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Landauer Weihnachtscircus 2013/14
www.landauer-weihnachtscircus.de

Landau, 2. Januar 2014: Le cirque commence à cheval – die „Hommage an das Pferd“ begeistert die Besucher. Sensationelle Kraftakrobatik-Darbietung von Andrzej & Tomek wird frenetisch bejubelt. Clown Totti Alexis rockt das Zelt und lässt das Publikum toben. Mit diesen drei Sätzen ließe sich das Programm des 12. Landauer Weihnachtscircus kurz und knapp, aber ebenso treffend beschreiben. Am Ende gibt es natürlich doch mehr, was betrachtens- und auch berichtenswert ist. Im Vergleich zu den letzten Jahren ist das diesjährige Programm des von Jakel Bossert produzierten Landauer Weihnachtscircus stark tiernummern- und hier pferdelastig.

Man geht, wie es Charlotte Alexis in ihrer Conférence erläutert, zurück an den Beginn des Circus der Neuzeit. Le cirque commence à cheval – der Circus beginnt mit dem Pferd. Los geht’s mit einem Viererzug schwarzglänzender Friesen aus dem Marstall der Familie Spindler. Ann-Katrin Bossert führt die kleine Gruppe souverän vor. Sie ist sichtlich gereift und strahlt dieses Jahr mehr Ruhe bei der Arbeit und jugendlich-weiblichen Charme aus. Das gilt auch für die von ihr präsentierte hauseigene Ponygruppe. Aus der „Pony-Rasselbande“ sind die „Landauer Weihnachts-Ponys“ geworden. Ann-Katrin hat die Engelsflügel am Kostüm abgelegt und kommt auch hier als junge, ernstzunehmende Dresseuse daher, die ihre Ponygruppe sicher und ohne Patzer mit abwechslungsreichen Laufformationen vorführt. Die auf die Nummer angepasst arrangierte Musik von Rosenstolz „Das bin ich“ unterstreicht dieses neue Selbstbewusstsein. Wir sehen Ann-Katrin noch ein drittes Mal – und auch das zeigt ihre Ambitionen –, wenn sie zusammen mit Ramona Spindler ein paar Runden die „Doppelte Hohe Schule“ auf dem Friesenhengst „Marcho“ reitet, wobei Ramona das Duo auf dem Andalusier „Armarando“ anführt.

 


Franz Spindler, Ann-Katrin Bossert, Ramona Spindler

 

Danach ist Ramona Spindler solo auf Armarando zu erleben. Pferd und Reiterin sind hier eins, die Musik passt, Ramona begeistert mit abwechslungsreichen Figuren und lässt einen die Schönheit und Eleganz einer Darbietung der „Hohen Schule“ erleben. Nach kurzer Wechselpause brilliert sie dann auf Marcho. Das ist nicht mehr Reiten, das ist Tanz von Reiterin und Pferd in der Manege, so leichtfüßig folgt der Hengst Ramona Spindler bei Piaffe und Passage. Zum Abschluss eine Runde um die Manege im spanischen Schritt und Beendigung mit der Pesade, bei der Marcho sich einem Steiger ähnlich auf seine Hinterbeine erhebt. Dressurübungen der höchsten Klasse perfekt dargeboten, was beim Namen der Reiterin nicht verwundert. Vervollständigt wird das „Pferdeprogramm“ mit Franz Spindler und einem Sechserzug Araber als Finalnummer. Das ist noch einmal Stimmung pur, wenn Franz Spindler seine ganze Klasse aufblitzen lässt, mit Pferden und Publikum spielt und am Ende eine temperamentvolle und variantenreiche Freiheitsdressur abliefert. Gegenlaufen, Walzen, Flechten – es werden alle Register gezogen, immer wieder angereichert durch diverses Steigen, wobei Franz Spindler zum Abschluss alle Pferde als Steiger in einer Linie durch die ganze Manege zum Ausgang führt. Franz Spindler ist noch mit seiner Herde Trampeltiere zu sehen. Sechs prächtige zweihöckrige Kamele, top gepflegt und eine Augenweide für jeden Betrachter. Langsames und flottes Tempo wechseln, die Lauffiguren variieren und zum Abschluss springt ein Araber über zwei abliegende Kamele.

