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Circus Krone - Februar 2017
www.circus-krone.de ; 130 Showfotos


München, 4. Februar 2017: „What a wonderful world“ – Dieses Lied gibt die Stimmung für den Ausklang im 2. Programm der aktuellen Spielzeit im Kronebau vor. Nachdem die Artisten noch einmal in die Manege zurückgekehrt sind und sich einzeln vom Publikum verabschiedet haben, hat Nikolai Tovarich seinen Auftritt. Im blauen Frack stimmt der Ringmaster den Klassiker von Louis Armstrong an. Die Artisten wenden sich einander zu, geben sich die Hände, fallen sich in die Arme. Mit kleinen Leuchtpunkten oder Smartphone-Lampen in den Händen verschwinden sie langsam hinter dem Vorhang.

Es ist das wohl emotionalste der bisher im Stammhaus des Münchner Traditionsunternehmens gezeigten Finale. Ein versöhnlicher Abschluss in Zeiten, die so harmonisch gar nicht erscheinen. Der Circus hatte schon immer die Aufgabe, die Menschen aus ihrem Alltag zu reißen, sie in eine andere Welt zu entführen. Das schafft dieses Februar-Programm auch insgesamt, nicht nur im Finale. Es ist eine gewohnt stimmige Mischung, die den klassischen Dreiklang aus Artistik, Dressuren und Clownerie pflegt. Wie gewohnt, bekommen die Zuschauer in dieser zweiten Show Gewinner des soeben zu Ende gegangenen Circusfestivals von Monte Carlo zu sehen.


Geraldine Philadelphia, Jana Mandana mit Mala, Berty Balder

Die Ouvertüre gehört dem großen, wunderbar spielenden Orchester von Oleksandr Krasyun, die erste Darbietung Geraldine Philadelphia. Darin vereint die junge Artistin Hula Hoop, Jonglagen und Kontorsion. Immer dabei sind Reifen, die sie charmant um Körperteile kreisen oder durch die Luft fliegen lässt. Mit dieser einzigartigen Kür war Philadelphia des Öfteren bei Roncalli zu erleben. In der kommenden Sommersaison wirbelt sie bei Nock in der Schweiz. Mala, Aisha und Kenya heißen die drei Elefantendamen, mit denen Jana Mandana und James Puydebois einen Tanz wagen. Bei einer neu zusammengestellten Nummer zeigen die Inderin und die beiden Afrikanerinnen, welche Tricks sie mit Leichtigkeit beherrschen. In dieser in Rot und Schwarz gehaltenen Inszenierung legen sogar die beiden Tierlehrer ein paar Schritte auf das Parkett, welches in diesem Fall zu Sägemehl verarbeitet wurde. Kurzfristig einspringen musste Berty Balder. Der ursprünglich vorgesehene Clown Charlie Carletto fiel kurz nach der Premiere krankheitsbedingt aus. So übernimmt es Balder für einige Vorstellungen, die Zuschauer zum Lachen zu bringen. Er spielt mit einer Papiertüte und einem Mülleimer. Er lässt Zuschauer Limbo tanzen und eine Liebesszene spielen. Immer haben die „Freiwilligen“ dabei ihren Spaß. Ebenso der Rest des Publikums. Am besten gefallen hat mir Berty Balders Variante der Popcorn-Reprise. Bei dieser wird er von einem vorwitzigen Vogelstrauß begleitet, dessen Innenleben aus seinem rechten Arm besteht.


Katerina Abakarova, Elena Jasters, Jana Mandana

Zu einer Opernarie fliegt Katerina Abakarova durch die Luft. Einem Vogel gleich bewegt sie sich an Strapaten unter der Circuskuppel. Die junge Russin beweist dabei Mut und Anmut. Ihre Umschwünge, Drehungen und Balancen im Spagat sind nicht ungefährlich. Katerina Abakarova aber zeigt sie mit solch einer Leichtigkeit, dass das Risiko in den Hintergrund tritt. Sie verzaubert das Publikum vollends. Das sieht bei den Jasters schon anders aus. Das italienische Ehepaar spielt bewusst mit der Gefahr. Elena steht mutig am Brett, während Giacomo die Messer so wirft, dass sie knapp neben ihrem Körper im Holz stecken bleiben. Das auch, wenn Elena einen großen Bogen Papier vor ihren Körper hält oder sich mit dem Brett in hoher Geschwindigkeit dreht. Mit der Armbrust zielt Giacomo auf Gegenstände, die Elena mit den Händen oder dem Mund festhält. Auch den Tellschuss haben die Jasters im Repertoire. Zunächst sechs weiße Araberhengste lässt Jana Mandana zu Helene Fischers „Fieber“ durch die Manege tanzen. Später kommen vier weitere hinzu. Es ist eine schöne Freiheitsdressur, die an diesem Nachmittag (noch) nicht ganz rund läuft. Die elegante Präsentation, die abwechslungsreichen Lauffiguren und die wunderschönen Pferde sind aber auf jeden Fall ein Hingucker. Als da capo erleben wir einen Steiger.


