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Circus Krone - März 2011
www.circus-krone.de

München, 1. März 2011. Ein wunderbares Circusprogramm; schade nur, dass es kein richtiges Finale gibt, in dem man die Artisten noch einmal richtig feiern kann! So oder so ähnlich lautete in den Programmbesprechungen der vergangenen Jahre oft unser Fazit zu den Wintershows im Münchner Kronebau. Im dritten Programm der Winterspielzeit 2010/2011 ist nun plötzlich alles anders. Ringmaster Nikolai Tovarich betritt die Manege zum Abschluss des Programms singend, gibt gekonnt italienischen Schlager zum Besten. An seiner Seite das Clownsduo Fumagalli und Darix. Flugs bauen Krones Requisiteure eine große, gedeckte Festtafel mit Bänken auf.

Als Tovarich „Ciao, ciao Bambina“ anstimmt, öffnet sich der rote Vorhang und die Artisten marschieren zum Schlussapplaus ein, jeder mit einer Flasche Wein und einem Glas ausgestattet. Schließlich nehmen alle an der Tafel Platz. Fehlt nicht noch was? Ach ja, Fumagallis „Mama“ auf dem Ringplatz; sie wird an die Tafel geholt. Und was fehlt noch? Die Spaghetti! Wieder öffnet sich der rote Vorhang, und das Restaurationsteam des Circus Krone marschiert ein, mit Töpfen voller dampfender Nudeln, die den Artisten serviert werden. Da sitzen alle Artisten, essen, trinken, lachen. Ja, ist hier nun nicht was zu viel? Richtig, das staunende Publikum! Fumagalli ruft noch einmal in den Saal: Das Spektakel ist aus, Sie können gehen! Das Saallicht geht an, und langsam und zögerlich leeren sich die Ränge. Irritation und Faszination halten sich bei den Zuschauern offenbar die Waage, und ein paar ganz mutige wagen sich jetzt sogar zu den Idolen in die Manege, wechseln ein paar Worte oder bitten um ein Foto. - Die Idee für das Festtafel-Finale ist nun nicht neu, ähnliches gab es u.a. auch schon bei Roncalli, im Offenburger Weihnachtscircus und bei Herman Renz zu sehen, aber sie ist eben „neu für München“, wie es in den Online-Programmheften des Circus Krone gerne heißt. Und dennoch wurde dieses Finale, in Szene gesetzt von Nina Pilz‘ Lebensgefährte Davide Rados, zu einer der großen Überraschungen und Gesprächsthemen der Winterspielzeit.


Steve Eleky, Jana Mandana, Fumagalli und Darix

Gesprächsstoff bietet im März natürlich besonders auch der komische Part des Programms, in dem Fumagalli und Darix mit Steve Eleky im Wettstreit um die meisten Lachtränen im Publikum stehen. Fumagalli, dem Münchner Publikum aus früheren Engagements bestens bekannt, feiert hier so eine Art Heimspiel und darf, nach Ausflügen ins Spukschloss und in den Boxring, bei Krone nun endlich wieder das tun, was er am besten und so unvergleichlich kann – mit Hingabe das Bienchen-Entree zelebrieren, mit Wasser spucken, den Vollrausch mimen und Schutz bei der „Mama“ in der ersten Reihe suchen. Hinzu kommen die Kaskadeurnummer, der komische Dirigent und die komische Illusion mit einem bunten Tuch. Steve Eleky dagegen ist erstmals bei Krone zu Gast und rockt, wie nicht anders zu erwarten, den Bau. Seine Comedy-Jonglagen und komischen Illusionen, seine haarsträubenden Gags, sein Spiel mit dem Publikum, seine Mimik, sein Timing machen ihn auch hier sofort zum Star des Abends, der Mann sorgt für Lachsalven auf den Rängen. „Ich glaube, ich habe noch nie so gelacht in meinem Leben“, sagt in der Pause ein Mann in der Schlange vor dem Restaurationstresen, und mit diesem Befund ist er an diesem Premierenabend gewiss nicht alleine. Allesamt „hauseigen“ sind in diesem Winterprogramm die Tierdressuren: Jana Mandana und James Puydebois präsentieren sechs Elefanten gemeinsam in der Manege. Genauso viele Pferde, ein halbes Dutzend Araber, dirigiert die Juniorchefin in einer ruhig und geordnet ablaufenden Freiheitsdressur mit Gruppensteigern zum Abschluss, gefolgt von einigen Da Capos, unter anderem auch mit Cremellos. Später gefällt sie mit ihrer Hohen Schule auf dem wunderschönen Lusitanohengst Ramses, der hier sein Manegendebüt feiert. In aller Wildheit und Rasanz präsentiert dagegen Martin Lacey dann seine elf Löwinnen und den Mähnenlöwen Kassanga.


