Wieder vereint sind die Balder Clowns. Waren die Brüder aus Portugal in den letzten Jahren im Solo unterwegs, dürfen wir Emiliano, Sidney und Berty hier wieder als Trio erleben. In ihrem ersten Auftritt treiben der Weißclown und die beiden Auguste ihre Späße mit einem Gummihandschuh. Derweil wird die Manege für den Auftritt der Les Sandros vorbereitet. Alexandre Monteiro beweist bei seinen Balancen auf übereinander gestapelten Rollen einen ausgeprägten Gleichgewichtssinn. Als besondere Spezialität zeigt er seine Rola Rola-Artistik gerne auch im Handstand. Assistiert wird er dabei von Partnerin Nathalie. Durch das in Form des Eiffelturms gestaltete Podest und einen französischen Chanson zu Beginn erhält diese Nummer ihren besonderen Charme.


Jana Mandana Lacey-Krone und Bara, Fratelli Caveagna, Pierre Bauer

Eine ganz eigene Note hat auch das Zusammenspiel von Jana Mandana Lacey-Krone und Elefantendame Bara, welches auf die Zauberglocke der Balders folgt. Zu volkstümlichen Schlagern wagen die beiden ein flottes Tänzchen. Lacey-Krone trägt ein hellblaues Dirndl, Bara einen Kopfputz mit Krone im gleiche Farbton. Die Aufmachung fällt in die Kategorie „mal was anderes“, weiß aber durchaus zu gefallen. Die von der indischen Elefantendame gezeigten Tricks sind gewohnt sehenswert. Stark ist die Hand-auf-Hand-Akrobatik der Fratelli Caveagna. Zudem sind Davide und Andrea zwei prima Typen. Die gut aussehenden Italiener überzeugen mit einer ausgefeilten Kür. Lediglich die Musik aus der Konserve könnte akzentuierter sein. Von einer lebendigeren Musikbegleitung profitieren würde auch die Akrobatik am schwankenden Mast der Bauers. Im feschen Matrosen-Outfit erklimmen Rachel Bauer und Luzia Bonilla die beiden vor dem Artisteneingang platzierten langen Stangen. In luftiger Höhe schaukeln die hübschen jungen Damen im Stand hin und her. Rachel Bauer wird von Vater Pierre abgelöst. Luzia Bonilla und Pierre Bauer wagen Balancen im Handstand und den Platztausch hoch über dem Boden.


Hans-Ludwig Suppmeier

Berty Balder gönnt sich ein Schläfchen auf der Piste. Bruder Sidney weckt ihn mit einer Spieluhr in Form eines Karussells mit Pferden. Eine witzige Überleitung zur Vorführung von acht weißen Arabern durch Hans-Ludwig Suppmeier. Der Schüler von Christel Sembach-Krone dirigiert eine runde Freiheit mit vielen schönen Bewegungsabläufen. Zu einer mitreißenden „Reise nach Jerusalem“ werden die Korbpferde. Vier der Schimmel tanzen zwischen geflochtenen Körben hin und her, um sich beim Verstummen der Musik darin wiederzufinden. Als da capo gibt es einen Solosteiger. Mit einem aufgeweckten blonden Jungen liefert sich Sidney Balder einen feuchten Wettbewerb im Wasserspucken. Die beiden haben eine Menge Spaß. Ebenso das Publikum, welches dankenswerterweise von den Fontänen verschont bleibt. Die Pausennummer gehört vier stattlichen Gladiatoren. Extreme Fly nennt sich die Formation aus ehemaligen Leistungssportlern. Im Lendenschurz wagen die Ukrainer im Solo genauso wie zu viert variantenreiche Flugkombinationen am Dreifachreck. Kraftvolle Umschwünge und Sprünge von Stange zu Stange werden überzeugend dargeboten. Ein gelungener Schlusspunkt des ersten Programmteils.