Rafael de Carlos, Sky Angels, Martin Lacey junior

Was Geraldine Philadelphia mit Reifen macht, macht Rafael de Carlos mit Bällen. Nämlich so ziemlich alles. Er lässt sie auf seinen Fingern tanzen, jongliert sie mit den Händen und schnalzt sie mit dem Mund in die Luft. Natürlich verwendet der temperamentvolle Kubaner dabei die unterschiedlichsten Modelle. Zum Einsatz kommen Basket-, Fuß- und Tischtennisbälle. Ebenso kleine weiße Bälle. Letztere fängt der Wirbelwind mit kleinen Netzen auf, die er an einem Gürtel befestigt hat. Bei diesen ungeheuer abwechslungsreichen Jonglagen assistiert ihm seine Partnerin Martyn Chabry. Kristin Vorobeva und Rustem Osmanov müssen sich bei ihrer Nummer ganz auf die Kraft ihrer Zähne verlassen. An den Strapaten halten sich die Sky Angels aus Usbekistan bei vielen ihrer spektakulären Tricks nur mit dem Gebiss. Was sie dabei ungesichert präsentieren, gab es so bei uns noch nicht zu sehen. Teilweise mag man seinen Augen nicht trauen, wenn man sieht, welche außergewöhnlichen Figuren die Sky Angels da arbeiten. Einfach phänomenal. Es verwundert nicht, dass das Duo soeben in Monte Carlo mit einem Goldenen Clown ausgezeichnet wurde. Einen solchen nennt auch Martin Lacey junior sein eigen. Ebenso einen silbernen. „Auf vielfachen Wunsch“, wie Nikolai Tovarich in seiner Ansage mitteilt, erleben wir im Februar noch einmal die „größte Raubtiershow der Welt“. Darin versammelt Lacey zwei weiße sowie einen normalfarbenen Tiger und über 20 Löwen im Zentralkäfig. Es entstehen eindrucksvolle, in der heutigen Zeit einmalige Bilder. Etwa bei der großen Pyramide mit allen Tieren oder dem Hochsitzen der Löwen im Kreis. Abwechslung bringen Sequenzen mit einzelnen Tieren. Etwa der Scheinangriff eines prächtigen männlichen Löwen oder der Lauf eines Tigers auf den Hinterbeinen. Das Finale gehört dem wunderschönen Mähnenlöwen Baluga. Wir dürfen uns sehr glücklich schätzen, dass uns Martin Lacey junior und der Circus Krone mit solch einer eindrucksvollen Raubtiergruppe beschenken.


Duo Stipka, Corina Icleanu (Trio Stoian), Face Team

Klassische Circuskunst dann mit dem Duo Stipka. Eliane und Daniel Stipka reiten ein Pas de deux zu Pferd, das der Tradition verpflichtet ist und viele anspruchsvolle Figuren enthält. Das Paar kann sich blind vertrauen, während unter ihnen die beiden Friesen ruhig ihre Bahnen ziehen. Nur so ist es möglich, dass Eliane in voller Bewegung frei auf dem Kopf von Daniel stehen kann. Eine elegante Präsentation rundet dieses Bild ab. Mit dem Engagement im Kronebau endet die gemeinsame Karriere des Trio Stoian. Die Brüder Bogdan und Alex Stoian sowie Bogdans Partnerin Corina Icleanu zeigen ihre preisgekrönte Artistik am Russischen Barren in München zum letzten Mal. Danach ist diese eindrucksvolle Darbietung Geschichte. Genießen wir also noch einmal die eleganten Schrauben und Salti von Corina, die sie sicher auf der von den Untermännern geschulterten Stange landet. Höhepunkt ist der Dreifache Salto. Der besondere Reiz dieser Nummer liegt für mich darin, dass die Rumänen nur zu dritt arbeiten. Keine zusätzlichen Akteure stehen rechts und links des Russischen Barrens und sichern die Fliegerin ab. Während die Stoians vom Sport kommen, bringen die acht Jungs des Face Teams ihre Sportart gleich mit in die Manege. Die lässigen Ungarn spielen Basketball. Das aber so artistisch, dass es „circusreif“ ist. Sicher legen sie die Bälle in einem Korb ab, der am dem Artisteneingang entgegengesetzten Teil der Piste installiert ist. Ein Trampolin gibt den Akteuren zusätzlichen Schwung. In der sportlichen Choreographie geht es Schlag auf Schlag. Die Sprünge zum Korb sind wirklich abgefahren und sorgen für ordentlich Stimmung unter dem Dach des Circusgebäudes. Ergänzt werden sie durch Intermezzi wie der Jonglage mit Basketbällen.

Mit seinem Februarprogramm füllt Krone gewohnt zuverlässig die Zeit zwischen Weihnachtscircussen und Beginn der Sommersaison der meisten Reiseunternehmen. Wer in dieser eher ruhigen Zeit klassischen Circus erleben möchte, ist auch in diesem Winter in München richtig. Hier wird er in Reinform zelebriert.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch