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Circus Krone  - März 2012
www.circus-krone.de

München, 4. März 2012: Der Applaus, der aus dem Zuschauerraum in den Rundgang des Kronebaus schallt, lässt auf Stimmung wie im Popkonzert schließen. Tosender Beifall, Jubelstürme, gleich hebt der Bau wohl ab. Die ausverkaufte Nachmittagsvorstellung läuft noch, unsere Vorfreude auf den Abend steigt. Wenig später gehen die Artisten im Mittags-Finale nach vorne ab, durch den Zuschauereingang, und sind wohl ebenso begeistert wie das Publikum – die kanadischen Trampolin-Artisten klatschen einander ab, freuen sich über den Erfolg und auf den nächsten Auftritt.

Auch in der besuchten Vorstellung am Abend sind die Ränge gut gefüllt, auch hier steigert sich die Stimmung im Laufe des Programms hin zur Euphorie. Fürs „Warm up“ sorgen zunächst zwei Nummern, die Krones „Artistenscout“ Frank Keller vom European Youth Circus in Wiesbaden mitgebracht hat, wo er 2010 erneut Jurymitglied war. Silber gewann damals Tatjana Konobas. Sie hat ein neues Genre kreiert, rollt auf drei grünen Gymnastikbällen durch die Manege, dreht darauf eine Art „Pirouette im Liegen“, schlägt auf einem Ball sitzend Salti und Flic Flac, zeigt so etwas wie „Handstände“, an einen Ball geklammert. So viel Innovation müsse mit einem Engagement belohnt werden, sagte Keller 2010 noch in Wiesbaden gegenüber Chapiteau.de. Auch Vanessa und Sven hatte er damals sofort für ein Engagement ins Visier genommen. Nach Stationen im Europapark und bei Conelli setzen die beiden Absolventen der Berliner Artistenschule ihre erfolgreiche Karriere nun also im Kronebau fort, zelebrieren hier ihre leistungsstarke und außergewöhnliche Handstandkür, bei der sie ihn trägt. Anschließend steht das Varieté „Et Cetera“ in Bochum an.


Tatjana Konobas, Jeton und Carmen, Vanessa und Sven

Jeton hingegen will gar nicht innovativ sein, sondern präsentiert mit seiner Partnerin Carmen eine ganz klassische Gentleman-Jonglage mit überaus feinen Tricks. Nach der Jonglage mit Hut, Tuch und Stock bzw. drei Bällen lässt er einen rechteckigen Spiegel auf den Außenkanten über seinen Kopf gleiten, brilliert mit einer Billardstock-Balance und beschließt den Auftritt mit dem legendären Tassentrick – vier Untertassen und Tassen plus Zuckerstück und Teelöffel werden nacheinander vom Fuß zu einem Turm auf dem eigenen Kopf katapultiert. Highlight vor der Pause ist das Flugtrapez der „Flying Nikolaeva“, drei Herren und eine Dame. Anspruchsvolle Sprünge, unter anderem mit gestrecktem Doppelsalto, Pirouetten und Dreifachem – aber keine Passage – werden überaus sicher und elegant ausgeführt. Abschließend stürzt sich einer der Artisten vom obersten Punkt der Kuppel kopfüber ins Netz. Hierzulande noch unbekannt waren bisher die Clowns Fips und Beau, mit denen Krone jedoch einen guten Griff gemacht hat. Arm an nachvollziehbarer Handlung, dafür aber überaus lustig ist die große Wasser- und Schaumschlacht, die sich die beiden in der Manege liefern. Ihre Auftritte sind vor allem darauf aus, die Stimmung aufzuheizen, beim „Warm up“ mit Klatschspiel usw. während des Einlasses, beim Auffangen eines Balles im Netz oder auch, wenn beim Käfigabbau große Ballons durch die Zuschauerreihen wandern.


Jana Mandana, Martin Lacey jun.

Einen breiten Ausschnitt aus dem Repertoire der Krone-Elefanten präsentieren die Inderinnen Bara, Mala und Delhi unter der Anleitung von Jana Mandana und, im Hintergrund, James Puydebois. Von 6. bis 18. März ist anstelle der hauseigenen Elefanten Sonni Frankello mit ebenfalls drei Dickhäutern zu sehen. Später kehrt Jana Mandana mit einem Dressur-Potpourri wieder. An die Hohe Schule auf einem Friesen schließt sich eine Viererfreiheit mit zwei Kamelen und zwei Arabern an, gefolgt von einem Sechserzug Araber und abschließend vier springenden Lamas. Einmal mehr gefällt die Juniorchefin mit einer guten Leistung. Anstelle einer großen Raubtierdressur feiert in diesem Programm nun der sechs Monate alte weiße Babylöwe Baluga, Spross von King Tonga und Princess, sein Debüt. Zunächst wird mit einem neuen Film auf den bekannten Projektionswänden über dem Zentralkäfig auf das Ereignis eingestimmt. Fotos und Filmsequenzen zeigen die ersten tapsigen Schritte Balugas, der inzwischen bereits über 60 Kilogramm wiegt. Anschließend darf der Löwe den Zentralkäfig erkunden, wird mit Fleisch auch aufs Podest gelockt, während Martin Lacey jun. mit Headset die Grundzüge der Dressur erläutert. Wichtigste Botschaft: Das Tier muss sich wohl fühlen und darf keine Angst haben, sonst wird es gefährlich. Mit King Tongas Fahrt auf der Spiegelkugel endet diese Dressurschule.


Catwall Acrobats, Alessio, Secrets of my Soul

Fünf Jahre nach seinem ersten Krone-Engagement ist zudem Alessio Fochesato wieder im Circusbau zu Gast und sorgt mit seinen frei fliegenden Papageien auch hier für den emotionalen Höhepunkt der Show. Höhepunkte sind auch die artistischen Beiträge des zweiten Programmteils, zunächst mit Hugo Noel und seiner äußerst kraftvollen Variante des Cyr-Rades, dem „Rhönrad“ aus einem einzigen Reifen. Was das sensationelle Duo „Flight of Passion“ (Goldener Clown 2009) an den Strapaten leistet, zelebriert in ähnlicher Weise das Duo „Secrets of my Soul“ am Luftring, bis hin zum riskanten Zahnhangwirbel ohne jede Sicherung. Die Parallelen kommen nicht von ungefähr, schließlich sind die männlichen Partner der beiden Duos Brüder. Vor dem Finale ist es an den „Catwall Acrobats“, den Kronebau endgültig in ein jubelndes Tollhaus zu verwandeln. Die sechs kanadischen Artisten, fünf Herren und eine Dame, geben sich absolut nicht einer „Cirque Nouveau“-typischen Schwermut hin, vielmehr gibt es hier strahlende Gesichter und Tempo, Tempo, Tempo im Rock’n’Roll-Rhythmus zu sehen. Die Truppe gruppiert zwei Trampoline um einen hohen Turm mit verschiedenen „Fensteröffnungen“ in der „ersten Etage“. Vom Trampolin gehen die Sprünge der Akrobaten durch die Turm-„Fenster“ auf das gegenüber liegende Trampolin oder auf das Turmdach, sie laufen die Wände hoch, springen einzeln und synchron – die spektakuläre Nummer ist an Publikumswirksamkeit kaum zu überbieten und wäre ein hervorragender Abschluss jedes Circusprogramms.

Das 3. Winterprogramm im Kronebau ist in dieser Saison vielleicht das stärkste, sicher aber das mit der besten Stimmung im Saal, wie uns auch aus anderen Vorstellungen berichtet wurde. Länger als gewohnt, noch bis zum 15. April, ist die wunderbare Show in München zu sehen, ehe der Zeltcircus vier Tage später in Ingolstadt Premiere feiern wird.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Erber