Nazerke und Yoka, Emiliano Balder, Menno van Dyke

Nach der Pause steht Sarah Houcke mit fünf Bengaltigern von Martin Lacey junior im Zentralkäfig. Die attraktive Tierlehrerin führt die gestreiften Großkatzen ruhig und souverän vor. Wir sehen etwa die Pyramide aller Tiere, das Springen von Podest zu Podest und das Hochsitzen eines Tigers. Danach wird nicht nur der Zentralkäfig abgebaut, sondern auch der Holzboden verlegt. Währenddessen treiben Sidney und Berty Balder allerhand Schabernack mit Besen und Mülleimer. Mit ihrem Pas de deux auf einem Hoverboard haben Nazerke und Yoka schon im Januar in Monte Carlo spannende neue Akzente gesetzt. Auf dem selbstfahrenden Brett zwischen zwei Reifen zeigen die Kasachinnen Figuren der Equilibristik. Etwa ein Kopf-auf-Kopf oder das Stehen auf dem Kopf der Partnerin. Zunächst auf zwei Beinen, später auf einem. Das alles in folkloristischen Kostümen ihrer Heimat. Wenn schon alle drei Brüder Balder im Programm sind, gibt es natürlich auch ein Entree. Nach dem musikalischen Auftakt spielen sie ihre Filmszene an einer Bar im Wilden Westen. Regisseur Emiliano hat seine liebe Mühe, den beiden Augusten mitzuteilen, was sie darstellen sollen. Sidney und Berty sorgen als Barkeeper, Cowboy und Indianer für große Heiterkeit. Vor nicht ganz einem Monat habe ich sie noch im intimen Rahmen des Frankfurter Tigerpalast erlebt. Jetzt tanzen Menno und Emily van Dyke ihrem Juggling Tango in einem Circusbau mit rund 3.000 Sitzplätzen. Hier wie dort wissen sie ihr Publikum mitzureißen. Der niederländische Jongleur und die französische Tänzerin lassen ihre Disziplinen verschmelzen. Das Ergebnis ist mehr als die Summe aus den beiden Künsten. Hochklassige Jonglagen mit Bällen und Keulen werden eingebunden in einen ausdrucksstarken Tango. Der nimmt einen vollends gefangen. Nicht zuletzt dank der furiosen Musikbegleitung, welche allerdings nicht live gespielt wird.


Flash of Splash, Bauers, Artists of Dance

Ebenfalls einen direkten Weg zum Publikum findet das Duo Flash of Splash. Amalia Avanesian und Yevhen Abakumov zeigen ihre intensive Liebesgeschichte an den Strapaten. Die ist deutlich moderner aufgezogen als jene von Menno und Emily, aber ähnlich grandios gespielt und ebenso artistisch hochklassig. Insbesondere die Tricks im Zahnhang sind spektakulär. Das Attribut spektakulär verdient auch die Motorradfahrt auf dem Schrägseil der Bauers. Pierre Bauer steuert die umgebaute Kawasaki, auf einem Trapez darunter sitzen Tochter Rachel sowie Luzia Bonilla. In mehreren Touren fährt das Trio auf dem gespannten Draht hin und her. Die Frauen arbeiten ihre Tricks vor allen Dingen dann, wenn die Maschine an der höchsten Stelle über dem mittleren Zuschauereingang zum Stehen gekommen ist. Vor über zwanzig Jahren hat es das an diese Stelle zum letzten Mal gegeben, wie das äußerst umfangreiche Programmheft informiert. Eine Mordsgaudi ist die Schlussnummer der Artists of Dance. Sie verbindet Schuhplattler und Breakdance. Fünf fesche junge Ungarn in Lederhose und Karohemd vermischen beide Tanzstile. Die fetzige Darbietung mit Absolventen der Budapester Circusschule ist eine Auftragsarbeit für den Circus Krone. Und sie heizt die Stimmung vor dem Finale ordentlich an. Ob dieser gewagte Crossover auch die Gnade bayerischer Traditionalisten findet, müssen diese selbst entscheiden. Versöhnt werden sie im Zweifelsfall ganz bestimmt durch Berty Balder, der ebenfalls in Tracht das Finale einleitet. Er zieht ein Fass der benachbarten Spatenbrauerei in die Manege. Ihm folgen alle Mitwirkenden mit Fahnen in der Hand. Ein Teil trägt das Logo des Circus Krone, der andere das blau-weiße Rautenmuster des Freistaats.

Mit diesem Märzprogramm ist diese Jubiläumsspielzeit schon wieder zu Ende, aber nur fast. Denn bis Endes des Monats gibt es noch reichlich Gelegenheit, den runden Geburtstag beim größten Circus der Welt zu feiern. Anfang April gibt es für Circusfans aber schon den nächsten Grund, nach München reisen. Dann hat das neue Saisonprogramm „Mandana“ seine Weltpremiere. Die Vorbereitungen auf der unweit des Kronebaus gelegenen Theresienwiese laufen bereits.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch