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Circus Krone - Februar 2015
www.circus-krone.de ; 110 Showfotos

München, 7. Februar 2015: Welch immense Faszination geballte Energie zielgerichtet eingesetzt entfalten kann, dürfen die Besucher des zweiten Winterprogramms im Kronebau Vorstellung für Vorstellung erleben. Die Spannung ist tatsächlich zum Greifen. Wenn Kim Myong Jin auf einer Länge von 16 Metern einen vierfachen Salto dreht, dann entfährt dem Herrn nebenan wie mir selbst ein hörbares „Boah“. Wenn sich insgesamt 26 vor Kraft strotzende Raubtiere durch den Zentralkäfig bewegen, spielt keiner der Zuschauer an seinem Smartphone.

Dann sind 3000 Augenpaare konzentriert auf die Manege gerichtet. Es sind Momente wie diese, die einen komplett in ihren Bann ziehen. Momente, wie sie wohl nur im Circus zu erleben sind. Krone schenkt sie uns in diesem Monat. Und natürlich noch viel mehr. Die Schau hat alles, was zu einem ausgewogenen Circusprogramm gehört. Wie meist im Februar, gibt es aktuelle Preisträger vom Internationalen Circusfestival von Monte Carlo, die direkt von der Côte d'Azur an die Isar reisen. Sie fügen sich ein in den beim bayrischen Traditionsunternehmen gepflegten Dreiklang aus Artisten, Tieren und Clowns.


Johnny Fischer, Tom & Pepe, Truppe Khagdaa

Bodenständig bajuwarisch ist dann auch der Auftakt nach der Ouvertüre durch das große Orchester von Oleksandr Krasyun und der Begrüßung von Ringmaster Nikolai Tovarich. Der unverwüstliche Johnny Fischer und seine Partnerin bringen insgesamt 15 Haustiere auf ihren Brauereiwagen mit. Die Vorführer tragen Tracht, und natürlich legt Johnny Fischer einen Schuhplattler hin. Mit vollem Einsatz lässt er Katzen durch Reifen springen oder auf einem Roller fahren, eine Ziege zwischen seinen Beinen durchlaufen und mehrere Tiere einen Turm bilden. Aus den USA und Spanien kommen die Spaßmacher der Show. Tom und Pepe waren zunächst im Solo bei Ringling sowie dem Big Apple Circus engagiert. Seit 2010 sind sie gemeinsam unterwegs. So konnten wir sie bereits für zwei Saisons bei Arlette Gruss erleben. Die beiden schrägen Typen mit roten Nasen und gestreiften Sakkos sind moderne Clowns, die jede Menge neuartiger Ideen auf Lager haben. So bewässern sie mit Hilfe des Publikums Topfblumen oder führen ein Klarinettenkonzert auf. Falls notwendig, machen sie ihre Späße auch im Zuschauerraum. Etwa wenn nach der Haustierrevue von Johnny Fischer der Manegenteppich für die erste artistische Nummer ausgelegt wird. Auf diesem zeigen sich die Mitglieder der Truppe Khadgaa als versierte und variantenreiche Seilspringer. Die Mongolen schwingen mehrere Seile gleichzeitig, über die abgefahrene Sprungkombinationen vollführt werden. Auch drei Personen übereinander springen locker über das dünne Tau. In ihrem zweiten Auftritt glänzen die Clownsgewinner von Monte Carlo mit einer Melange aus Kraftakrobatik und Handvoltigen. Es ist ein schöner Kontrast, wenn die kräftigen Mongolen ihre Partnerinnen zu eleganten Flügen in die Luft werfen. Eine Pyramide aus acht Personen bildet nicht nur den optischen Höhepunkt dieser folkloristisch aufgemachten Nummer.


Duo Kvas, Coperlin (Dustin Nicolodi), Duo Pyongyang

Ebenfalls Bronze in Monte Carlo gab es für das Duo Kvas. Die beiden Ukrainer haben nicht nur Adoniskörper, sondern überzeugen zudem mit einer kraftvollen Partner-Equilibristik. Hand-auf-Hand, Hand-auf-Kopf oder Kopf-auf-Kopf – Anton Savchenko und Vladimir Kostenko beherrschen all dies in traumhafter Perfektion. Mit Tieren aus dem umfangreichen Kronezoo erleben wir einmal mehr Jana Mandana. Bei der Vorführung der Elefanten unterstützt James Puydebois. Ein indisch-afrikanisches Trio zeigt einen Querschnitt durch das Repertoire. „Circus on Parade“ könnte das Motto für die Aufmachung dieser tonnenschweren Kür sein. Sechs weiße Araber sind Mandanas Manegenpartner bei der Freiheitsdressur. Seit fünf Jahren sind die edlen Pferde aus dem Haupt- und Landgestüt Marbach jetzt bei Krone. Die noch recht behutsam vorgetragene Arbeit besticht vor allen Dingen durch die Schönheit der Akteure. Wie Vater Willer versteht sich Dustin Nicolodi aufs Beste darauf, sein Publikum zum Lachen zu bringen. Schließt man die Augen, fällt schwer zu sagen, wer von den beiden gerade seinen Auftritt hat. Inhaltlich haben beide Nummern aber nichts miteinander zu tun. Dustin Nicolodi begeistert in seiner Rolle als Coperlin mit Comedy-Jonglagen und mehr oder weniger vollendeten Zaubereien. Diese garniert er mit herrlich komischen Erklärungen. Insbesondere in den Abendvorstellungen bringt er damit den Kronebau zum Toben. Schier unfassbar dann die Nummer, nach der es in die Pause geht. Wer die Säbel- und Dolchbalancen des Duo Pyongyang nicht mit eigenen Augen gesehen hat, wird nicht glauben, was diese beiden aktuellen Gewinner eines Goldenen Clowns zeigen. Die junge Dame balanciert einen Säbel auf einem Munddolch. Auf dem Säbel befindet sich eine durchsichtige Plattform. Darauf insgesamt vier Gläser auf zwei Ebenen. Das tut die Nordkoreanerin während der ganzen Nummer ohne einmal abzusetzen. In dieser tanzt sie auf den Zehenspitzen. Dies sowohl am Boden als auch auf den Schultern ihres Partners. Damit nicht genug. Zu zweit begeben sich die beiden ans schwingende Trapez. Dort hält er sie kopfüber an einem Bein, während sie mit dem anderen einen Reifen kreisen lässt und mit den Händen vier Bälle jongliert. Im Mund natürlich den Dolch, auf dem sie die weiteren Requisiten balanciert. Eine einmalige Leistung.


