Er ist
auch für die Programmzusammenstellung, die Regie und das Licht
verantwortlich; seine Frau Cindy verantwortet die Choreographie.
Roby Gassers Schwester Nadja betreut das Merchandising, und ihr
Mann Leszek ist Zeltmeister. Man kann nicht über den Circus
Conelli schreiben, ohne von dem faszinierenden Ort zu berichten,
an dem er spielt. Es ist das „Bauschänzli“, eine Insel in der
Limmat, dort wo der Fluss aus dem Zürichsee tritt, mitten im
Zentrum der pulsierenden Schweizer Metropole.
Das „Schänzlein im Wasser“, ein Bollwerk aus
Natursteinmauer, 1642 als Teil der Stadtbefestigung erbaut,
dient heute der Vergnügung. Im Sommer lädt hier ein großer
Biergarten mit fast 900 Plätzen zum Verweilen am Wasser ein, im
Herbst wird im Festzelt die Zürcher Ausgabe des Oktoberfestes
gefeiert – und dann, von Mitte November bis Ende Dezember,
verwandelt sich das Bauschänzli sechs Wochen lang in eine
„Märcheninsel“.
Die Zeltanlagen des Circus Conelli sind maßgeschneidert für
diesen Ort, jeder Winkel wird genutzt. So schwebt im stilvollen
Foyerbereich ein Pianospieler auf einer gläsernen Plattform über
dem ankommenden Publikum, mit Beginn der Vorstellung wandelt
sich das Foyer in den „Sattelgang“, in dem die Requisiten
bereitgestellt werden. Die Einrichtung des Chapiteaus ist also
gegenüber dem „Normalzustand“ um 180 Grad gedreht, der
Artisteneingang grenzt direkt an den Einlassbereich und wird von
dort aus betreten. Auch im Inneren des Chapiteaus wird der Platz
konsequent genutzt. Um die kleine Manege gruppieren sich die
steil aufsteigenden Reihen des Einzelstuhlgradins, dicht an
dicht finden 900 Menschen Platz in edelstem Ambiente. Über dem
Artisteneingang thront das erstklassige 15-köpfige Orchester
unter Alex Maliszewski, das jede Nummer der Vorstellung mit live
gespielter Musik begleitet; rund unter dem Kuppeldach ist die
üppige und virtuos eingesetzte Lichtanlage installiert. Ebenso
gehört ein sechsköpfiges, professionelles Ballett zur Show, das
von Cindy Gasser-Lee choreographiert wird. Hier wird tänzerisch
der Stil der klassischen Revue gepflegt, der sich perfekt in
diesen Rahmen fügt, und dazu passt auch der singende, swingende
Ringmaster Pino Gasparini, Sänger der Pepe-Lienhard-Band seit
1969.
Ekaterina Shavrina, Denis Ignatov, Shandong Acrobatic Troupe
Die Show beginnt mit Clown Rob Torres, der Applaus in einer
Holzkiste fängt, dann folgt ein glamouröses Opening mit Sänger
und Ballett. Die zehn Mädchen der Shandong Acrobatic Troupe
füllen beim Tellerdrehen, das sie mit akrobatischen Übungen
kombinieren, die Manege vollständig aus, sorgen sogleich für ein
raumfüllendes Bild. Die beiden sympathischen Brüder Zheng Yang
und Yang Ting aus China katapultieren mittels Rola-Brett Schalen
und schließlich ein Blumensträußchen auf den jeweils eigenen
Kopf und den des Partners; kleinere Patzer werden dabei mit
einem Augenzwinkern überspielt. Vanessa und Sven, Absolventen
der Berliner Artistenschule und Teilnehmer des European Youth
Circus in Wiesbaden 2010, haben weiter an ihrer
außergewöhnlichen Handstanddarbietung gefeilt, bei der sie ihn
trägt. Besonders Kostüme und Auftreten wurden weiter optimiert –
bei bis zu sechs Auftritten täglich hatten sie während der
Saison im Europapark Rust reichlich Gelegenheit, weitere
Publikumserfahrung zu sammeln. Im März/April wird die attraktive
Darbietung im Münchner Kronebau zu sehen sein. Die erstklassige,
temporeiche Schwungtrapezkür von Ekaterina Shavrina mit
zahlreichen Pirouetten, Abfallern, Sprüngen und Salti gehört zu
den Highlights der ersten Programmhälfte. Mit Viktor Kee wurde
einer der renommiertesten Artisten unserer Zeit verpflichtet;
seine Balljonglage vereint in perfekter Weise Körper, Kunst und
Können. Am Ende des ersten Programmteils stehen wieder Artisten
aus China: drei weibliche Artistinnen mit Hebeakrobatik, wobei
die sehr junge Oberfrau einen Kerzenleuchter auf ihrem Kopf
balanciert.
Aurelia Cats,
Fréres Taquin, Vanessa und Sven
Mit seiner
rasanten Kubusjonglage eröffnet Denis Ignatov den zweiten
Programmteil, ehe Aurelia Cats in meisterhafter Weise Kontorsion
und Trapeztricks verbindet, schwerelose Beweglichkeit
demonstriert. „Les Frères Taquin“ sorgen mit ihrer bekannten
Geschichte vom Automatenmenschen, der sich in eine Dame aus dem
Publikum verliebt, für riesige Begeisterung im Zelt. Zwei
russische Barren, an denen zum Teil synchron gearbeitet wird,
sind das Requisit der Jiangxi Acrobatic Troupe; Schlusstrick ist
ein Rückwärtssalto, bei dem der Flieger eine Kollegin auf den
Schultern trägt – allerdings werden bei dieser Darbietung
sämtliche Tricks nur mit massiver Hilfestellung ermöglicht.
Ungewöhnlich als Schlussnummer platziert sind die
Seifenblasenspiele von Casey Carle, die zum ausgiebig
zelebrierten Finale überleiten. Insgesamt dominieren im zweiten
Programmteil vielleicht etwas zu sehr die leiseren und ruhigeren
Momente.
Pino Gasparini,
Ballett, Gaston
Breiten
Raum nimmt in dem gesamten Programm neben der Artistik natürlich
auch der Humor ein – mit ganz gegensätzlichen Vertretern ihres
Faches. Rob Torres vertritt einen modernen Clowntypus, der ohne
viele Worte auskommt. Wie er versucht, mit dem Kopf einen
zugeworfenen Hut zu fangen (mit Klebeband-Fadenkreuz auf dem
Haupthaar – Autsch!) oder wie er sich an eine Becherjonglage
wagt – alle diese kleinen Szenen verwandelt er mit umwerfender
Mimik in urkomische Kabinettstückchen. Gaston und Roli hingegen
sind klassische Circusclowns und wahre Erzkomödianten, ob bei
ihrer Version von Romeo und Julia oder einem Dialog übers
Autofahren. Das Prinzip ist immer das Gleiche: Der hagere Gaston
mit seinem faltigen Knautschgesicht treibt mit seiner
Begriffsstutzigkeit den jungen und besserwisserischen, wohl
gerundeten Roli in den Wahnsinn.
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