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Circus Conelli 2018
www.circus-conelli.ch ; 141 Showfotos

Zürich, 24. November 2018: Die Atmosphäre in diesem 28-Meter-Chapiteau nimmt einen einfach gefangen. Vor allem, wenn die „Mini-Manege“ im Finale mit rund 60 Akteuren gefüllt ist, darunter die sechs Conelli-Dancers. Zudem sorgen Juniorchef Jeremy Gasser und der singende Ringmaster Evan Andrews für Stimmung, 2018 mit Unterstützung durch Sängerin Giada Maragno. Hinzu kommt über dem Artisteneingang das 12-köpfige Orchester unter der Leitung von Alex Maliszewski. Doch bevor wir eine fetzige Eröffnung mit der „Company“ erleben dürfen, treten die Hausclowns Gaston, Roli und Fritzi ins Scheinwerferlicht.

Sie gehören zum Inventar des Circus. Dieses Jahr scheitern Gaston und Fritzi an dem Versuch, einen Weihnachtsbaum zusammenzubauen. Modern sind die Songs, welche als Medley zur Eröffnung gesungen werden. Die Conelli-Dancers tanzen im Wechsel mit der Breakdance-Truppe The Goonies.


Evan Andrews, Jeremy Gasser, The Goonies, Conelli Dancers

So ergibt sich ein wunderbarer Eröffnungsblock, welcher nahtlos in die Diabolonummer des Japaners Yusaku übergeht. Auch hier erfreut uns als Begleitung Sängerin Giada Maragno mit ihrer wirklich professionellen Stimme. Yusaku hat sich als Requisiten Leuchtdiabolos ausgesucht, die einen zusätzlichen Effekt versprechen. Vor allem seine Peitschenhiebe, mit denen er die Diabolos in der Luft hält, sind hervorzuheben.


Yusaku, Duo Flash, Duo Kiss

Leider auch beim dritten Mal daneben geht in der besuchten Vorstellung das Vorhaben, vier Diabolos zu jonglieren. Das Duo Flash zeigt eine heitere Kaskadeursnummer, die komplett ohne Requisiten auskommt. Ganz klassisch mit Hemd und Fliege werfen sich die beiden durch die Luft und albern herum. Einen Salto auf der Schulter des Untermanns beschließt ihren Auftritt. Die beiden können einen Sonderpreis in Monte Carlo und Silber in Budapest vorweisen. Für Gänsehaut sorgt die Hand-auf-Hand Nummer des Duos Kiss. Diverse Handstände und kontorsionistische Figuren drückt die erst 18-jährige Ukrainerin Inna Baiak auf ihrem Partner Yurii Protsyk. Als Begleitung gibt es den Popsong Chandelier von Sia, natürlich live gesungen. Die Choreographie der beiden orientiert sich stark am Musikvideo des Songs, inklusive blonder Perücke. Die Nummer bietet großartige Leistung, tänzerisch sowie akrobatisch, in einer emotionalen Verpackung, einfach traumhaft!


Oleg Spigin 

Eine große Karriere erlebt zur Zeit Trapezartist Oleg Spigin. Der Russe wurde dieses Jahr mit Gold auf dem Kobzov-Festival in der Ukraine und einem Sonderpreis in Latina ausgezeichnet. Mit verschiedenen Handständen auf dem Trapez beginnt er seine Nummer. Der freie Zahnstand wird hier gezeigt, während das Trapez zu Boden fährt, nunmehr frei drehbar hängend. Am spektakulärsten wirkt wohl der ungesicherte Kopfstand im Flug um die Manege bzw. im kleinen Conelli-Chapiteau schon fast über den Köpfen des Publikums.


Guanxi Acrobatic Troupe 

Nicht weniger beeindruckend ist die Pausennummer: Nach einer asiatischen Balletteinlage öffnet sich der Vorhang, und fünf Chinesinnen der Guanxi Acrobatic Troupe fahren liegend auf automatisch gesteuerten Podesten hinein. Zusammen mit acht weiteren Artistinnen zeigen sie Antipodenspiele, bei denen Trommeln verschiedener Art ihre Requisiten bilden. Auch Ikariertricks werden eingebaut, beispielsweise wenn drei Mädchen ihre Requisiten in die Luft werfen, ehe sich drei Kolleginnen auf ihre Beine legen und die Trommeln wieder auffangen.