Duo Varnas, Quinterion, Anton Monastyrski

Den artistischen Part eröffnet Anton Monastyrski mit seiner leistungsstarken Hula-Hoop-Kür. Unter anderem lässt er die Reifen auch um seine Füße kreisen, während er im Handstand steht. Von Flic Flac bekannt ist das Duo Varnas mit seiner männlich-kraftvollen Kombination von Akrobatik Hand-auf-Hand und an den Strapaten. Nachdem bei Flic Flic ja eine Art Komplimentverbot herrschte, zeigten die beiden jungen Artisten sich vom anhaltenden Schlussapplaus nach ihrer Krone-Premiere doch überrascht und wussten nicht recht, mit der klassischen Circussituation umzugehen – aber das wird sich schnell gelegt haben. Bei den in Budapest preisgekrönten Handvoltigen der Truppe Quinterion buhlen vier Herren um die Gunst der Dame. Die Sprünge und Salti sind liebevoll und mit wunderbaren Kostümen in Szene gesetzt, und das erstklassige Orchester unter Oleksandr Krasyun spielt die Originalmusik der Truppe live dazu. Während es heuer leider in keinem der drei Krone-Winterprogramme eine große Flugnummer gab, wurde in jedem Monat eine große China-Truppe zum Abschluss der Shows präsentiert, erst die bezaubernden Diabolo-Mädchen im Januar, dann die Mastenspringer aus Peking im Februar und nun noch eine 14-köpfige Truppe aus Shandong mit ikarischen Spielen. In noch größerer Besetzung (und damit für praktisch jedes Circus-Engagement völlig unrealistischem Maß) war die Nummer 2010 mit Gold in Monte Carlo ausgezeichnet worden. Anstatt eine klassische Trinka zu benutzen, haben die Untermänner hier nur Kissen um den Rücken geschnallt. So stapeln sich die Artisten zu Pyramiden auf vier bis fünf Ebenen und wechseln dabei in der Luft die Plätze, einige brenzlige Situationen inklusive. Als klassische Ikarier wird man die beiden Anastasini-Brüder Giuliano und Fabio dagegen im neuen Saisonprogramm „Celebration“ des Circus Krone sehen. In einer anderen Disziplin wirkten die beiden nun schon im März mit, und zwar in einer Diabolonummer mit ihren Eltern und ihrer Schwester Chiara. Aufällig dabei die eigentümlich großen Requisiten. Insgesamt war diese Nummer an vorletzter Stelle im Programm wohl etwas zu prominent platziert und wäre zu Beginn des Abends besser aufgehoben gewesen. Von fortwährenden Zwischenapplaus getragen, zelebriert das Duo Viro, das beim European Youth Circus in Wiesbaden 2010 Gold gewonnen hatte, seine Kür an den blauen Tüchern, die sich durch Trickstärke, umfangreiches Repertoire und Mut zum Risiko auszeichnet und zu den besonderen Glanzlichtern des März-Programms zählt.

Am Ende des Premierenabends dann einmal ein etwas anderes Fazit: ein wunderbares Programm mit besonders heiterer Note, das von einem schönen Finale würdig abgeschlossen wird.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Erber