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Cirque Pinder - Paris 2014
www.cirquepinder.com ; 34 Showfotos

Paris, 29. November 2014: „Die reine Tradition des wahren Circus“. So oder ähnlich würde man beim Cirque Pinder wohl die eigenen Produktionen beschreiben. Hier wird der klassische Dreiklang aus Tieren, Clowns und Artisten gepflegt. Die Genrewahl ist ebenso traditionell – Flugtrapez, Jongleur und Kraftakrobatik gehören zu den Fixpunkten jeder Vorstellung. Dafür wird bei der Präsentation dieser reinen Nummernprogramme auf jeglichen Schnickschnack verzichtet. Und so beginnt die Vorstellung, ohne Ouvertüre oder Charivari, nach einer kurzen Ansage gleich mit der Raubtiernummer.

Zwölf weiße Löwen in der Manege, das ist fraglos eine ganz große Attraktion: Unter der Anleitung von Juniorchef Frédéric Edelstein formieren sich alle Tiere zu Pyramide und Teppich, acht werden zum Hochsitzen animiert, drei legen sich gar auf den am Boden liegenden Dompteur. Schmuseeinheiten inbegriffen.


Fréderic Edelstein, Valeriy

Der wiederum neue und jugendliche Mr. Loyal, Judicaël Vattier, stellt in seiner Begrüßung das 160-jährige Bestehen des Cirque Pinder heraus, das in diesem Jahr gefeiert wird. Das Programmheft wurde aus diesem Anlass besonders aufwendig gestaltet. Insbesondere blickt es auf die lange Unternehmensgeschichte mit den Direktionen William Pinder (1854-1928), Charles Spiesert (1928-1971), Jean Richard (1972-1983) und, seit 1983, Gilbert Edelstein zurück. Der „Géant Europeen“ unter den Circussen, so die Selbstbeschreibung, setzt sein Sechs-Masten-Chapiteau mit 5000 Plätzen ausschließlich beim jährlichen Paris-Gastspiel zur Weihnachtszeit ein, während für die Tournee kleinere Zelte gebraucht werden. Der Sechsmaster bietet einen äußerst imposanten Anblick. Das gleiche gilt für den in dieser Samstagabendvorstellung sehr gut gefüllten Zuschauerraum. Vor den Augen Tausender also zelebriert Valeriy nach dem Käfigabbau zu ruhiger Musik und ansprechender Choreographie diverse Posen und Abfaller am Vertikalseil.

 
Skating Jasters, Los Pepes Mickaël Brady
 

Überaus bodenständig ist bei Pinder stets die Clownerie besetzt. Pepito zeigt mit Zuschauern, die hierzu alberne Kostümierungen anlegen müssen, seine Variante der Filmszene. Er überbrückt diverse längere Umbaupausen mit Mitmachaktionen wie Ballonwerfen und Gesang und bekriegt sich am Ende mit seinem Kompagnon – nun als „Los Pepes“ – bei einer Eier- und Tortenschlacht. Die beiden Elefanten des Cirque Pinder werden in ruhiger Weise von Mickaël Brady vorgeführt. Eines der Tiere legt sich über seinem Vorführer ab. Die Skating Jasters, Jimmy und Susanne, zeigen eine geradezu klassische Trickfolge auf Rollschuhen. Selbstverständlich fehlen weder die amüsante Mitfahrt eines Zuschauers, noch der Genickhangwirbel zum Abschluss. Hier wird er mit LED-Lichtern am Kostüm im Dunkeln präsentiert.

 
Flying White Street, Sophie Edelstein mit Tänzern 

Vielleicht die beste Magic-Show in einem klassischen Circus zeigt Juniorchefin Sophie Edelstein. Fast nach Belieben lässt sie ihre vier gut gebauten Assistenten erscheinen und verschwinden. Bei dieser Nummer wird das Potenzial der modernen Licht- und Tonanlage am besten genutzt. Neu ist der Trick, bei dem Sophie Edelstein mit Plastikfolie und Klebeband "eingepackt" wird und sich aus dieser unkomfortablen Lage spielend leicht befreit. Die "Flying White Street“ ergänzen ihren gewaltigen Luftapparat durch einen zweiten Fänger oberhalb der Schaukel. Das ermöglicht, neben Klassikern wie Doppelsalto gestreckt, Dreifachem und Passage, auch neue Flugkombinationen.


José Belten, Sandro Montez, Crazy Wilson

Meisterdresseur Sandro Montez hat zu Saisonbeginn 2014 die hauseigenen Exoten übernommen. Und so bewegt sich die Kamelfreiheit wieder auf hohem Niveau. An diese Vorführung schließt sich das bekannte Karussell mit über abliegende Kamele springenden Lamas und Fjordpferden an. Walzen, Flechten und Steigen der Fjordpferde bilden den Abschluss der Nummer. Jongleur José Belten ist auf die außergewöhnliche Idee verfallen, seine komplette Nummer mit Leuchtrequisiten (sieben Bälle und fünf Keulen) bzw. fünf Fackeln im Dunkeln zu präsentieren. Nur bei den Komplimenten zeigt er sein Gesicht im Scheinwerferlicht. Eine starke, kraftstrotzende und sicher gearbeitete Hand-auf-Hand-Nummer steuern Artem und Oleg zum Programm bei. Crazy Wilson war nun vier Jahre lang Schlussnummer beim „größten Circus Europas“ und ist in gleicher Rolle aktuell beim „Géant Europeen“ zu sehen. Genauso offensiv wie bei Krone animiert er auch hier das Publikum zu Standing Ovations. Dreimal schlägt er an diesem Abend seinen berühmten Salto auf der Außenseite des rotierenden Rades. Mit einem relativ knapp gehaltenen Finale endet dieser Circusabend – nachdem die dritte Vorstellung des Tages mit 50 Minuten Verspätung begonnen hatte – erst kurz vor Mitternacht.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Erber (10), Stefan Gierisch (2)