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Da Capo - "Diva Burlesque" 2012
www.dacapo-variete.de ; 80 Showfotos

Darmstadt, 3. Januar 2013: Zum 20. Geburtstag seines Da Capo Varietés hat James Jungeli ein wahres Meisterstück kreiert. „Diva Burlesque“ heißt es und vereint alles, was zu einer begeisternden Show gehört: Eine wunderbare Atmosphäre in intimem Ambiente, hochkarätige Artisten, mitreißende Livemusik und eine flott ablaufende Show zum sicher dankbaren Thema „Burlesque“. Dabei hat Jungeli allerdings der Versuchung widerstanden, einfach den Soundtrack des gleichnamigen Films mit Christina Aguilera und Cher in Szene zu setzen. Nur ein Stück daraus habe ich bewusst wahrgenommen.

Bei Da Capo gibt es eben eine komplett eigenständige Auseinandersetzung mit diesem Thema. Und die ist absolut gelungen. Dafür, dass es auf dem Darmstädter Karolinenplatz burlesque zugeht, sorgen neben dem Produzenten eine wunderbare Band inklusive Sängerin, ein tolles Lichtdesign, das Ballett und zwei selbstbewusst auftretende Damen, die man durchaus liebevoll als „mollig“ bezeichnen darf.


Ballett, Sängerin

Die Chicago Music Band sitzt über einem schicken, von Glühbirnen eingefassten Artisteneingang und begleitet die Vorstellung sehr professionell und stimmungsfördernd. Die Beleuchtung ist so akzentuiert, dass sie das Motto der Show wunderbar umsetzt. Fünf Damen und drei Herren bilden das Da Capo Tanz-Ballett. In immer wieder neuen Kostümen erscheinen sie auf der als Rundmanege gestalteten Spielfläche oder im Publikum. Sie erfüllen mit ihren zahlreichen Auftritten nicht nur genial das burlesque, leicht verruchte Motiv mit Leben, sondern überbrücken zudem geschickt Umbaupausen. Eine der beiden resoluten Damen glänzt als Sängerin, überrascht mit einer Hula Hoop-Einlage – Spagat inklusive – und mischt bei den Tanzeinlagen mit. Die andere tanzt ebenfalls. Dies zumeist als Marilyn Monroe. Dabei darf natürlich die Szene mit dem wehenden weißen Rock nicht fehlen. Beide Frauen drücken dieser Produktion dank des charismatischen Auftretens ihren Stempel auf.


Alan Sulc, Ekaterina und Andrey, Rich

Bei der Artistik bieten sich natürlich kleine, intime Nummern an. Da das Chapiteau aber über eine beachtliche Höhe verfügt, sind ebenso „große“ Darbietungen möglich. „Diva Burlesque“ macht davon Gebrauch und bietet beides. Gleich zu Beginn „spielt“ Alan Sulc mit kleinen weißen Bällen. Der unter anderem beim European Youth Circus in Wiesbaden ausgezeichnete Künstler wirft seine Requisiten sowohl zu Boden als auch in die Luft. Bis zu neun davon hält er gleichzeitig unter Kontrolle. Den nach meiner Wahrnehmung schwächsten Auftritt steuern Ekaterina und Andrey (Katkov) mit ihrer Quick Change-Nummer bei. Das Umziehen dauert vergleichsweise lange. Nach jeder Verwandlung sind sie im zugegebenermaßen aufwendigen Kostüm eines anderen Popstars zu sehen, den sie dann imitieren. Die Idee ist sicher gut, die Umsetzung spricht mich eher weniger an. Es wirkt einfach recht künstlich. Eine tolle Präsenz hat wiederum Schlangenfrau Rich. Im burlesquen Outfit zeigt sie unglaubliche Verrenkungen, die Tricks beinhalten, welche über das von Kontorsionistinnen bekannte Repertoire hinausgehen. Während sich Rich verrenkt, sind ihre Augen immer im direkten Kontakt mit dem Publikum.


Fratelli Curatola, Andrey Katkov, Navas

Die Augen des Publikums wandern nach einer Einlage des Balletts Richtung Decke, wo die Gebrüder Navas gemeinsam mit zwei Partnern über das Hochseil tanzen. Den Schluss- und Höhepunkt ihres Auftritts, der unter anderem das Seilspringen und das Balancieren auf einem Stuhl beinhaltet, bildet die Dreier-Pyramide. Pausennummer ist die temperamentvolle Partner-Equilibristik der Fratelli Curatola. Die italienischen Brüder zeigen kraftvolle Figuren und lassen dabei ihrem italienischen Charme freien Lauf. Der zweite Teil wird von der Truppe Zhukov eröffnet. Zu sechst springen sie von zwei gegenüber voneinander aufgestellten Russischen Schaukeln. Gelandet wird dabei auf der jeweils anderen Schaukel. Natürlich sind auch zwei Flieger gleichzeitig in der Luft, die sich quasi überspringen. Eingesperrt in einen Käfig drückt Andrey Katkov seine Handstände. Kraft, Gelenkigkeit und Gleichgewichtssinn werden hier zu einer sehr flüssigen Darbietung vereint. Südamerikanisches Temperament legen noch einmal die Navas an den Tag. Im Duo tanzen sie regelrecht über das Todesrad. Als besondere Attraktion springt einer der Brüder einen Salto auf dem rotierenden Rad.


Fumagalli und Partner

Für die Komik wurden, neben den beiden oben beschriebenen Damen, Fumagalli und Daris Huesca verpflichtet. Während das Darmstädter Echo in seinem Premierenbericht wenig charmant schreibt, dass sich ihr Humor „überlebt“ habe, geht das Publikum in der von uns besuchte Vorstellung bei ihren Auftritte gut mit. Natürlich spielen sie ihr Bienchen, wobei einer der Söhne Fumagallis das Trio komplettiert. Die in Darmstadt gezeigte Version erschien mir gekürzter und damit straffer als die bislang von ihnen gesehenen. Vor Beginn der Show übernehmen die beiden Brüder Huesca das warm up, und Fumagalli bringt als komischer Dirigent die Band in Schwung. Ebenfalls dabei ist ihre komische Akrobatik als Fumaboys, bei dem ein Zuschauer das Schleuderbrett zum Zerbrechen bringt und somit Fumagalli den Sprung zum Drei-Mann-Hoch erspart.

„I will survive“ heißt es zum Finale. Im Zuschauereingang entsteht ein wunderbar kraftvolles, mitreißendes Bild, welches vom Ballett, der Sängerin sowie Fumagalli gebildet wird und von dort in die Manege getragen wird. Alle Mitwirkenden reihen sich ein. Es wird ein fulminanter Abschied. Über das „Survival“, das Überleben also, von Da Capo muss man sich keine Sorgen machen. Diese Produktion hat definitiv Zukunft. Mithin also alles Gute für die nächsten 20 Jahre.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch