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Circus Krone - Januar 2010
www.circus-krone.de ; 55 Showfotos

München, 30. Januar 2010: Der Januar ist trotz aktuell frostiger Temperaturen in Sachen Circus zu einem „heißen Monat“ geworden. Zunächst locken die Weihnachtscircusse eine Vielzahl der Topnummern, in der zweiten Monatshälfte ist es das Circusfestival von Monte Carlo. So ist es nicht verwunderlich, dass das erste Programm der Winterspielzeit 2009/2010 im Bau des Circus Krone ohne die ganz großen Namen auskommen muss. Das Münchner Unternehmen hat sich gut mit diesem Umstand arrangiert und zeigt auch ohne die Superstars der Manege ein rundes, abwechslungsreiches Programm.


Clown Nico

In dessen Mittelpunkt steht Clown Nico in Person von Andrej Nikolajev. Die meisten seiner kleinen Geschichten entstammen seinem langjährigen Repertoire, sind aber Nico-Originale. Immer erzählt der 70jährige Spaßmacher russischer Prägung darin eine abgeschlossene Handlung. So etwa sein Spiel mit einer Krone, bei dem aus dem selbst ernannten König ein Diener wird. Oder die Verteidigung einer Sahnetorte gegen einen naschwilligen Zeitgenossen und eine ebenfalls höchst interessierte Biene. Als die beiden Widersacher der Torte habhaft werden drehen sie den Spieß um und teilen ihre Beute nicht mit dem ehemaligen Besitzer Nico. Zu einer Trapeznummer gerät das Spiel mit einem Kinderwagen, bei dem Nicos Partner an diesem unter die Kuppel gezogenen Requisit akrobatische Fähigkeiten beweisen. Vor dem Ende der Vorstellung bringt Nico zudem noch seine Sangeskünste zu Gehör, wenn er im schwarzen Anzug mit Fliege eine deutschsprachige Version von „My way“ interpretiert. Dabei verwandelt er sich für das Finale in der Manege wieder in den dem Publikum inzwischen vertrauten Clown Nico.


Ambra und Ives Nicols

Ebenfalls stimmgewaltig kommt uns in diesem Januarprogramm Ringmaster Nikolai Tovarich. Er kündigt nicht nur die einzelnen Nummern an, sondern begrüßt zudem mit „Fly me to the moon“ singend das Publikum. Sympathieträger im artistischen Bereich sind zwei Paare - ein Ehepaar und ein Brüderpaar. Ambra und Ives sind laut Programmheft seit einem Jahr verheiratet. Zusammen zeigen sie an den Tüchern eine wunderschöne Choreographie im Tango-Rhythmus, wobei Ives – als weiterer Vokalist im Programm – ebenfalls als Sänger glänzt. Die artistische Leistung stimmt, die entstehenden Bilder sind wunderschön und das junge Glück überträgt sich auf die frenetisch applaudierenden Zuschauer. Was will man mehr. Natürlich zeigt Ives (Nicols) auch seine Jonglagen im spanischen Stil. Dabei wirbelt er Bälle, Bumerangs, Keulen und Hüte durch die Luft. 20 und zwölf Jahre jung sind Giuliano und Fabio Anastasini. Der ältere der beiden wirbelt seinen Bruder mit den Füßen durch die Luft. In ihren ikarischen Spielen beweisen die US-Amerikaner, dass sie das Zeug haben, bald zu den ganz Großen in diesem Geschäft zu gehören. Ihre Tricks sind jetzt schon klasse (doppelter Salto als Höhepunkt) und ihre Späße zwischendurch wirken professionell, wenngleich sie noch kindgerecht rüberkommen. Aber das wird. Mit ihrem Vater, der in der Manege assistiert, scheinen sie einen perfekten Lehrmeister zu haben. Die leider oftmals von Artisteneltern verkörperte Strenge strahlt er nicht aus, ganz im Gegenteil. Vater Anastasini ist mit genauso viel Spaß bei der Sache wie seine Söhne.


