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Zirkus-Revue im Europa-Park 2017/18
www.europapark.de ; 75 Showfotos

Rust, 28. Dezember 2017: Für die Zirkus-Revue im Rahmen seiner Winteröffnung hatte der Europa-Park unter anderem Sonni Frankello und seine afrikanischen Elefanten engagiert. Soweit nichts besonderes, denn der Tierlehrer war dort schon früher zu sehen. Auch gab es in dieser Produktion bereits Dressuren mit Raubtieren und Seelöwen. Vorführungen von (Wild-)Tieren waren ein fester Bestandteil der Programme. Dann aber passierte das, was derzeit leider immer öfter in derartigen Fällen geschieht. Sogenannte Tierrechtler entfachten einen „Shitstorm“.

Sie empörten sich auf der Facebook-Seite des Freizeitparks über die Auftritte der Elefanten. Die regionale Tagespresse griff das Thema auf. Als Konsequenz nahm der Europa-Park die Dressur mit den Dickhäutern nach wenigen Vorstellungen aus dem Programm. „Die Zufriedenheit der Besucher hat für den Europa-Park immer oberste Priorität. Obwohl alle rechtlichen Bedingungen für Haltung und Auftritt erfüllt waren, haben wir uns entschieden, die Wildtierdressur aus dem Programm unserer Zirkus Revue zu nehmen. Die Darbietung, die von qualifizierten und erfahrenen externen Vertragspartnern präsentiert wurde, wird mit sofortiger Wirkung aus der Show genommen.“ Mit diesem Statement begründet der Park seine Entscheidung. Es steht zu bezweifeln, ob es sich bei den protestierenden Social Media-Nutzern wirklich um Besucher des Europa-Parks handelt. Die Menschen, die den Park tatsächlich besuchen, haben in den vergangenen Jahren den Vorführungen von Wildtieren gerne zugesehen. Warum soll das von einem Tag auf den anderen nicht mehr der Fall sein? Hat der Europa-Park mit langjähriger Erfahrung im Entertainment-Bereich komplett an den Wünschen seines Publikums vorbei engagiert? Wie dem auch sei. Sonni Frankello dürfte die Entscheidung hart getroffen haben. Für den Circus mit (Wild-)Tieren ist sie ein Rückschlag.


Opening mit Showballett

Dabei ist diese Zirkus-Revue ein Fest des klassischen Circus. Die Regie liegt bei Joseph Bouglione. Es musiziert ein Orchester unter der Leitung von Tino Aeby, der schon als Dirigent bei Knie, Nock oder Dannebrog gearbeitet hat. Nicht zuletzt ist das Ambiente wirklich traumhaft. Gespielt wird in einem großen roten Viermast-Chapiteau. Die Innenausstattung in den Farben Rot und Gold ist vom Feinsten. Bei idealem Wetter ist der Europa-Park an diesem Tag bestens gefüllt. Unzählige Attraktionen locken, die riesige Anlage ist in allen Bereichen aufwendig weihnachtlich dekoriert. Trotzdem ist das Gradin im Circuszelt bei dieser zweiten von drei Shows bestens besetzt. Der Circus hat seine Anziehungskraft.


Tom & Pepe mit Wolf Fisher

Im wundervollen Opening begrüßen uns die sechs Damen des Balletts. Flott eröffnen sie die Show. Die hübschen Tänzerinnen werden wir im weiteren Verlauf noch des öfteren erleben. Immer in äußerst professionellen Choreographien und geschmackvollen Kostümen. Zu Beginn tragen sie schicke Paradeuniformen und Zylinder. Noch edler gekleidet ist nur Wolf Fisher. Er gibt einen Monsieur Loyal aus dem Bilderbuch. Fisher führt charmant durch das Programm. Und er ist der Counterpart für Tom & Pepe. Die Clowns sind ebenfalls Teil der Eröffnungsszene. Obwohl schon im dritten Jahr in Folge in der Zirkusrevue des Parks, begeistert das Duo mit neuen, großartigen Auftritten. Ihre Rollen spielen sie hinreißend. Tom gibt den vermeintlich schlaueren der beiden, Pepe den vertrottelten. Bei ihrem größten Einsatz entfachen sie ein wahres Feuerwerk an origineller Artistik. Sie jonglieren mit riesigen Donuts, balancieren eine Sonnenblume auf dem Kinn oder lassen Teller auf einem Wikingerhelm rotieren. Grandios ist das Stapeln von Pasta-Paketen in der Horizontalen. Dabei muss auch das Haarteil von Tom dran glauben. Statt des Musizierens ist in einer weiteren Szene das Spielen mit Seifenblasen hier verboten. Das Ende ist ein ähnliches. Mit Zaubereien im Zuschauerraum lenken sie geschickt vom Aufbau für die Schlussnummer ab.


