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Flic Flac - Dortmund 2014/15
www.flicflac.de ; 55 Showfotos

Dortmund, 28. Dezember 2014: Für seinen 4. Weihnachtcircus in Dortmund hat Flic Flac sein Festtagskleid angelegt. Und so gibt es nicht nur Wildes, Rockiges. Mit den fließenden Handständen von Anatoly Zalewsky, der „menschlichen Flagge“ Dominic Lacasse, der Tüchernummer von Ekaterina Shustova oder der rassigen Hula Hoop-Künstlerin Yulia Rasshivkina sind vielmehr auch „schöne“, harmonische Nummern im Programm. Doch auch im Festtagskleid behält Flic Flac seine wilde, raue, provokante Seite. Dafür sorgen dröhnende Motorräder in der Kugel, zwei Science-Fiction-Kämpfer im Laserlicht und ein frecher Sprücheklopfer. „S’Pott“ an heißt dieses Programm in der Ruhrpott-Metropole.

Und mit aufblendenden Spots werden die einzelnen Artisten der Show im großen Opening ins rechte Licht gerückt. Eine Livemusik-Komponente bieten in diesem Programm DJ teloy aka recorde und Sängerin Stephanie Crutchfield.


Elena Shustova, Markus Krebs, Blue Dragons

Den prolligen Faden durchs die Show zieht Pott-Comedian Markus Krebs mit herrlich derben Sprüchen, die für viel Gelächter sorgen. Riesenstimmung unterm voll besetzten Chapiteau herrscht gleich bei der ersten artistischen Darbietung. Die vier „Blue Dragons“ aus Taiwan lassen die Diabolos fliegen. Viele interessante Tricks, bei denen die Diabolos von einem zum nächsten Spieler weitergegeben werden, prägen die Darbietung. Witzig ist der Part, in dem ein Diabolo auf einem ultralangen Seil einen der Spieler umrundet. Begeisternd der Schluss, wenn die vier Artisten gemeinsam acht Diabolos in der Luft halten und schließlich jeder von ihnen mit drei Diabolos jongliert. „Höher und Höher“ singt Stephanie Crutchfield bei der Tücherdarbietung von Ekaterina Shustova. Damit trifft sie den Nagel auf den Kopf, denn Shustova arbeitet in wirklich beeindruckender Höhe. Freihändiger Spagat, kraftvolle Roll-ups und waghalsige Abfaller gehören zum geradezu klassischen Repertoire dieser Darbietung.


Justin Case, Nistorovs, Balagans

Alles, was eine perfekte Rollschuhnummer braucht, bieten die Nistorovs. Eugenio wirbelt seine Schwester Roby und seine Ehefrau Alina, die inzwischen weitere anspruchsvolle Tricks wie den Genickhangwirbel übernommen hat, äußerst rasant umher. Nicht mehr dabei ist aktuell die ältere Schwester Ofelia. Für Nervenkitzel sorgt anschließend Justin Case – allerdings weniger beim gesamten Publikum als vielmehr bei einem einzelnen Zuschauer. Der muss sich auf den Boden legen, damit Case auf dem Einrad über seine Beine hopsen kann. „It’s your future!“, mahnt Case den Mitspieler zum Stillhalten. Seine Eskapaden auf großen und winzig kleinen Rädern machen immer wieder Spaß. Im zweiten Teil kehrt er wieder mit einer Art komischen „Akrobatik zu Rad“. Die vier Balagans zeigen jene trendige Variante des Schleuderbretts, bei der keine Menschentürme gebaut werden. Vielmehr wird das Requisit als Wippe benutzt, mit der sich die Akteure gegenseitig hoch in die Luft katapultieren. Hinzu kommen Schrauben und Salti.


Anatoly Zalwsky, Svyatoslav Rasshivkin, Laszlo Simet

Mit einem Goldgewinner in Monte Carlo geht es in die Pause: Anatoly Zalewsky zeigt seine legendär fließenden Handstände und sorgt für manches Raunen im Publikum. Ob man nun in der Pause einen Raubtierkäfig aufbaut oder das „Semaphore“ von Laszlo Simet, das ist wohl vom Aufwand her vergleichbar. Dieses gewaltige Requisit lässt sich am ehesten als Mischung aus Todesrad und Hochseil beschreiben. Anstelle der breiten Fläche eines Todesrades, auf der normal gelaufen werden kann, verfügt dieses Rad als Lauffläche nur über einen Metallbügel, so dick wie ein Drahtseil. Was Laszlo Simet, seine Frau Olga und als weitere Partnerin Diana Bakk hierauf zeigen, ist so spektakulär, dass auch versierten Circusgängern der Mund offen steht. Da wird im Zwei-Personen-Hoch über das Semaphore gegangen, auf einem frei auf das Rad gelegten Balken balanciert oder mit dem Fahrrad darüber gefahren – zum Teil ohne Longensicherung. Für mich die wahre Sensation dieses Programms. Zu den Publikumslieblingen der Show gehört aber eher Svyatoslav Rasshivkin, der noch sehr jung und trotzdem schon ein Großer an den Strapaten ist. Nach wie vor mag man diese Leistung zu extrem finden für ein Kind. Lautstark bejubelt wird sie dennoch oder gerade deshalb. Auch vor Flic Flac nicht macht das grassierende „Laser-Fieber“ nicht Halt. Für den Pariser Kampfsportler Mr. Puma und den Tänzer und Hip Hop-Lehrer Phönix aus Guadeloupe wurde eine interessante Darbietung kreiert. Hier werden „Wände“ aus Laserlicht auf die runde Bühne gezaubert. Dazwischen bekämpfen die beiden sich scheinbar mit Laserschwertern – eine Szene, wie aus einem Science Fiction-Film.


Yulia Rasshivkina, Finale, Dominic Lacasse

Yulia Rasshivkina war in der Höhner Rockin’ Roncalli Show stets als eine Art Marilyn-Monroe-Double aufgetreten. Hier nun präsentiert sie sich mit ihren Hula Hoop-Reifen als Vamp mit langer, blonder Mähne. Die Publikumsreaktionen sind fast überwältigend. Eine weitere Spielart des Handstands bringt Dominic Lacasse auf die Bühne. An einem rotierenden Mast gibt er die menschliche Flagge. Beeindruckend lang, beeindruckend sicher, beeindruckend elegant sind die Passagen, die er an seinem Requisit zelebriert. Schließlich ist es immer wieder unglaublich, wie euphorisch jedes Publikum auf das Genre Motorradkugel reagiert. Hier werden schon die ersten Fahrer, die auf die Bühne kommen, mit Begeisterung und Jubel begrüßt – noch bevor sie die erste Runde in der Kugel gedreht haben. Erst drei, dann fünf, schließlich zehn Fahrer wagen sich gemeinsam in den Metallgitterkäfig. So werden wir Zeuge eines Weltrekords. Während neun Fahrer parallel ihre Bahnen ziehen, kreuzt der zehnte diese Bahnen wagemutig. Anschließend hält es Teile des Publikums nicht mehr auf den Sitzen: Standing Ovations während der laufenden Nachmittagsvorstellung.

Flic Flacs vierter „Weihnachtscircus im Revier“ ist der erste, der ohne fliegende Motorräder zum Abschluss auskommt. Das ist mit Sicherheit eine sinnvolle Abwechslung. Das Ziel wird nach dieser Show der schönen und der rauen Momente dennoch wieder erreicht: Im komplett ausverkauften Zeltpalast applaudiert das Publikum geschlossen im Stehen.

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Text: Markus Moll; Fotos: Stefan Gierisch