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Cirque Phenix 2008
www.cirquephenix.com

Paris, 14. Dezember 2008: Eingerahmt vom Cirque Pinder auf der einen Seite und dem Cirque Arlette Gruss auf der anderen Seite gastiert auch der Cirque Phenix jedes Jahr in der Vorweihnachtszeit mit einem mächtigen Zelt auf der Pelouse de Reuilly in Paris. Dieser von Alain M. Pacherie betriebene Hochglanz-Agenturcircus, in dessen Zeltanlagen auch das Nachwuchsfestival Cirque de demain stattfindet, stellt sein Programm in jedem Jahr unter ein bestimmtes Motto. In der Saison 2007/08 wurde zum Beispiel ein rein chinesisches, 2006/07 ein rein russisches Programm gezeigt.

In diesem Jahr dagegen wurden „Les Etoiles des Cirques du monde“, also Circusstars aus der ganzen Welt angekündigt. Nach dem Pariser Gastspiel geht Phenix mit diesem Programm noch bis Anfang März auf Hallentournee durch diverse französische, belgische und Schweizer Städte. Umrahmt wurde das auf einer quadratischen Bühne ablaufende Nummernprogramm 2008/09 durch diverse auf eine Leinwand projizierte 3D-Animationen. Qualitativ waren diese aber leider in keiner Weise auf dem neuesten Stand und unterschieden sich kaum von den 3D-Shows, die man bereits vor Jahren in Freizeitparks zu sehen bekam. Eine animierte Biene, die quasi als Sprechstallmeister fungierte, begleitete die Zuschauer auf einer Reise durch die Kontinente, nur Australien wurde ausgespart.

Und während dieser Reise, wie sollte es anders sein, trafen Biene und Zuschauer dann auf Artisten aus den einzelnen Kontinenten, die ihre Künste zum Glück leibhaftig und nicht als Animation präsentierten. Leider entsprach aber auch das eigentliche Programm nicht den hohen Erwartungen, die durch die sehr professionelle Werbung und die edle Ausstattung in Vor- und Hauptzelt geweckt wurden. Mit den Programmen des Stuttgarter Weltweihnachtscircus etwa, der in Sachen Ambiente, Eintrittspreise und Zuschaueraufkommen sicher in der gleichen Liga spielt, konnte es die diesjährige Show des Cirque Phenix nicht aufnehmen.  Zwei Dinge haben der WWC und Phenix dann aber doch gemeinsam: Die Musik kommt trotz toller Livekapelle hier wie dort meist vom Band.


Boytsov, Hakuna Matata, chinesische Truppe

Und das Licht ist beider Orts grandios. Nun aber zum Phenix-Programm: Statt den angekündigten Stars des Circus - diesem Begriff wird eigentlich nur der famose Equilibrist Dima Shine (Russland) gerecht - gab es hier eher artistischen Nachwuchs unterschiedlicher Qualität zu sehen. Ein echter Hingucker war die neu formierte Boytsov-Truppe (Russland), die komplett in weiß gewandet und mit neckischen Anglerhüten auf dem Kopf ihre Sprünge auf dem russischen Barren seilspringend absolvierte. Ebenfalls famos eine vierköpfige chinesische Truppe, die virtuos mit Tonkrügen jonglierte. Weniger spektakulär dagegen ein Hand-auf-Hand-Duo aus Vietnam, Fahrradartist Serge Huercio aus Frankreich und die afrikanischen Mastenkletterer „Hakuna Matata“.

 
Joka Boys, Pavel Ruzhilo, kubanische Truppe

Viel Freude bereiteten dagegen die Joka Boys aus Südafrika, die mit einer höchst sympathisch Kaskadeur-Nummer etwas Humor in das ansonsten auf Komik verzichtende Programm brachten. Auch die moderierende Biene brachte überraschenderweise keinen Honig. Mein Favorit des etwa zweistündigen Programms war eine große Truppe aus Kuba. Die mit viel Temperament zu mitreißender Salsa-Musik seilspringend und auf dem Schleuderbrett gleich zwei Mal für euphorische Stimmung im Chapiteau sorgte. Krasser Gegensatz dazu der technisch starke Jongleur Pavel Ruzhilo (Russland), der, wie heute leider oftmals üblich, zu schwermütiger elektronisch Musik arbeitend, gar nicht erst versuchte, den Kontakt zum Publikum aufzubauen.

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Text: Sven Rindfleisch; Fotos:
Stefan Gierisch