Truppe Scala, Flying Garamov, Liao Cheng

Kurzfristig ins Programm genommen wurde die kubanische Truppe Scala. Die Dame und die sieben Herren zeigen zwei Darbietungen, die eigentlich zur Domäne osteuropäischer Gruppen gehören, Schleuderbrett sowie Russischer Barren. Die Kostüme beim Schleuderbrett würden sogar jeder ungarischen Truppe zur Ehre gereichen. Die Scalas packen aber noch einen guten Schuss lateinamerikanischer Lebensfreude hinzu. Und die macht das Besondere an dieser Darbietung aus, die unter anderem einen Sprung zum Vier-Mann-Hoch beinhaltet und in einem Dreifachen, welcher in einem mittels einer Perchestange gehaltenen Stuhl landet, gipfelt. In ihrer zweiten Darbietung zeigen sie eine interessante Passage zwischen zwei russischen Barren. Höhepunkt ist auch hier der Dreifache. Den dritten Dreifachen steuern die Flying Garamov bei. Die jugendlichen Artisten aus Russland bewegen sich auffallend elegant am fliegenden Trapez. Eine russische Schaukel unter der Brücke und eine Reckstange versetzt über dem Fänger angebracht sorgen für zusätzliche reizvolle Flugmöglichkeiten. Diese nutzen die Akrobaten im Piraten-Look auf grandiose Weise. Ihr 14 Meter-Sprung von der russischen Schaukel zum Fänger ist sogar im Guinness-Buch der Rekorde verzeichnet. Aus China kommt die Truppe Liao Cheng. Das Quintett, eine Dame inklusive, zeigt eine interessante Gruppenchoreographie mit chinesischen Gabeln, welche im Kern aus Jonglagen in verschiedenen Varianten besteht.


Mighty Mendozas, Jana Mandana

Tierischer Höhepunkt sind die vier indischen sowie zwei afrikanischen Elefantendamen, die Jana Mandana und James Puydebois in einer neuen Dressurschöpfung präsentieren. Besonders zu erwähnen ist die schöne Laufarbeit, welche Elemente einer guten Pferdefreiheit enthält. Auf eine solche müssen wir verzichten. Stattdessen zeigt Jana Mandana eine Kür mit drei Friesen, einem Lusitano sowie einem Pony. Zwei der Friesen bilden quasi als Figuranten die Elemente, die die auf dem dritten Friesen reitende Mandana umkreist. Dabei führt sie den Lusitano am langen Zügel, das gefleckte Pony folgt der Gruppe. So entstehen neuartige Bilder wie etwa das Überspringen einer Hürde durch die drei Pferde mitsamt der Reiterin. Komisch verpackt haben die Mighty Mendozas ihre Dressur mit Terriern. Die drei Vorführer sind als Torreros gekleidet, die Hunde tragen Stierhörner. So gibt es gleich zu Beginn der Show eine herrlich verrückte Tierdarbietung. Von der Raubtierdressur des Ehepaar Christiani bekomme ich dank Krones Sicherheitspolitik (ein Requisiteur in jedem Aufgang) trotz – oder gerade wegen? - eines Logenplatzes nur das mit, was sich rechts und links des in einem roten Livree steckenden Rückens abspielt. Nicht eben viel.

Das Finale strotzt für Krone-Verhältnisse vor Kreativität: Die Mitwirkenden erscheinen mit Wunderkerzen. Ansonsten ist es das übliche „Rein-Raus“. Aus guter Tradition – und zur Freude der umsitzenden Zuschauer – spreche ich Nikolai Tovarichs Abschiedsworte laut mit. Zu erwähnen sind natürlich noch Lichtdesigner Celstino Munoz und das Orchester von Markus Jaichner. Abschließend aber ein Lob an die engagierten Damen und Herren von der Circuskasse. Sie machen alles ihn ihrer Macht stehende möglich, um auch einem Besucher ohne reservierten Platz noch das bestmögliche Ticket zu verkaufen. Keine Selbstverständlichkeit und deswegen besonders erwähnenswert.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch