Als Tovarich
„Ciao, ciao Bambina“ anstimmt, öffnet sich der rote Vorhang und
die Artisten marschieren zum Schlussapplaus ein, jeder mit einer
Flasche Wein und einem Glas ausgestattet. Schließlich nehmen
alle an der Tafel Platz. Fehlt nicht noch was? Ach ja,
Fumagallis „Mama“ auf dem Ringplatz; sie wird an die Tafel
geholt. Und was fehlt noch? Die Spaghetti! Wieder öffnet sich
der rote Vorhang, und das Restaurationsteam des Circus Krone
marschiert ein, mit Töpfen voller dampfender Nudeln, die den
Artisten serviert werden. Da sitzen alle Artisten, essen,
trinken, lachen. Ja, ist hier nun nicht was zu viel? Richtig,
das staunende Publikum! Fumagalli ruft noch einmal in den Saal:
Das Spektakel ist aus, Sie können gehen! Das Saallicht geht an,
und langsam und zögerlich leeren sich die Ränge. Irritation und
Faszination halten sich bei den Zuschauern offenbar die Waage,
und ein paar ganz mutige wagen sich jetzt sogar zu den Idolen in
die Manege, wechseln ein paar Worte oder bitten um ein Foto. -
Die Idee für das Festtafel-Finale ist nun nicht neu, ähnliches
gab es u.a. auch schon bei Roncalli, im Offenburger
Weihnachtscircus und bei Herman Renz zu sehen, aber sie ist eben
„neu für München“, wie es in den Online-Programmheften des
Circus Krone gerne heißt. Und dennoch wurde dieses Finale, in
Szene gesetzt von Nina Pilz‘ Lebensgefährte Davide Rados, zu
einer der großen Überraschungen und Gesprächsthemen der
Winterspielzeit.
Steve Eleky, Jana
Mandana, Fumagalli und Darix
Gesprächsstoff bietet im März natürlich besonders auch der
komische Part des Programms, in dem Fumagalli und Darix mit
Steve Eleky im Wettstreit um die meisten Lachtränen im Publikum
stehen. Fumagalli, dem Münchner Publikum aus früheren
Engagements bestens bekannt, feiert hier so eine Art Heimspiel
und darf, nach Ausflügen ins Spukschloss und in den Boxring, bei
Krone nun endlich wieder das tun, was er am besten und so
unvergleichlich kann – mit Hingabe das Bienchen-Entree
zelebrieren, mit Wasser spucken, den Vollrausch mimen und Schutz
bei der „Mama“ in der ersten Reihe suchen. Hinzu kommen die
Kaskadeurnummer, der komische Dirigent und die komische Illusion
mit einem bunten Tuch. Steve Eleky dagegen ist erstmals bei
Krone zu Gast und rockt, wie nicht anders zu erwarten, den Bau.
Seine Comedy-Jonglagen und komischen Illusionen, seine
haarsträubenden Gags, sein Spiel mit dem Publikum, seine Mimik,
sein Timing machen ihn auch hier sofort zum Star des Abends, der
Mann sorgt für Lachsalven auf den Rängen. „Ich glaube, ich habe
noch nie so gelacht in meinem Leben“, sagt in der Pause ein Mann
in der Schlange vor dem Restaurationstresen, und mit diesem
Befund ist er an diesem Premierenabend gewiss nicht alleine.
Allesamt „hauseigen“ sind in diesem Winterprogramm die
Tierdressuren: Jana Mandana und James Puydebois präsentieren
sechs Elefanten gemeinsam in der Manege. Genauso viele Pferde,
ein halbes Dutzend Araber, dirigiert die Juniorchefin in einer
ruhig und geordnet ablaufenden Freiheitsdressur mit
Gruppensteigern zum Abschluss, gefolgt von einigen Da Capos,
unter anderem auch mit Cremellos. Später gefällt sie mit ihrer
Hohen Schule auf dem wunderschönen Lusitanohengst Ramses, der
hier sein Manegendebüt feiert. In aller Wildheit und Rasanz
präsentiert dagegen Martin Lacey dann seine elf Löwinnen und den
Mähnenlöwen Kassanga.
Duo
Varnas, Quinterion, Anton Monastyrski
Den
artistischen Part eröffnet Anton Monastyrski mit seiner
leistungsstarken Hula-Hoop-Kür. Unter anderem lässt er die
Reifen auch um seine Füße kreisen, während er im Handstand
steht. Von Flic Flac bekannt ist das Duo Varnas mit seiner
männlich-kraftvollen Kombination von Akrobatik Hand-auf-Hand und
an den Strapaten. Nachdem bei Flic Flic ja eine Art
Komplimentverbot herrschte, zeigten die beiden jungen Artisten
sich vom anhaltenden Schlussapplaus nach ihrer Krone-Premiere
doch überrascht und wussten nicht recht, mit der klassischen
Circussituation umzugehen – aber das wird sich schnell gelegt
haben. Bei den in Budapest preisgekrönten Handvoltigen der
Truppe Quinterion buhlen vier Herren um die Gunst der Dame. Die
Sprünge und Salti sind liebevoll und mit wunderbaren Kostümen in
Szene gesetzt, und das erstklassige Orchester unter Oleksandr
Krasyun spielt die Originalmusik der Truppe live dazu. Während
es heuer leider in keinem der drei Krone-Winterprogramme eine
große Flugnummer gab, wurde in jedem Monat eine große
China-Truppe zum Abschluss der Shows präsentiert, erst die
bezaubernden Diabolo-Mädchen im Januar, dann die Mastenspringer
aus Peking im Februar und nun noch eine 14-köpfige Truppe aus
Shandong mit ikarischen Spielen. In noch größerer Besetzung (und
damit für praktisch jedes Circus-Engagement völlig
unrealistischem Maß) war die Nummer 2010 mit Gold in Monte Carlo
ausgezeichnet worden. Anstatt eine klassische Trinka zu
benutzen, haben die Untermänner hier nur Kissen um den Rücken
geschnallt. So stapeln sich die Artisten zu Pyramiden auf vier
bis fünf Ebenen und wechseln dabei in der Luft die Plätze,
einige brenzlige Situationen inklusive. Als klassische Ikarier
wird man die beiden Anastasini-Brüder Giuliano und Fabio dagegen
im neuen Saisonprogramm „Celebration“ des Circus Krone sehen. In
einer anderen Disziplin wirkten die beiden nun schon im März
mit, und zwar in einer Diabolonummer mit ihren Eltern und ihrer
Schwester Chiara. Aufällig dabei die eigentümlich großen
Requisiten. Insgesamt war diese Nummer an vorletzter Stelle im
Programm wohl etwas zu prominent platziert und wäre zu Beginn
des Abends besser aufgehoben gewesen. Von fortwährenden
Zwischenapplaus getragen, zelebriert das Duo Viro, das beim
European Youth Circus in Wiesbaden 2010 Gold gewonnen hatte,
seine Kür an den blauen Tüchern, die sich durch Trickstärke,
umfangreiches Repertoire und Mut zum Risiko auszeichnet und zu
den besonderen Glanzlichtern des März-Programms zählt. |