 


Charlotte und Totti Alexis, Truppe Hajji

 

Henry Fröchte hat seine bekannte Tellerjonglage umgebaut und präsentiert sie zusammen mit „Hausmeister Ali“, dem Liliputaner Ali Bayar, mit viel Slapstick und zu Bruch gehendem Porzellan, ehe am Ende dann doch alle zehn Teller auf ihren Stäben rotieren. Die marokkanische „Troupe Hajji“ wurde kurzfristig für die krankheitsbedingt ausgefallene Schleuderbrett-Nummer der rumänischen „Trupa Andrei“ verpflichtet. Die fünf sprunggewaltigen sympathischen Jungs liefern eine solide Arbeit mit diversen Salto- und Sprungvarianten quer durch die Manege sowie mehreren Varianten von Menschenpyramiden ab. Ramona Spindler besetzt den „Luftpart“ des diesjährigen Programms mit einer flotten und effektvollen Darbietung am Vertikalseil. Der Bereich „Humor und Entertainment“ ist bei Totti Alexis in besten Händen. Ein Vollprofi, der es versteht, alle Register zu ziehen. Musikalisches Entertainment, bei dem das ganze Zelt gerockt wird und das Publikum tobt wie bei einem Konzert von Weltstars, Solo-Clownerie vom Feinsten wie sein Mikrofon-Entrée oder die auf verbaler sowie situationsbedingter Komik beruhenden Duette mit seiner Frau Charlotte – bei Totti Alexis sitzt jeder Gag und es gibt keine peinlichen Lacher. Da ist Stimmung im Zelt und lautes Lachen kommt aus voller Seele. Einer der Besten seiner Zunft.

 


Andrzej & Tomek 

Den artistischen Höhepunkt setzen Andrzej Piechota und Tomasz Wlezien alias „Andrzej & Tomek“. Das sind knapp acht Minuten ungläubiges Staunen, feuchte Hände, im Prinzip Dauerklatschen und am Ende explosive Entladung der Anspannung in frenetischem Applaus und Jubel. Und aus der Manege winken zwei freundlich-bescheidene Polen zurück und bedanken sich mit angedeutetem Applaus Richtung Publikum, als wüssten sie nicht, was sie eben geleistet haben. Es war eine der besten, nein – die beste Kraftakrobatik-Darbietung eines Duos, die ich bislang – zumindest so meine Erinnerung mitspielt – in einem klassischen Circus gesehen habe. Wie fließend wirkende Übungen am Limit menschlicher Kraft, keine wirklich wahrnehmbaren Absetzpausen, Sequenzen, wo man sich fragt, wo eigentlich die Schwerkraft geblieben ist – kurz und gut eine schwer zu beschreibende Nummer. Die muss man gesehen haben. Hier hat Jakel Bossert mal wieder das Händchen für eine Sensation gehabt, die ihres gleichen sucht.

Der Landauer Weihnachtscircus, längst angekommen in der Riege der führenden deutschen Weihnachtscircusse, hat dieses Jahr einmal mehr seine Klasse mit dem gebotenen Programm bewiesen. Dazu kommt das Ambiente mit den historischen Circuswagen und umfangreichen Accessoires alter Circustage, die von Jakel Bossert regelmäßig ergänzt werden, so wie auch wieder in Technik und Material „hinter den Kulissen“ investiert wurde. Die Besucherfrequenz, die Reaktionen in den Vorstellungen und am Ende rund 30.000 Zuschauer an 15 Spieltagen sprechen da auch eine deutliche Sprache.

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Text: Hans-Ludwig Tillner; Fotos: Markus Hoffmann