Martin Lacey junior

Weltweit einzigartig ist ebenfalls die Reklamenummer des Programms. In seiner brandneuen gemischten Raubtiernummer vereint Martin Lacey junior 27 Großkatzen im neu gebauten Zentralkäfig. 26 davon präsentiert er an diesem Nachmittag. So etwas hat es seit Jahrzehnten nicht mehr in Europa gegeben. Circusfans haben diesem Moment genauso entgegengefiebert wie das Münchener Stammpublikum. Für dieses ist Lacey ohnehin der Publikumsliebling schlechthin. Und sie werden nicht enttäuscht. Im Gegenteil: Sie sehen nicht nur 26 prächtige Raubtiere in einer gemeinsamen Dressur, sondern zudem ein großartiges Trickrepertoire. Nicht für den Bruchteil einer Sekunde hat man die Befürchtung, dass die Vorführung aus dem Ruder laufen könnte. Martin Lacey junior hat seine Zöglinge souverän im Griff. Unterstützt wird er dabei von Dicky Chipperfield, James Puydebois und seinem Bruder Thomas. Zu 23 normalfarbenen und weißen Löwen kommen zwei weiße sowie ein normal gefärbter Tiger. Natürlich sind diese teilweise unterschiedlich alt. Zudem gibt es Gruppen von direkten Geschwistern. Ein Stammbaum im Programmheft erläutert, wer von welchen Eltern abstammt. Bevor der Rest der Gruppe hinzukommt, zeigen die Tiger und der prächtige weiße Mähnenlöwe Baluga, was sie bereits gelernt haben. Im Folgenden sehen wir eine perfekte Mischung aus wilder Präsentation und ruhigen Szenen. Mal ist ein Großteil der Gruppe involviert, mal steht ein einzelnes Tier im Mittelpunkt. Man wird diese Nummer noch mehrfach sehen müssen, um alle Details zu behalten. In Erinnerung bleibt auf jeden Fall die eindrucksvolle Pyramide mit allen Tieren, das Abliegen von vier Löwen auf dem liegenden Martin Lacey junior und zwei auf den Hinterbeinen laufende Tiger. Wenn ein Großteil der Löwen nach einem gemeinsamen Trick wieder zurück auf seine Plätze schießt, ist eine unglaubliche Energie zu spüren. Wahnsinn! Respekt vor dieser wirklich einmaligen Leistung. Freuen wir uns auf viele weitere Gelegenheiten, diese Gemischte und ihre Entwicklung zu beobachten.


Luftnummer aus Pyongyang

Mit der Schlussnummer hat Krone eine weitere atemberaubende Sensation im Programm. Direkt aus Monte Carlo kommt die Truppe Pyongyang. Im Gepäck haben die drei Artistinnen und sechs Artisten – natürlich – einen Goldenen Clown. Dies verwundert spätestens nach ihrem Auftritt keinen mehr. Schon der Flug über 16 Meter ist sensationell. Die Energie, die dabei freigesetzt wird, ist überall spürbar. Unter der Kuppel des Kronebaus noch unmittelbarer als im Chapiteau des Weltweihnachtscircus, wo sie über den Jahreswechsel engagiert waren. Gar übertroffen wird diese Leistung von Kim Myong Jin, der über diese Distanz einen vierfachen Salto dreht. Ermöglicht werden diese faszinierenden Sprünge auch durch die Konstruktion des Luftapparats. Auf beiden Seiten befinden sich schwingende Fangstühle. Dazwischen ein statischer mit Fängern in beide Richtungen. Zudem erlaubt dieser Aufbau spannende Flugkombinationen über mehrere Stationen.

Dankenswerterweise folgt auf diese eindrucksvolle Darbietung wieder ein kreativ gestaltetes Finale. Nach einer Parade in der Manege ziehen alle Mitwirkenden zwischen Piste und Ringplatz aus dem Innenraum hinaus. Damit endet auf sympathische Weise eine Show, die wahrhaftige Sensationen zu bieten hat. In München kann man sie noch bis Ende Februar hautnah erleben.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch