Auch
darin erhalten die edlen Vierbeiner viel Raum. Drei der vier
Tiernummern haben Pferde als Protagonisten. Eine kommt aus Russland,
die anderen beiden vom Schweizer National-Circus Knie.
Ivan Frédéric Knie
Ivan
Frédéric Knie eröffnet die Show mit einer Ungarischen Post, die er auf
zwei stattlichen Friesen reitet. Zunächst läuft ein weiterer Friese
immer wieder zwischen den beiden anderen hindurch. Dann preschen mehr
und mehr weiße Araber unter Ivan Frédéric Knie hindurch. Am Ende hält
er elf von ihnen an Zügeln vor seiner imaginären Kutsche in der Hand.
In rasantem Tempo geht es so durch die Manege. In deren Mitte lenkt
Maycol Errani das große Bild.
Maycol Errani
Im
zweiten Teil sorgt Errani dann selbst für eine eindrucksvolle Szene. Zu
Beginn seiner Freiheitsdressur sitzt er auf einem Friesen auf einer
verspiegelten, drehbaren Plattform. Diese wird von unzähligen
Scheinwerfern beleuchtet. Dem im wahrsten Sinne des Wortes strahlenden
Auftakt folgt eine beeindruckende Vorführung von sechs Friesenhengsten.
Wir erleben ein ungemein enges, vertrautes Miteinander von Mensch und
Tier. So sind außergewöhnliche Tricks möglich. Wie etwa die
Schlusssequenz, bei der sich Errani auf ein entspannt am Boden
liegenden Pferd legt. Jeweils drei Frauen und Männer gehören zur Truppe
von Violetta Aleksandrova-Serzh. Die Zusammensetzung dieser Formation
von Kosakenreitern ist nicht ihre einzige Besonderheit. Die Kostüme
sind zwar folkloristisch, aber modischer als wir das von diesem Genre
kennen. Einige Tricks gehen über die ebenfalls gezeigten Standards
hinaus. Etwa wenn zum Schluss ein Pferd mit einem unter seinem Leib
hängenden Reiter über eine Bank springt, auf der ein weiterer Artist
liegt. Eine großartige Darbietung, die vollkommen zu Recht den ersten
Programmteil beendet. Komplettiert werden die Tiernummern durch die
immer wieder begeisternde Hunderevue von Wolfgang Lauenburger.
Ausgelassen freuen sich die Vierbeiner verschiedener Rassen darauf, ihr
großes Können unter Beweis stellen zu dürfen. Insgesamt also ein, unter
Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben in den Niederlanden,
abwechslungsreiches, hochwertiges Tierprogramm.
Truppe Nomuna
Vom
Feinsten ist auch die Sparte Artistik besetzt. Es gibt zwei Truppen,
ein Trio, zwei Duos und zwei Solisten. Die beiden großen Formationen
kommen aus Asien. Die Mongolei entsendet die Truppe Nomuna an die
Amstel. Die dreizehn Akrobatinnen und Akrobaten sind in der 34-jährigen
Geschichte die erste große Gruppe aus diesem Land in der Manege des
Wereldkerstcircus, wie das Programmheft informiert. Ihre
variantenreichen Sprünge vom Schleuderbrett entfalten von den oberen
Rängen betrachtet eine besondere Wirkung. Da kann man sogar einen
Vier-Personen-Hoch aus der Vogelperspektive bestaunen. Die Sprünge mit
unzähligen Salti werden mal auf den Schultern der Untermänner, mal auf
einer Matte gelandet. In folkloristischen Kostümen lassen die
Nomuna-Mitglieder große Bilder entstehen. Noch ausgefeilter ist die
Choreographie der „Modelling Group“. Die Artisten vom Großen
Chinesischen Staatscircus Shanghai wurden 2018 in Monte Carlo mit einem
Goldenen Clown ausgezeichnet. Ihre Gruppen-Equilibristik ist
außergewöhnlich stark, einige Tricks schier unglaublich. Eine Dame und
elf Herren präsentieren Hand- und Kopfstände in den unterschiedlichsten
Konstellationen. Faszinierend ist es zu sehen, wenn zum Finale neun
Akteure Handstände aufeinander drücken. Dies über fünf Etagen. Eine
blendende Figur macht wie gewohnt das Trio Bellissimo. Die blonden
Schönheiten zelebrieren ihre Partner-Akrobatik zur spanischen Version
von „All by myself“. Auch wenn man diese Kür schon unzählige Male
gesehen hat, ist sie immer wieder ein Genuss.
Secrets of my Soul, Duo Kvas, Alan Sulc
Der
Luftring ist in der Regel ein Requisit für Solistinnen. Das Duo
„Secrets of my Soul“ gewinnt ihm ganz neue Aspekte ab. Marina und
Oleksii Grigorov zeigen daran eine sinnliche und doch so riskante
Liebesgeschichte, für die sie 2017 beim Festival „Idol“ mit „Gold“
ausgezeichnet wurden. Ausdrucksstark fliegen die beiden über der
Manege, Oleksii beweist dabei mehrfach die Kraft seiner Zähne. Mit
diesen hält er zunächst seine Partnerin fest und später sich selbst am
Ring, während Marina zwischen seinen Beinen hängt. Geballte Manpower
ist der Auftritt des Duo Kvas. Die Ukrainer arbeiten eine starke
Partner-Akrobatik. Besonders beeindruckend ist der Kopf-auf-Kopf-Stand,
mit dem sie ihren umjubelten Auftritt beenden. Dabei geht es vom Stand
in das Sitzen und wieder zurück. Alan Sulc ist der
jugendlich-dynamische Jongleur, der zur Musik von Riverdance virtuos
kleine weiße Bälle tanzen lässt. Dies tut er bevorzugt Richtung Boden.
Mit seinen Bouncing-Jonglagen war er bereits als 14-Jähriger im Theater Carré zu erleben. Das war 2004. Deutlich ruhiger agiert Li Wei. Für
seine Akrobatik auf dem Schlappseil hat er bereits 2008 einen Goldenen
Clown in Monte Carlo erhalten. Als Besonderheit hängt der Draht an
einem kunstvollen Metallgestell, mit welchem er nach oben und
unten gefahren werden kann. Darauf beherrscht er die großen Tricks dieses
Genres wie den einarmigen Handstand oder die Fahrt kopfüber auf einem
Einrad.
Frères Taquin,
Mitglied des Trio Equivokee, Mooky Cornish
Dreifach besetzt ist die Sparte
Komik. Bestens bekannt sind die Frères Taquin. Olivier Taquin
war mit wechselnden Partnern etwa schon bei Roncalli und Knie
zu erleben. In Amsterdam steht er gemeinsam mit Olivier
Dechaveau im Ring. Letzterer gibt den Professor, der einen
Automatenmenschen erschaffen hat. Allerdings entwickelt die
von Taquin filigran gespielte Puppe ein Eigenleben. Sie wagt
gar einen Tanz mit einer Zuschauerin. Ausgelassene Heiterkeit
zelebriert das Trio Equivokee. Die Ukrainer haben zwei
Auftritte, bei denen sie jeweils einen Zuschauer einbeziehen.
Zunächst wird mit Keulen jongliert, dann über ein Seil
gesprungen. Die Gäste aus dem Publikum werden dabei nie
vorgeführt, sondern kommen genauso cool weg wie die drei
Clowns. Ebenfalls einen Mitspieler aus dem Publikum benötigt
Mooky Cornish. Die Kanadierin verwirklicht mit seiner Hilfe
ihren Traum, eine Schauspielerin zu sein. Aus dem großen
Theater wird eine hinreißende Komödie. Mookys Partner erhält
seine Texte nämlich auf verschiedenste Weise „dezent“
vorgehalten. Mal befinden sich die Worte auf dem Absatz eines
ihrer Schuhe, mal auf einem Zettel an ihrer Schulter. Dafür
muss die Blondine ihren Körper teilweise kompliziert
verrenken. Zusammen mit ihrer urkomischen Mimik wird daraus
ein herrlicher Spaß. Schon vor ihrer große Nummer ist Mooky
präsent. Da liefert sie sich kleine Auseinandersetzungen mit
dem Monsieur Loyal. Dieser wird seit dieser Saison von Fred
Butter verkörpert. Der Musicaldarsteller und Schauspieler
macht seine Sache gut. Er ist der formvollendete
Sprechstallmeister, der uns in edlem Gewand mit rotem Frack
und Zylinder souverän durch den Nachmittag begleitet. Für die
musikalische Begleitung sorgt einmal mehr das Orchester des
Circus Knie unter der Leitung von Ruslan Fil. Enrico Caroli
führt Regie, und Wim Dresens verantwortet das Lichtdesign mit
zumeist warmen Stimmungen.
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