Julot, Duo Costache, Olga Boyko

Diese gehört Julot. Der freundliche Herr im besten Alter wird vom Ballett in kecken Harlekinkostümen in die Manege begleitet. Dort bleibt er aber nur kurz, denn sein Requisit ist der schwankende Mast. Den erklimmt er im grauen Anzug. Oben angekommen, entledigt er sich des Sakkos. Den Hut aber behält er auf. Auf einer Plattform stehend, schwankt er ausgiebig hin und her. Das Publikum bangt um den verschmitzten Gleichgewichtskünstler, während dieser stets ein entspanntes Lächeln auf den Lippen hat. Sogar Hula Hoop-Reifen lässt er in luftiger Höhe um seinen Körper kreisen. Hoch hinaus geht es auch bei den beiden anderen artistischen Darbietungen. Leonardo Costache trägt seine Frau Vita auf langen Stangen aus Metall. Mithin haben sie sich der Perche-Akrobatik verschrieben. Als Clou wird bei jedem Trick eine andere Variante dieser Sparte präsentiert. Zunächst trägt Leonardo die Perche mit den Zähnen, dann auf einer Schulter und anschließend auf der Stirn. Bei der Balance der Stirnperche erklimmt er zusätzlich zwei leiterartige Gestelle. Vita sorgt am oberen Ende ebenfalls für Abwechslung. Sie zeigt einen Zahnhang, macht Umschwünge an Strapaten und hält sich im einarmigen Handstand im Gleichgewicht. Sehr effektvoll ist die letzte Sequenz. Leonardo balanciert die Stange nun auf beiden Schultern. Oben tritt Vita in die Pedale eines Fahrrads und überschlägt sich damit unzählige Male. Das extrovertierte Auftreten des Duos Costache rundet diese außergewöhnliche Nummer ab. Verträumt wird es bei Olga Boykos Kür am Luftring. Das Ballett begleitet sie in weißen Kleidern. Mit ihrem Reifen entschwebt sie in einen traumhaften Himmel, den die Lichtdesigner zaubern. Boykos Luftakrobatik wird so zu einem sinnlichen, ausdrucksstarken Erlebnis. Den Kern bildet natürlich ihr großes artistisches Können.


Joulia Tchakanova

Sowohl in der Artistik als auch in der Tierdressur zu Hause ist Joulia Tchakanova. Das beweist sie bei ihrem ersten Auftritt. Mit einem aufgeweckten Pudel zeigt sie ein harmonisches Zusammenspiel. Man fragt sich manchmal, wer gelenkiger ist: Joulia oder ihr Hund? Der Vierbeiner läuft auf zwei Beinen oder balanciert auf dem Kopf seiner Trainerin, während die einen Spagat macht. Immer wieder wunderschön anzusehen ist die einzigartige Freiheitsdressur mit jeweils drei Lamas und Windhunden. Die eigentlich so unterschiedlichen Tierarten arbeiten hier harmonisch zusammen. Reizvoll ist das gegenseitige Überspringen von Hunden und Lamas. Das Steigen eines Lamas sorgt für hörbares Staunen beim Publikum.

Alles in allem also wieder eine aufwendig produzierte und liebevoll umgesetzte Circusshow, mit der uns der einzigartige Freizeitpark im Herzen Europas verwöhnt. Man merkt, dass hier Profis am Werk sind. Die Freude wird in diesem Jahr allerdings deutlich durch die plötzliche Herausnahme der Elefantendressur getrübt. Damit hat der klassische Circus mit Wildtieren einen bis dato prominenten Fürsprecher verloren.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch