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Ravensburger Weihnachtscircus 16/17
www.weihnachtscircus-rv.de ; 150 Showfotos

Ravensburg, 28. Dezember 2016: In keinem anderen Weihnachtscircus in Deutschland steht der Direktor so sehr im Mittelpunkt wie in Ravensburg. Diese Produktion ist der „Circus von Elmar Kretz“, wie es jahrelang zur Begrüßung hieß. Der umtriebige Allgäuer ist auch in dieser Saison erneut auf jedem Plakat zu sehen, moderiert die Show nach einigen Jahren Pause wieder selbst und steht wie immer mit seinen Pferdedressuren in der Manege. Viele andere Weihnachtscircus-Veranstalter halten sich dezent im Hintergrund. Elmar Kretz dagegen positioniert sich selbst als „Star der Show“.

Er vermittelt seinem Publikum authentisch das Gefühl, einer von ihnen, einer aus ihrer Heimat zu sein. Einer, der den großen Circus nach Oberschwaben bringt. Damit hat er offenkundig Erfolg. Wieder einmal sehen wir eine restlos ausverkaufte Vorstellung. Und erleben, wie viele Besucher anschließend auf ihn zukommen und sich für die gelungene Show bedanken. Auch Autogramm- und Selfie-Wünschen sind keine Seltenheit. Und so scheint genau diese Fokussierung auf den Direktor mit seiner charismatischen Persönlichkeit einer der Erfolgsfaktoren des Ravensburger Weihnachtscircus zu sein. Dass er in diesem Jahr leider sowohl auf Wildtiere als auch auf eine Truppe verzichtet, tut der Sache anscheinend keinen Abbruch.


Elmar Kretz und Jimmy Folco 

Das famose siebenköpfige Orchester unter der Leitung von Alexander Bozic eröffnet die Vorstellung mit dem Marsch "Vive la piste", und Clown Jimmy Folco „erweckt“ einige Artisten, die scheinbar in der Manege „schlafen“. Sharon Berousek zeigt nun erste Kostproben ihres Könnens als Jongleurin; Josy Caselly präsentiert Ausschnitte ihrer Tücher-Arbeit. Mit der Begrüßung durch Elmar Kretz wird das ansprechend gestaltete Opening abgerundet. Nachdem der bisherige Sprechstallmeister David Paschke in dieser Saison nicht zur Verfügung steht, moderiert Elmar Kretz die Show nach fünf Jahren erstmals wieder selbst. Er verspricht sein bisher schönstes Programm und „Circus mit Kultur“.


Jimmy Enoch, Sebastian und Kristina Richter, Sharon Berousek 

Und dass es wirklich ein schönes Programm werden soll, das macht gleich Jimmy Enoch mit seiner wunderbar klassischen Fahrrad-Nummer deutlich. Dank seiner tollen Ausstrahlung kommt sofort hervorragende Stimmung auf. Starke Tricks beherrscht er natürlich auch, beispielsweise wenn er auf Sattel und Lenker stehend durch die Manege rollt. Eine solche Nummer macht glücklich und ist mehr als unterhaltsam. Und so sorgt das Orchester mit „Happy“ und „Let me entertain you“ für den passenden Soundtrack. Gleich zweimal steht Elmar Kretz in diesem Winter mit Freiheitsdressuren in der Manege. In der ersten Programmhälfte zeigt er seine fünf Araber in einer besonders einfühlsamen Dressur, in der die Tiere nur mit einer Gerte oder mit bloßen Händen und Stimme dirigiert. Und auch der Auftritt seiner Tochter Milena darf nicht fehlen. Sie leitet ein Palomino-Pony an, das durch stehende und liegende Reifen springt oder Slalom läuft. Sharon Berousek präsentiert ihre Jonglagen mit bis zu fünf bzw. ganz kurz auch sechs Keulen. Die 21-Jährige ist noch einmal versierter und sicherer geworden, seit wir sie zuletzt gesehen haben. In der sehr schön gestalteten Kostümillusion von Kristina und Sebastian Richter wechseln die Kleider passend zu den Musikstilen und den dazu präsentierten Tänzen, von Walzer über Latin und Tango bis hin zu Burlesque. Schade nur, dass für eine so stark auf die Musik abgestimmte Darbietung offenbar kein Tonband in entsprechender Qualität zur Verfügung steht. Das fällt leider besonders auf, weil zuvor alle Künstler zu erstklassiger Livemusik arbeiten.


Vanessa und Emanuel Medini, Jimmy Folco, Josy Caselly 

Im Circus muss häufig improvisiert werden. Eigentlich sollte Milena Kretz in diesem Winter die Bauernhoftiere von Flavio Togni präsentieren. Doch weil in Italien eine Rinderkrankheit und am Bodensee die Vogelgrippe grassiert, durften die Tiere nicht nach Deutschland gebracht werden. Mit vier Kamelen konnte die Familie Togni immerhin einen ansprechenden Ersatz anbieten. Die Wüstenschiffe werden von der vielseitigen Josy Caselly gekonnt zu Lauffiguren angeleitet und liegen bereitwillig ab. Das schöne Kostüm der Vorführerin trägt zum orientalischen Flair bei. Unser Begleiter durchs Programm bleibt Jimmy Folco. Im ersten Programmteil zeigt er das Wasserspucken mit einem Kind aus dem Publikum und sorgt als lebender Weihnachtsbaum für Heiterkeit. Engagiertes Spiel und stets wechselnde, zur jeweiligen Reprise passende Kostüme zeichnen ihn aus. Seinen ersten ganz großen Auftritt hat er dann mit dem viel belachten Tellerwerfen. Wohl nicht mehr viel sagen muss man zur bestens bekannten Rollschuhnummer von Vanessa und Emanuel Medini: Sie vereint Tempo, Leistung, Ausstrahlung und Unterhaltungswert. Hier stimmt einfach alles. Damit sorgen die Geschwister für einen idealen Abschluss der ersten Programmteils.


Desire of Flight, Christine Thevissen, Duo Serjo

Hälfte zwei eröffnet Christine Thevissen. In ihrer außergewöhnlichen Darbietung arbeitet die Artistin mit fröhlich-freundlichem Wesen in einem großen transparenten Ballon. Darin lässt sie zwischen rotem Flitter zwei Hula-Hoop-Reifen nicht nur um ihren Körper, sondern auch um die Innenwände des Ballons kreisen. So ergibt sich ein wenig das Bild einer „lebendigen Christbaumkugel“. Auf Jimmy Folcos Amor-Reprise folgen nun die zwei großen artistischen Ausrufezeichen dieses Programms im Doppelpack: Mit seiner Hand-auf-Hand-Akrobatik hat das Duo Serjo in den vergangenen Jahren in zahlreichen renommierten Unternehmen gearbeitet, unter anderem bei Knie, Arlette Gruss und Nock. Auch in Ravensburg sorgen die beiden Artisten für riesige Begeisterung. Und die setzt sich fort beim schwerelosen Luft-Akt von „Desire of Flight“, gold-prämiert in Monte Carlo. Malvina Abakarova und Valeriy Sychev kombinieren an den Strapaten eine dramatische Liebesgeschichte mit gefahrvollen Tricks, welche die Besucher die Hände vors Gesicht schlagen lassen. Tosender Applaus.


Elmar Kretz 

Es folgt der große Auftritt des Direktors. In zwei Monaten Trainingsarbeit hat Elmar Kretz seine fünf eigenen Araber und sechs Falben von Flavio Togni zu einem formidablen Elferzug zusammengeführt. Zunächst stellt Kretz die Falben vor. Das gleichzeitige Flechten aller sechs Tiere, Drehungen in Dreierformation und ein Gegenlauf, bei dem die Tiere vorne an der Manege stoppen und dann walzen, sind nur einige der anspruchsvollen Tricks. Schließlich kommen die Araber hinzu, und die vielseitigen Lauffiguren gipfeln in einem gemeinsamen Steiger aller Tiere. Dieses Highlight der Show gipfelt in verschiedenen Da Capi, unter anderem einem fünffachen Vorwärts-Steiger, der ebenfalls Togni- und Kretz-Pferde vereint. Die Schlussnummer übernehmen der Clown aus Italien und seine Mitspieler aus dem Publikum: Das klingt wie aus einer Programmbesprechung zum Circus Knie 2016, meint aber tatsächlich den 9. Ravensburger Weihnachtscircus. Mit seiner „Rockband“ sorgt Jimmy Folco nochmal für überschäumende Stimmung.

Mit Standing Ovations zum Finale endet diese Nachmittagsvorstellung des 9. Ravensburger Weihnachtscircus. Elmar Kretz verabschiedet sein Publikum, nicht nur mit wohl gesetzten Worten, sondern im nachfolgenden Prolog auch mit dem live gesungenen Song "Smile". Er ist und bleibt – auch in der Manege – die zentrale, prägende Figur seines eigenen Weihnachtscircus.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Erber