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Dresdner Weihnachtscircus 2016/17
www.dwc.show ; 145 Showfotos

Dresden, 29. Dezember 2016: In mehrerlei Hinsicht fühlt man sich im Dresdner Weihnachtscircus an vergangene Glanzzeiten des Circus erinnert. Zum einen ist es das durchweg hochwertig besetzte Programm, das den klassischen Dreiklang aus Akrobatik, Clownerie und Tierdressuren pflegt. Zum anderen sind es die Besuchermassen, die das große Chapiteau schon eine halbe Stunde vor Beginn der Vorstellung füllen. Ebenso positiv aus der Zeit gefallen scheint das 15-köpfige Orchester, das sämtliche Nummern live begleitet – heutzutage leider eine Ausnahme.

Mario Müller-Milanos Circus ist eine Institution geworden in Dresden und zeigt auch in diesem Jahr, dass qualitativ guter klassischer Circus alles andere als unzeitgemäß ist.


Anke Fiedler, Marek Jama, Torsten Malmström

Magier Christian Farla eröffnet das Programm, indem er die Sängerin Anke Fiedler im besten Sinne hervorzaubert. Die ausgebildete Musicalsängerin begleitet mit ihren Gesangseinlagen aus dem Popmusik-Repertoire durch den Abend. Im Zusammenspiel mit einer rassigen Tänzerin reitet Marek Jama in seinem ersten Auftritt eine temperamentvolle Hohe Schule. Mit nicht ganz so anmutigen, dabei aber umso lustigeren Vierbeinern bestreiten Vladi und Olga Slobodeniuk ihre erste Nummer: Eine Ratte und eine Katze dürfen ihr Können zeigen. Die beiden Clowns sind alte Bekannte aus dem Circus Busch-Roland und fungieren als roter Faden. Ein weiterer solcher ist Torsten Malmström als Sprechstallmeister. In diese neue Rolle hat er sich bestens eingefunden und führt souverän durchs Programm.


Elizabeth Axt, Ingo Stiebner, Vladi Slobodenyuk

Einen eleganten Tango legt die Ungarin Elizabeth Axt nicht etwa aufs Parkett, sondern unter die Circuskuppel. Am Washington-Trapez zeigt sie gekonnte Balanceakte im Kopf- und Handstand. Höhepunkt und Besonderheit ist ein Kopfstand auf dem frei drehbaren Trapez. Einen Tango in der Manege dagegen zeigt Ingo Stiebner mit einem seiner beiden Seelöwen. Mit diesem und vielen weiteren Tricks beweist Stiebner liebevoll das Können seiner tierischen Partner, die so zu Publikumslieblingen werden. Dass er nicht nur komisches, sondern auch akrobatisches Talent besitzt, zeigt Vladi Slobodeniuk auf dem Schlappseil, auf dem er sitzen, liegen und sogar Tee trinken kann.


Erdene Mongolia Production, Marek Jama, Manuel Farina

Zu einem richtig klassischen Circusprogramm gehört auch eine große Truppe. Die kommt in diesem Jahr aus der Mongolei. Die Akrobaten der Mongolia Circus Production von Erdene Nergui präsentieren in ihrem ersten manegenfüllenden Auftritt Handvoltigen bis zu vier Mann hoch. Zum Abschluss der ersten Programmhälfte ist Marek Jama, eingeleitet von den Charles-Knie-Ballettdamen, mit seiner Freiheitsdressur zu sehen. Von einem Schulpferd am Zügel, über das Dreier-Flechten und Sechserzüge Friesenhengste und Ponys bis zu den krönenden Dacapo-Steigern bietet sie eine große Vielfalt an Dressurleistungen. Nach der Pause erwartet der aufgebaute Zentralkäfig das Publikum. Im temporeichen Vorführstil präsentiert Manuel Farina seine gemischte Raubtiergruppe aus Löwen und Tigern. Tierisch geht es gleich weiter mit dem großen Exotentableau und Marek Jama. Begleitet von Gesang und dem exotisch kostümierten Ballett sind Kamele, Zebras, Lamas, Rinder und ein Känguru zu sehen. Aus dem Hause Charles Knie stammt diese Exotennummer, die in Sachen Tiervielfalt und Gestaltung ihresgleichen sucht.


Duo Devlikamov, Christian Farla, Mario Müller-Milano

Nach einer kurzen Clownreprise unter Publikumsbeteiligung arbeitet das Duo Devlikamov eine Romanze am chinesischen Mast. Ein weißer Vorhang als Kulisse sorgt für interessante Schattenspiele, während Olga und Marat abwechselnd anmutige Figuren und waghalsige Abfaller zeigen. Zusammen mit wunderschöner Trompetenbegleitung entsteht so eine fesselnde Nummer, die durch Können wie durch Choreografie überzeugt. Mit Christian Farla hat der Dresdner Weihnachtscircus erstmals einen Magier im Programm. Seine Illusionen, die zumeist im verschwinden und wieder erscheinen Lassen seiner vier Assistentinnen bestehen, präsentiert er in atemberaubendem Tempo. Der magischste Moment ist jedoch, wenn er mit einem „Zauberlehrling“ aus dem Publikum einen Tisch zum Schweben bringt. Zu verzaubern wissen auch Olga Slobodeniuk als lebende Tanzpuppe und ihr Partner Vladi. Diese charmante Reprise zur verträumten Fellini-Musik ist für mich ihre stärkste. Schlussnummer dieses durchgehend starken Programms ist die Schleuderbretttruppe der Mongolia Circus Production. Mit einer Mischung aus spektakulären Sprüngen zur Matte und ebenso anspruchsvollen Sprüngen zur Schulter zeigt sie eine ganz klassische Darbietung, die bis hin zum fünffachen Salto keinen technischen Schwierigkeitsgrad auslässt.

Umrahmt von leuchtenden Engeln des Charles-Knie-Balletts leitet Sängerin Anke Fiedler mit Leonard Cohens „Hallelujah“ das Finale ein. Nach drei äußerst kurzweiligen Stunden geht ein Programm zu Ende, das all das zu bieten hat, was den Freund des klassischen Circus begeistert. Wer diese Art von Circus für antiquiert oder gar tot hält, dem sei im nächsten Jahr eine Reise an die Elbe empfohlen. Dort zeigt sie sich quicklebendig und auf höchstem Niveau.

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Text: Daniel Burow; Fotos: Stefan Gierisch