Truppe Hebei, Truppe Non-Stop 

Nicht so überzeugen kann die zweite Chinesentruppe aus Hebei. Sie zeigt Säbelbalancen mit verschiedenen Sprungvariationen. Leider werden die Artistinnen bei ihren Sprüngen von Untermann zu Untermann von den Longen nicht nur abgesichert, sondern durch die Luft gezogen, was die Faszination der Nummer sehr beeinträchtigt. Als Schlusstrick läuft ein Truppenmitglied per freistehender Leiter mehrere Treppenstufen hinauf, während auf seinen Schultern eine Artistin Säbel balanciert. Doch auch dieser Trick wäre wohl ohne Longenunterstützung nicht möglich. Die Truppe Non-Stop konnten wir schon im Winter bei Krone sehen. Auch hier begeistern die sechs Ukrainer mit ihren Sprüngen auf den beiden Trampolinen mit Haus. Immer wieder faszinierend sind die parallelen Flüge, bei denen Flieger und Fliegerin ausgestreckt in Bauchlage von ihren Kollegen viele Meter in die Luft katapultiert werden. Durch den begrenzten Raum bekommt die Darbietung einen besonderen Reiz, denn die Ecken des Trampolins ragen sogar schon einige Zentimeter über die ersten Reihen hinaus. Trotz diesen technischen Tücken funktioniert der Abbau schon bei der Vorpremiere reibungslos und wird mit einem genialen Auftritt überbrückt. Das Orchester beginnt den Song „The Greatest Show“ aus dem Film „The Greatest Showman“ anzustimmen, und Sänger Evan fängt im Publikum an zu singen. Nachdem die Manege wieder frei ist, schließt sich dort ein grandioses Bild an, in dem Evan und Sängerin Giada ein Medley aus verschiedenen Liedern des Films performen. Das Ballett sowie die Breakdancecrew tanzen dazu, und das Duo Kiss zeigt noch einmal Ausschnitte aus seiner Hand-auf-Hand-Akrobatik.


Gaston und Roli, Harrison und Kris Kremo 

Passend dazu werden nun Kris Kremo und Sohn Harrison als die beiden „Greatest Showmen“ angekündigt. Teils parallel und teils im Wechsel jonglieren sie mit je drei Bällen, Zigarrenkisten und Zylindern. Zur mitreißenden Musik patzen die beiden an diesem Nachmittag nur sehr wenig. Ein zeitloser Klassiker, der durch das Mitwirken von Harrison einen neuen „Drive“ bekommt. Für leise Töne, aber große „Ahs“ und „Ohs“ sorgt der von Roncalli bekannte Schattenspieler Sergi Buka. Mit einem historischen Dreirad, an dem Lampe und Leinwand angebracht sind, fährt der Spanier im Kreis, damit auch jeder die faszinierenden Figuren sehen kann, die er mit seinen Händen zum Leben erweckt. Der wohl größte Applaus im Finale ist den Hausclowns Gaston, Roli und Fritzi gegönnt. Einer ihrer Auftritte ist dem Bauschänzli gewidmet, jener Insel, auf der Conelli seit 25 Jahren gastiert. Wenige wissen allerdings, dass dies die letzten Überreste der barocken Stadtfestung sind. Zu diesem Anlass sehen wir Soldat Gaston, wie er mit einer Kanone versucht, das Bauschänzli zu verteidigen. Gaston scheitert allerdings schon beim Laden der Kanone, was Oberhauptkommandeur Roli natürlich gar nicht passt. Als Pauseneinleitung drücken Fritzi und Gaston die Schulbank und liefern ihrem Lehrer Roli viele freche Antworten auf seine Fragen. Auch zum Ende des zweiten Teils ist Unterricht angesagt, dann allerdings in der Fahrschule. Eine bekannte Nummer, die Conellis Hausclowns natürlich mit ihrem ganz eigenen Humor wiedergeben, ist das Wilhelm-Tell-Entree.

Nach dem Finale mit mehreren Aufzügen ist noch nicht Schluss, sondern ein winterlicher Ausklang verabschiedet das Publikum. Conelli überzeugt auf ganzer Linie, mit ausschließlich starken Darbietungen, modernen Inszenierungsideen und gleich fünf verschiedenen Truppen. Besondere Erwähnungen verdienen die durchgängige, exquisite Livemusik, der temporeiche und fließende Ablauf ohne bemerkbare Umbaupausen und das fantastische Licht. Das Ganze in der bewährten kompakten Atmosphäre mit detailreicher Ausstattung und Dekoration, die man einfach selbst erlebt haben muss.

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Text: Simon Preißing; Fotos: Tobias Moll