CHPITEAU.DE

Cirque Pinder - Paris 2017
www.cirquepinder.com ; 85 Showfotos

Paris, 11. November 2017: Es ist ein beeindruckendes Bild auf der Pelouse de Reuilly an diesem Abend in Paris. Der gewaltige Sechsmaster des Cirque Pinder ragt in den Himmel. Außenherum formieren sich der große Wagenpark, die verschiedenen Vorzelte sowie das Anfang des Jahres in Betrieb genommene Viermast-Palastzelt. Mindestens genau so weit bleibt dem Besucher beim Betreten des Chapiteaus der Mund offen stehen. Ein Gradin aus Schalensitzen und Bankplätzen bietet Platz für 5000 Personen, die in der besuchten Vorstellung auch bestens gefüllt sind.

In den vergangenen Jahren ist das Saisonprogramm für das zweimonatige Paris-Gastspiel immer durch mindestens eine weitere Nummer verstärkt worden. Diesmal treten ausschließlich die Artisten in Erscheinung, welche auch in den letzten zehn Monaten mit durch Frankreich tourten. Beibehalten wurde hingegen der schnörkellose Programmablauf. Und so beginnt die Show ganz ohne Begrüßung oder eine Ouvertüre.


Frédéric Edelstein 

Den Anfang macht, wie zumeist in den Abendvorstellungen bei Pinder, die zwölfköpfige weiße Löwengruppe. Vorgeführt von Juniorchef Frédéric Edelstein, gehört sie sicher zu den trickstärksten Raubtiernummern unserer Zeit. Es entstehen wunderschöne Bilder, wenn zum Beispiel zehn Löwinnen einen Fächer bilden oder zwölf Tiere in einer Reihe hochsitzen. Eine große Rarität wird mit einer vorwärts steigenden Löwin geboten, sieht man diesen Trick doch meist nur von Tigern.


Sandro Montez 

Ohnehin sind die Tiernummern die wahre Stärke dieses Programms. Sandro Montez ist nun schon das vierte Jahr in Folge mit Pinder unterwegs. Er zeigt, was seine sechs Hunde gelernt haben. Mit ungeheurem Tempo wirbeln die Vierbeiner durch die Manege und beherrschen auch außergewöhnliche Tricks. So hält zum Beispiel ein Hund einen Reifen mit seinem Maul in die Höhe, damit ein anderer durchspringen kann. Mindestens genauso beeindruckend ist, was Sandro Montez aus dem hauseigenen Exotentableau gemacht hat. Neun Kamele, sechs Esel und drei Fjordpferde zeigen eine anspruchsvolle Laufarbeit, unter anderem mit dem synchronen Walzen in neun Paaren. Dann bilden sie ein großes Karussell auf drei Bahnen. Die abliegenden Kamele werden kurz darauf von zwei walzenden Zebras umrundet, und die Pferde steigen zu dritt vor der Szenerie. Nachmittags sind zumeist die Exoten Eröffnungsnummer.


Rampin Clowns 

Ein klassisches Clownstrio wird in allen Pinder-Programmen geboten. Dieses Jahr sind die Rampins dafür zuständig. Die zwei Brüder waren mit ihren ikarischen Spielen einige Jahre bei Soleil unter Vertrag, doch nun widmen sie sich mit ihrem Vater ganz dem komischen Fach. Mit ihrem „Musizieren ist hier verboten“ überbrücken sie den Aufbau des Fangnetzes für die Luftnummer. In ihrem großen Entree zeigen die zwei Auguste und der Weißclown dann nach vielen Ohrfeigen ihre eigene Version des Bienchens, die ganz ohne Alkohol auskommt. Dafür besticht sie durch ihre bunten Requisiten und Kostüme, die für ein farbenfrohes, fröhliches Bild sorgen.


Zdenek Supka, Diablos Blancos, Valeriy Olshanskyy 

Nicht ganz mithalten kann dieses Jahr hingegen der artistische Part. Unser Favorit ist hier Zdenek Polach aus Tschechien, ein ausgezeichneter Jongleur. Er versteht es, das Publikum in seinen Bann zu ziehen. Zu mitreißender Musik jongliert der 22-Jährige mit großen weißen Bällen in steigender Anzahl, bis er schlussendlich, mit Hilfe eines am Gürtel befestigten Gestells, sieben Stück in der Luft hält. Zum festen Ensemble bei Pinder gehört inzwischen der Ukrainer Valeriy Olshanskyy. Kraftvoll arbeitet er an den Tüchern und überbrückt damit auch in diesem Jahr den Abbau des Raubtierkäfigs. Neben diesen beiden Artistenpersönlichkeiten liegt der restliche Teil in der Hand einer kubanischen Truppe "Diablos Blancos". Ihren stärksten Auftritt haben die sieben Männer und zwei Frauen vor der Pause mit ihrer Luftnummer. Zwei Fangstühle sind dabei gegenüber gestellt, während in der Mitte eine Reckstange montiert ist. Zwei weitere Fangstühle stehen sich in der Mitte der Flugbahnen gegenüber. Interessante Flüge werden somit geboten und mit dem dreifachen Salto gekrönt. Allerdings erscheint dieser kompakte Luftapparat mit kurzen Flugbahnen für die gewaltigen Ausmaße des Sechsmast-Chapiteaus zu klein.


Diablos Blancos, Romain Greveldinger, Swing Urbano 

Auch die Eröffnung des zweiten Programmteils gehört den Kubanern. Zwei Mitglieder alias "Sing Urbano" zeigen in schwarzen Outfits Akrobatik am Chinesischen Masten. Die Tricks können sich sehen lassen, doch die musikalische Begleitung durch „Gangster-Rap“ mit entsprechendem Gehabe der Akteure schmälert die Wirkung erheblich. Auch die Schlussnummer an der Russischen Schaukel leidet unter der unpassenden Musik. Hier könnte man mehr herausholen. Die etwas kurze Darbietung beinhaltet unter anderen den Sprung durch einen Reifen, der im Drei-Mann Hoch gehalten wird, sowie den Flug in einen Sessel. Sehr zu überzeugen wissen dagegen die Akustik der Tonanlage sowie das pompöse Licht, welches im Vergleich zu vorherigen Paris-Gastspielen nochmals aufgestockt wurde. Neu ist unter anderem ein Stahlring über der Manege, der Moving Heads trägt. Außerdem zeigen zwei Bildschirme am Artisteneingang passende Hintergründe zu den Nummern oder Nahaufnahmen des gerade Gebotenen per Live-Video. Ebenfalls neu ist der junge Sprechstallmeister Romain Greveldinger. Er informiert das Publikum während den teilweise zu langen Umbauten über die Darbietungen und das Unternehmen.

Nach den so stark und harmonisch zusammengesetzten Programmen insbesondere der beiden Vorjahre bleibt die Hoffnung, dass Pinder im artistischen Bereich bald wieder zu alten Tugenden zurückfindet. Während für die einzelnen Nummern oftmals kräftig applaudiert wird, bleibt der Schlussapplaus des großen Publikums an diesem Abend verhalten. Hoffen wir, dass es auch weiterhin so zahlreich erscheint wie bei unserem Besuch.

_______________________________________________________________________
Text: Simon Preißing; Fotos: Tobias Erber