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Krefelder Weihnachtscircus 2016/17
www.krefelder-weihnachtscircus.de ; 66 Showfotos

Krefeld, 3. Januar 2017: Der Krefelder Weihnachtscircus steht in dieser Saison erstmals unter der operativen Verantwortung von Mathijs te Kiefte. Nach seiner langjährigen Tätigkeit beim niederländischen Circus Herman Renz arbeitet er seit einiger Zeit für das Haus Probst. Das Programm trägt eine erkennbar neue Handschrift und setzt mit einer Bingo-Truppe, einem poetischen Weißclown und einem herausragenden Orchester frische Akzente in der Weihnachtscircus-Landschaft. Ein Highlight des Programms sind sicherlich die sieben Musiker unter der Leitung von Jan-Willem te Kiefte.

Mit einer großen Bandbreite von eigens zu den Nummern geschaffenen Kompositionen und einfallsreichen Arrangements bekannter Stücke zelebriert die Formation Circusmusik auf einem Niveau, das heute fast in Vergessenheit geraten ist.


Orchester, Truppe Bingo

Doch die Produktion hat auch in der Manege einiges zu bieten. Poetisch beginnt es mit dem Weißclown Adrien, der auf der Geige die weihnachtliche Melodie vom „Little Drummer Boy“ spielt. Klassisch geschminkt im aufwendigen Kostüm verkörpert er in seinen Auftritten perfekt die Figur des feingeistig-eleganten weißen Clowns. Das Programm nimmt nun Fahrt auf mit dem aus Monte Carlo bekannten roten Opening des Circustheaters Bingo, einer gelungenen Kombination typischer Circusmotive mit moderner Akrobatik und Choreographie.


Karolina Popova, Liviu Tudor, Beatrix Spindler

Von einer Erinnerung an die Wurzeln des Circus im Pferdetheater von Philipp Astley wird die Freiheitsdressur von Beatrix Spindler eingeleitet. Die Hommage ist gelungen. Mit schlichtem Zaumzeug präsentiert sie einen Fünferzug auf harmonisch-ruhige Art. Den Abschluss bildet der kuriose Dressurtrick eines seilspringenden Pferdes, eine einfallsreiche Ergänzung zu den sonst üblichen Schlusssteigern. Weißclown Adrien beweist in seinem zweiten Auftritt, dass er auch das Ziehharmonikaspiel virtuos beherrscht. Äußerst originell ist das Tellerdrehen mit Liviu Tudor. Zum eigentlichen Star der Nummer wird nämlich sein kleiner Hund, der "nur spielen" will und ihm damit die Show stiehlt. Lustig geht es weiter, wenn in einer Soloreprise Clown Frenky einem Kind aus dem Publikum beim Jonglieren behilflich ist. Eine Augenweide ist die Antipoden-Darbietung von Karolina Popova. Akrobatisch solide, glänzt die Nummer insbesondere durch Ausstrahlung und eine äußerst stilvolle optische Aufmachung.


Geoffrey Berhault, Alla und Yevheniia, Frenky und Adrien

Aus dem Bingo-Ensemble stammt das Duo Alla und Yevheniia, das an zwei nebeneinander aufgehängten Trapezen einen lasziv-fetzigen Tanz ausführt. Abwechselnd zu zweit an einem Trapez und synchron nebeneinander präsentieren sie eine tempo- und trickreiche Darbietung. Passend zur Weihnachtszeit verabschieden Frenky und Adrien das Publikum mit einem „Glühwein-Entrée“ in die Pause. Zwei in der Pause aufgebaute, über Kreuz in verschiedenen Höhen gespannte Drahtseile kündigen die Seiltanznummer von Geoffrey Berhault an. Die interessante Anordnung ermöglicht waghalsige Wechsel und Sprünge zwischen den Seilen, die Berhault mit fehlerfreier Leichtigkeit ausführt. Seine anspruchsvolle Trickfolge endet mit dem schwierigen Salto vorwärts und wird mit großem Applaus honoriert. Es folgt ein Musik-Entree von Adrien und Frenky. Das ganz klassische Motiv des vom dummen August beim Musizieren gestörten Weißclowns wird sehr gelungen aufgegriffen. Es ist sehr erfreulich, dass das musikalische Können von Adrien im Programm gebührend zur Geltung kommt.


Vladislav Voidiuk, Duet Skies, Duo Ayala-Pass

Begleitet von einer Background-Choreografie der Bingo-Truppe zeigt Kateryna Kurichenko eine unkonventionelle Hula-Hoop-Performance. Sie entspricht mehr einem „Ausdruckstanz mit Ringunterstützung“ als dem typischen Hula-Hoop-Repertoire. Hunde aller Größen präsentiert Beatrix Spindler in einer rasant-witzigen Dressur, bei der Rollkoffer als Postamentersatz dienen. Probst-untypisch bleiben Pferde und Hunde die einzigen Tiere im Programm. Mathijs te Kiefte versichert jedoch, dass dieser Verzicht nicht prinzipieller Art ist und man für die Folgeproduktionen gerne wieder auf mehr Tiere setzen will. Mit einer akrobatischen Liebesgeschichte ganz in weiß geht es weiter. Das Duo Duet Skies verbindet Mastakrobatik mit Strapaten zu einer sehr ästhetischen Darbietung. Der ukrainische Jongleur Vladislav Voidiuk zeigt dagegen ein sehr klassisches Repertoire aus Keulen- und Ringjonglage, verbindet es aber auf ansprechende Weise mit Elementen moderner Choreografie. Den Schlusspunkt des Programms bildet das Duo Ayala-Pass auf dem Todesrad. Mit einem typischen Trickrepertoire ist wie immer bei dieser Disziplin Nervenkitzel garantiert. So ist es ein gelungener Abschluss, nach dem sich alle Artisten zum großen Finale in der Manege versammeln. Die letzte Szene des Abends gehört jedoch Adrien und Frenky, die sich mit einer weihnachtlichen Bescherung vom Publikum verabschieden.

Der Krefelder Weihnachtscircus hat sich in diesem Jahr mit einer eigenständigen, modernen Programmgestaltung sichtlich von seinem „älteren Bruder“ in Gelsenkirchen emanzipiert. Er bietet ein Programm, das nicht durch einzelne Top-Nummern, sondern vielmehr durch Atmosphäre und geschickte Regie glänzt. Die eloquente Moderation von Mathijs te Kiefte und eine ausgewogene Mischung zeitgemäß präsentierter Darbietungen fügen sich zu einem sehr stimmigen Gesamteindruck. Man darf gespannt sein, welche Ideen im nächsten Jahr zum fünften Jubiläum verwirklicht werden.

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Text: Daniel Buow; Fotos: Stefan Nolte